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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Stimme.
    »Können wir später darüber sprechen?«
    »Natürlich.«
    »Danke.«
    Sie reagierte nicht, starrte einfach nur geradeaus.
    »Da vorne kommt eine Tankstelle. Wir sind heute Morgen daran vorbeigefahren. Wenn ich mich richtig erinnere, gibt es da auch
     ein Café. Ich werde an einer Tanksäule halten, und wir |98| steigen aus und gehen direkt ins Café. Nicht zu schnell, nicht zu langsam, bloß zügig, wie Leute, die es eilig haben. Ja?«
    »Okay.«
    »Das Wichtigste ist, dass Sie keinen Blick in Richtung des Wagens werfen.«
    Sie antwortete nicht.
    »Emma?«
    »Ich werde nicht gucken.«
    »Sie müssen im Café auf mich warten. Bleiben Sie dort, bis ich zurückkomme. Das ist sehr wichtig.«
    »Warum da?«
    »Weil das ein Ziegelgebäude ist, das sie vor Kugeln schützt. Da sind andere Leute …«
    Sie nickte. Sie war angespannt.
    Ich zog mein Handy aus der Tasche. »Geben Sie Ihre Nummer ein! Rufen Sie Ihr Telefon an!«
    Sie nahm es und tippte die Nummer ein.
    »Drücken Sie ›anrufen‹!«
    Es dauerte eine Weile, bevor ihr Telefon klingelte.
    »Jetzt können Sie auflegen, danke.«
    Ich nahm mein Telefon zurück und steckte es in die Tasche. Sie schaute mich fragend an.
    »Ich hatte Ihre Nummer nicht.«
    »Oh.«
    »Atmen nicht vergessen. Bleiben Sie eine Gurke«, sagte ich. Dann entdeckte ich die Tankstelle und begann zu blinken.
     
    Emma schaute sich nicht nach dem Astra um, obwohl sie es sicher wollte. Gemeinsam gingen wir die Stufen zum Café hoch und
     hinein. Im Innern saßen drei Gäste, und hinter dem Tresen stand eine kleine, dicke Frau. Es roch nach Salz und Essig.
    »Halten Sie sich im hinteren Bereich«, sagte ich und deutete auf eine Ecke, wo sich der Kühlschrank mit den kalten Getränken
     befand. In meinem Kopf tickte eine Stoppuhr.
    Dreißig Sekunden.
    |99| Ich suchte nach der Hintertür. Eine weiße Holzabtrennung erlaubte den Zugang zu einer kleinen Küche, in der eine Schwarze
     Tomaten schnitt. Sie schaute überrascht auf. Ich hob einen Finger vor die Lippen und ging an ihr vorbei zu der Holztür, die
     nach draußen führte – hoffte ich jedenfalls. Ich drehte den Knauf, und die Tür schwang auf.
    Draußen standen vier oder fünf Wagen – Wracks oder Karren, die man eventuell noch reparieren konnte. Zwei Männer beugten sich
     unter eine offene Motorhaube. Sie hörten meine Schritte, als ich an ihnen vorbei zum Rand des Mopani-Wäldchens lief.
    »Die Toilette ist da entlang«, rief einer der Männer.
    Ich streckte einen Daumen in die Luft, lief aber weiter, ohne mich umzusehen, nicht zu schnell, aber konzentriert. Es war
     entsetzlich heiß in der Sonne.
    Eine Minute.
    Sie durften mich aus dem Astra nicht sehen, nur darum ging es. Die Werkstatt und das Restaurant lagen zwischen uns.
    Ich erreichte das Wäldchen, ging noch etwa zwanzig Meter geradeaus und sah mich dann zum ersten Mal um. Das Gehölz war dicht,
     ich war nicht zu sehen. Ich bog hart nach rechts und begann zu rennen. Mein Fuß brannte, wo gestern Nacht die Glasscherbe
     eingedrungen war. Ich hatte nicht viel Zeit. Hoffentlich hatten R4 und sein Kumpel angehalten. Sie würden die Situation überdenken
     und eine Entscheidung treffen. Logisch wäre, eine Weile zu warten. Vier, fünf, sechs Minuten, um zu sehen, ob wir wieder herauskamen.
     Mehr Zeit hatte ich nicht.
    Ich rannte weit genug, dass das Gebäude den Astra nicht mehr verbarg. Ich wandte mich wieder nach rechts, Richtung Straße.
     Lief zurück an den Rand des Unterholzes. Ich musste herausbekommen, wo sie waren.
    Der Opel war durch das lange Gras und die Bäume zu sehen. Er parkte auf der anderen Seite der Straße, 120 Meter vor der Tankstelle.
     Die Türen waren geschlossen, Rauch stieg aus dem Auspuff, der Motor lief.
    |100| Zwei Minuten.
    Ich würde hinter ihnen die Straße überqueren müssen. Ich eilte wieder tiefer zwischen die Bäume, drehte mich parallel zur
     Straße, lief im Zickzack zwischen den Baumstümpfen durch das dichte Unterholz. Ich zählte die Schritte im Takt der Sekunden.
     Ameisenhaufen, dichtes Gras, Bäume.
    Erinnerst du dich an die, die wir letzten Monat in dem Ameisenhaufen gefunden haben?
Das war Dick heute Morgen, als er über die schwarze Mamba gesprochen hatte. Meine Schritte wurden energischer.
    Drei Minuten, siebzig Meter.
    Ich fand einen Pfad. Wildwechsel. Neunzig Meter, hundert, hundertzehn, hundertzwanzig. Warme Feuchtigkeit in meinem Schuh.
     Der Schnitt blutete wieder. Ich bog Richtung Straße ab. Lief langsamer, ging dann.

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