Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
Vom Netzwerk:
folg ihm mit dem Teleskop, um die Ecke, warte, bis der BMW wieder geradeaus fährt, schieß noch einmal, noch
     einmal, dann fliegt der BMW von der Straße.
    Als wir den Wagen verließen, hatte er nicht auf uns schießen können, denn die Bäume und das hohe Gras waren im Weg. Er hätte
     uns hier und da sehen können. Wenn er ein Funkgerät dabei hatte, hätten die anderen ihm die Richtung sagen können, aber er
     hätte nicht schießen können. Er hätte aufstehen müssen, denn der Felsen direkt links von ihm hätte sein Blickfeld begrenzt.
    Der Scharfschütze war aufgestanden und hatte uns mit bloßen Augen beobachtet. Sah uns rennen, sah Emma stürzen. Dort – er
     sah die beiden anderen hinter uns herlaufen. Er hätte sich auch in Bewegung setzen müssen. Funkgerät in der einen Hand, Gewehr
     in der anderen?
    Er hatte nur das Gewehr in den Händen, als ich ihn gesehen hatte.
    Hatte er die Hülsen aufgelesen? Hatte er Zeit dafür gehabt?
    Die Patronenhülsen wären nach rechts ausgeworfen worden. Steine und Gras. Er hätte schnell suchen müssen. Drei Reifen. Aber
     es waren mehr als drei Schüsse gewesen. Einer hatte die Karosserie getroffen. Wenigstens vier Schüsse. Waren es mehr gewesen?
     Vier Hülsen hatte er finden müssen, aber er hatte es eilig, er musste uns im Auge behalten, musste uns erschießen – das war
     sein Job.
    Ich teilte die potentiellen fünf Quadratmeter in Viertel und durchsuchte das Gras Zentimeter für Zentimeter zwischen den rostbraunen
     Steinen. Ich begann mit dem wahrscheinlichsten Quadranten. Nichts. Auch nichts im zweiten und dritten.
    Der letzte Quadrant befand sich rechts und ein wenig hinter dem Scharfschützen. Nichts.
    Aber dann sah ich es, knapp außerhalb der imaginären Linie, die ich gezogen hatte. Die Hülse steckte tief in einem Spalt zwischen
     zwei Steinen, halb vom Gras verborgen.
    |223| Ich brach einen Zweig vom Baum ab und steckte ihn in den Spalt. Ich hob die Hülse heraus, ließ den Zweig in das offene Ende
     gleiten.
    Glänzend und neu, 7,62, das längere NATO-Kaliber, eine Standardgröße, wurde vor Ort in großen Mengen hergestellt.
    Ich drehte den Zweig, sodass die Hülse in meine Hemdtasche glitt.
    Was war so merkwürdig an dem Gewehr gewesen?
    Ich hatte es nur einen Augenblick gesehen, diese entsetzlichen ein oder zwei Sekunden. Der Scharfschütze hatte auf dem Bauch
     im Gras gelegen, ein großer Mann mit einer Baseballkappe, dem Gewehr, dem Stativ und dem Teleskop.
    Es war nicht groß. War das das Merkwürdige? Ein kleines Scharfschützengewehr.
    Könnte sein – aber da war noch etwas. Es fiel mir nicht ein. Der Schütze war zu weit weg gewesen.
    Ein Stativ bedeutete, dass es kein Jagdgewehr war.
    Schusswaffen waren kürzlich dem Safe entnommen worden, den Donnie Branca geöffnet hatte. Gab es eine Verbindung?
    Das musste ich klären.
    Ich ging den Hang hinunter, dorthin, wo der BWM im Gras gelandet war. Der Zaun war immer noch kaputt. Der Verkehr fuhr auf
     beiden Teerstraßen vorbei. Die Sonne ging auf der Seite des Mariepskop unter. Mein Schatten fiel lang über das hohe Grün.
    Ich versuchte dem Weg zu folgen, den Emma und ich gelaufen waren. Ich fand das Ameisenbärloch, wo sie gestürzt war. Dann waren
     wir abgebogen, Richtung Bahngleise. Ich schaute im Gras nach meinem Handy. Die Chance, es zu finden, war gering.
    Hier hatte ich ihr über den Zaun geholfen, direkt vor den Gleisen. Ich stand dort, sah auf, die beiden Balaclavas winkten
     dem Scharfschützen zu. Er ließ sich fallen.
    Um auf uns zu zielen? Im hohen Gras. Nein.
    Warum hatte er sich fallen lassen? War er gestürzt, vielleicht |224| gestolpert? Nein, das nicht, es war Absicht gewesen. Warum?
    Diesmal kletterte ich ohne Probleme über den Zaun. Wir waren neben dem Zug Richtung Süden gerannt. Emmas Handtasche musste
     hier heruntergefallen sein. Genau hier.
    Die Tasche lag im Gras, nicht offensichtlich, aber leicht zu sehen. Wenn Phatudis Männer hier gewesen wären, hätte die Polizei
     sie gefunden. Also waren sie nicht an den Gleisen gewesen.
    Ich griff nach der Tasche und öffnete sie.
    Die Tasche roch nach Emma.
    Alle ihre Sachen schienen da zu sein. Auch das Handy.
    Ich schloss die Handtasche und ging zurück zum Audi.
     
    »Es scheint sich keine Blutung gebildet zu haben«, sagte Doktor Eleanor Taljaard in ihrem Büro. »Es gibt auch keine Anzeichen
     dafür, dass der Schädelbruch die Hirnmasse direkt geschädigt haben sollte. Ich bin optimistisch.«
    Ich konnte meine

Weitere Kostenlose Bücher