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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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aber nicht zu verstehen.
    »Wer?«, fragte sie schließlich besorgt. Es wurde ein einseitiges Gespräch. Dann und wann unterbrach Emma die langen Phasen
     mit Fragen und kurzen Sätzen.
    »Aber wie, Inspector? Ich habe nicht …«
    »Das stimmt einfach nicht.«
    »Warum haben Sie uns nicht informiert?«
    »Ja, aber jetzt hat einer von ihnen eine gebrochene Nase.«
    »Nein, Inspector. Sie waren derjenige, der heute Morgen nichts zu sagen hatte.«
    »Ich bin sicher, wir werden ohne Ihren Schutz überleben.«
    »Ich danke Ihnen, Inspector«, sagte sie in demselben eisigen Ton, den sie bei Wolhuter verwendet hatte, als der sie »Emmatjie«
     genannt hatte. Sie reichte das Handy an den schwarzen Sergeant weiter. »Er will mit Ihnen sprechen.«
     
    |104| »Es gibt Leute, die wütend auf mich sind«, sagte Emma, als wir weiter in Richtung White River fuhren.
    Ich hatte keine Ahnung, was Phatudi seinem Sergeant gesagt hatte. Das Gespräch hatte auf Sepedi stattgefunden. Als es endlich
     vorbei war, schaute der schwarze Sergeant in die Büsche und sagte extrem unzufrieden: »Sie müssen gehen.«
    Emma saß jetzt auf dem Beifahrersitz des BWM, die Beine angezogen, die Arme um die Knie geschlungen. »Phatudi hat gesagt,
     dass es Leute gibt, die wütend auf mich seien und gehört hätten, dass Jacobus mein Bruder sei und dass ich einen Anwalt mitgebracht
     hätte, um ihn zu befreien. Ist das zu glauben? Er hat gesagt, er habe alle möglichen Gerüchte gehört und sei um unsere Sicherheit
     besorgt. Eines der Gerüchte ist, dass ich wisse, wo Jacobus steckt. Und dass ich anderen die Morde in die Schuhe schieben
     möchte. Dass ich mit Mogale zusammenarbeite, um die Landforderung auszuhebeln. Also habe ich ihn gefragt, wer all das behauptet,
     und er konnte mir keine Antwort geben. Aber Phatudi ist der Einzige, der weiß, warum ich hier bin.«
    Und all die anderen Leute, die auf der Polizeiwache in Hoedspruit gewesen waren. Das schien Emma vergessen zu haben.
    Sie schüttelte ärgerlich den Kopf und sah mich an. »Warum muss es so sein, Lemmer? Warum ist noch so viel Hass in diesem Land?
     Wann können wir endlich weitermachen? Wann werden wir den Zeitpunkt erreichen, an dem es nicht mehr um Rassen oder Hautfarben
     oder die Vergangenheit geht, sondern nur noch um richtig oder falsch?«
    Wenn wir alle gleichermaßen reich oder gleichermaßen arm sind, dachte ich. Wenn alle gleich viel Land und Besitz hatten. Oder
     wenn niemand mehr irgendetwas hatte …
    Emma war noch nicht fertig. »Aber es bringt ja nichts, mit einer Ziegelmauer zu reden. Sie haben wahrscheinlich irgendwo im
     Vertrag eine Klausel stehen, die es Ihnen verbietet, über solche Sachen zu sprechen.« Sie ließ ihre Knie los und begann ärgerlich
     zu gestikulieren. »Was ist mit Ihnen, Lemmer? |105| Sind Sie immer so schweigsam, oder mögen Sie mich bloß nicht? Ich muss ganz schön langweilig sein nach all den wichtigen und
     berühmten Leuten, um die Sie sich gekümmert haben.«
    Ich vermutete, der wahre Grund für ihre Frustration bestand darin, dass ihre bemühte Niedlichkeit nicht so funktionierte,
     wie sie sollte. Nicht bei Phatudi, nicht wirklich bei Wolhuter und bei mir auch nicht. Willkommen in der Wirklichkeit, Emma.
    »Ich kann sehen, dass Sie wütend sind«, sagte ich.
    »
Seien Sie nicht hochnäsig
.« Sie ließ die Knie sinken, drehte die Schultern weg von mir und schaute zum Fenster hinaus.
    Ich versuchte weiterhin freundlich zu klingen. »Um meine Arbeit zu tun, muss ich eine professionelle Distanz wahren. Das ist
     eines der fundamentalen Prinzipien meines Berufes. Ich wünschte mir, dass Sie sehen könnten, dass dies eine ungewöhnliche
     Situation ist. Normalerweise reist der Bodyguard nicht einmal im selben Fahrzeug wie der Klient, isst niemals am selben Tisch,
     und wir werden nie in Gespräche eingebunden.«
    Und ich könnte ihr auch von Lemmers erstem Gebot erzählen …
    Emma brauchte eine Weile, das zu verarbeiten. Dann wandte sie sich mir wieder zu. »Ist das Ihre Entschuldigung, professionelle
     Distanz? Was glauben Sie denn, was ich bin? Unprofessionell? Ich habe auch Klienten, Lemmer. Ich habe eine professionelle
     Beziehung zu ihnen. Wenn wir arbeiten, arbeiten wir. Aber es sind auch Menschen. Und ich sollte sie besser auch als Menschen
     sehen und respektieren, sonst hat das, was ich tue, überhaupt keinen Sinn. Letzte Nacht haben wir nicht gearbeitet, Lemmer.
     Wir saßen am Tisch als zwei menschliche Wesen und …«
    »Ich wollte

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