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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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würde keinen von ihnen je wiedersehen.
     
    Auf den kleinen Wegen durch die Plantage war es schwieriger zu sehen, ob jemand mir folgte. Ich fuhr an unbekannten Namen
     auf der Karte vorbei, Dunottar, Versailles und Tswafeng, nicht mehr als ein paar Hütten oder ein Hofladen. Beim Stammesland
     der Boelang hielt ich mich links. Die Straße wurde zu einer Sandpiste, die Plantage war dicht bewaldet. Es gab keine Schilder
     mehr an den Weggabelungen. Ich bog einmal falsch ab und konnte nicht wenden, die Pinien standen zu dicht an der Straße. Ich
     musste einen Kilometer rückwärts fahren. Um elf war ich schließlich da. Die Hitze stieg von der Ebene auf und ließ den Horizont
     schimmern.
    Ich bog nach links ab, hoch zur Forststation Mariepskop. Ich fuhr an der Einfahrt meiner Mietfarm vorbei. Das Tor war geschlossen.
     Alles ruhig. Sie waren da. Irgendwo im Wald oder im Haus. Ich wusste es.
     
    Zwei Officer hatten Dienst an der Forststation. Sie ließen mich ohne Erlaubnisschein nicht durch. Oben gab es eine Radaranlage,
     ich brauchte einen Erlaubnisschein.
    Wo konnte ich die Erlaubnis erhalten?
    |349| In Polokwane oder Pretoria.
    Ich wollte bloß spazieren gehen. Den Berg hinunter.
    Dafür brauchte ich auch eine Erlaubnis.
    Ob ich hier eine kaufen könnte?
    Vielleicht.
    Was kostete das?
    Etwa dreihundert Rand, aber sie hatten keinen Quittungsblock.
    »Nein, es sind vierhundert«, sagte der andere. »Dreihundert war letztes Jahr. Heute ist der 2. Januar.«
    »Oh, ja. Das stimmt. Vierhundert.«
    Ich holte meine Geldbörse aus dem Nissan. Ich ging zur Beifahrerseite, sodass sie nicht sehen konnten, wie ich die Glock und
     das Jagdmesser hinten unter dem Hemd in meinen Gürtel schob.
    Bevor ich ihnen die Geldscheine gab, stellte ich Fragen. Gab es Fußwege, die den Berg hinunterführten? Die Wege, denen die
     Mapulana 1864 gefolgt waren, als sie König Mswatis
impis
angriffen.
    »Impi ist ein Zulu-Wort«, sagte einer von ihnen missbilligend.
    »Tut mir leid.«
    »
Mohlabani
. Ein Soldat.
Bahlabani
. Soldaten. Das sind Sepedi-Worte. Die Mapulana haben die
bahlabani
der Swasi geschlagen.«
    »Das werde ich mir merken.«
    Dann, freundlicher: »Kennen Sie die Geschichte von Motlasedi?«
    »Ein wenig.«
    »Nicht viele Weiße wissen darum. Kommen Sie! Ich zeige Ihnen den Weg.«
    »Kann ich den Wagen hier lassen, wenn ich spazieren gehe?«
    »Wir werden nach ihrem Wagen sehen.«
    »Vielleicht hole ich ihn erst morgen.«
    »
Go lokilê
. Kein Problem.«
    Er ging vor, um das Gebäude herum, an einem offenen |350| Feuer vorbei, über dem ein großer Topf brodelte, durch einen Garten, der gut gepflegt war, zum Rand des Urwaldes. Er zeigte
     mit einem Finger die Richtung. »Gehen Sie hier hinein und immer geradeaus. Dann erreichen Sie den Weg, der den Berg hinunterführt.
     Wenden Sie sich nach rechts, und folgen Sie dem Weg bis zum Fuße des Berges.«
    »Danke.«
    »Achten Sie auf die
sepoko.
Die Geister.« Er lachte.
    »Das mache ich.«
    »
Sepela gabotse
. Guten Weg.«
    »Alles Gute.«
    »
Sala gabotse
, so sagt man das.«
    »
Sala gabotse
«, verabschiedete ich mich und verschwand in dem kühlen Tunnel aus Blättern.
     
    An einem klaren Strom, der über einen Fels floss, setzte ich mich, trank und ließ das eiskalte Wasser über meinen Kopf, meinen
     Hals und meinen Rücken rinnen, bis ich nach Atem rang.
    Ich ging allein den Berg hinunter.
    Zehn Jahre lang hatte ich mich als Bodyguard bezeichnet. Das war das Wort der Regierung für meinen Job, eine leere, bedeutungslose
     Hülle. War Koos Taljaard ein Arzt, bevor er jemand geheilt hatte? War Jack Phatudi ein Polizist, bevor er das erste Mal jemand
     verhaftet hatte?
    Zehn Jahre, und nie hatte eine echte Gefahr jemandem gedroht, auf den ich aufpasste. Politische Zusammentreffen, öffentliche
     Auftritte, gesellschaftliche Ereignisse, Autofahrten und Eröffnungen von Gebäuden und Schulen. Ich hatte nichts zu tun, nichts,
     als mich bereitzuhalten, meinen Körper fit zu halten, meine Fähigkeiten zu verfeinern, scharf wie ein Messer, mit dem man
     nie etwas schneiden würde. Ich hatte beobachtet und beobachtet, mit Adleraugen – Hunderte, vielleicht Tausende von Leuten.
    Nie war etwas geschehen.
    Das Konzept der Bodyguard-Arbeit rettete mich, denn |351| nach der Schule hatte ich nicht viele Möglichkeiten – und alle anderen führten zu einem schlimmen Ende. Ich war jung, gewaltbereit
     und auf Ärger aus. Ich war von Hass auf meine Eltern und meine Welt erfüllt und wurde

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