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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Erleichterung nicht verbergen.
    »Aber noch sind wir nicht am Ziel, Lemmer, das müssen Sie berücksichtigen.«
    »Ich weiß.«
    Sie wollte noch etwas sagen. Ich sah sie zögern, überlegen.
    »Was ist, Eleanor?«
    »Sie müssen realistisch sein, Lemmer. Komapatienten … Das Überleben ist immer unsere Priorität, und Emmas Prognose sieht gut
     aus …«
    »Aber?«, fragte ich, denn ich wusste, was kam.
    »Ja. Es gibt immer ein ›Aber‹. Emma könnte überleben, doch auf unbegrenzte Zeit im Koma bleiben. Monate. Jahre. Oder sie könnte
     morgen aufwachen und …«
    »Und was?«
    »Nicht mehr dieselbe sein.«
    »Oh.«
    »Ich möchte Ihnen keine falsche Hoffnung machen.«
    »Ich verstehe.«
    |225| »Sie können heute Abend wieder mit ihr reden – wenn Sie wollen.«
    »Das mache ich.«
    Dann ging ich in meine VIP-Suite hinauf und setzte mich mit Emmas Handtasche auf das Bett. Ich brauchte ihre Notizen, die
     sie immer wieder gemacht hatte, seit wir hier angekommen waren.
    Ich öffnete die Tasche. Der Duft von Emma le Roux umfing mich. Vielleicht würde sie nie wieder aufwachen oder nicht mehr dieselbe
     sein. Ich dachte an den Duft, als ich sie in die Suite getragen hatte, an ihren warmen Körper, ihr Gesicht an meinem Hals.
     »Das andere Zimmer«, hatte sie geflüstert. Das Lächeln, nach dem ich sie hingelegt hatte, das sagte: »Sieh an, was ich den
     stillen, öden Lemmer habe machen lassen.«
    Es war zehn Monate her, seit ich eine Frau im Arm gehalten hatte.
    Ich musste mich auf die Handtasche konzentrieren.
    Ich sah hinein, konnte das Notizpapier nicht gleich entdecken. Ich würde die Tasche auspacken müssen.
    Es war keine große Handtasche, aber der Inhalt war beeindruckend.
    1 Handy. Ich legte es aufs Bett.
    1 Foto von Jacobus le Roux.
    1 Buch auf Afrikaans –
Equatoria
von Tom Dreyer
    1 Brief unbekannter Herkunft – Emma hatte ihn von dem Wachmann am Tor des Mohlolobe erhalten.
    1 kleine schwarze Reißverschlusstasche. Ich öffnete sie. Kosmetika. Ich schloss sie wieder.
    1 Handyladegerät.
    1 Geldbörse. Ein paar Hundert in Bargeld, Kreditkarten. Emmas eigene Visitenkarten.
    1 Blatt Papier, der Ausdruck der Website einer Karte nach Mohlolobe. Auf der Rückseite befanden sich Emmas Notizen. Ich legte
     das Blatt zur Seite.
    Befand sich noch etwas in den dunklen Tiefen der Handtasche, das mir helfen konnte?
    |226| Man sollte die Handtasche einer Frau nicht durchsuchen, aber was, wenn …
    1 Brillenetui mit einer Sonnenbrille.
    1 Tampon-Behälter aus Plastik.
    1 kleines schwarzes Adressbuch, etwas eselsohrig, mit Namen und Telefonnummern, hier und da einer Adresse und einem Geburtsdatum,
     nicht besonders aktuell.
    1 Päckchen Kleenex Softique, weiße dreilagige Taschentücher.
Für unterwegs.
    2 Kontoauszüge. Ich legte sie unbesehen weg. Ging mich nichts an.
    2 alte Einkaufslisten, kurz und kryptisch, Lebensmittel.
    9 Visitenkarten. Jeanette Louws war dabei. Die anderen stammten von mir unbekannten Werbe- und Marketingleuten.
    7 Kassenbons. 3 aus der Lebensmittelabteilung von Woolworths, 1 von Diesel Jeans, 2 von Pick and Pay, 1 vom Calitzdorp Gästehaus.
     Auf der Rückseite stand das Rezept für den Calitzdorp Apfelkuchen.
    1 Notiz vom Manager des Badplaas Resort mit der Telefonnummer von Melanie Posthumus.
    1 Ohrhörer für das Handy.
    1 Streifen Antibabypillen.
    1 Päckchen Aspirin zum Kauen. Ungeöffnet.
    1 kleines rundes Plastikröhrchen. Mac Lip Balm.
    1 kleiner flacher Flusskiesel.
    1 schwarzer Mont-Blanc-Füller.
    1 Bic-Kugelschreiber.
    1 Streichholzbriefchen aus dem Sandton Holiday Inn.
    1 kleiner, abgenutzter Bleistift.
    3 herrenlose Büroklammern.
    Das war alles. Ich steckte alles außer den Notizen, dem Foto und dem Handy zurück. Ich erweckte das Handy zum Leben. Das Display
     leuchtete auf.
VIER VERPASSTE ANRUFE
.
    Ich drückte auf die Tasten.
VERPASSTE ANRUFE. CAREL (3). UNBEKANNT (1).
    |227|
SIE HABEN EINE NEUE VOICEMAIL -NACHRICHT. BITTE WÄHLEN SIE 121.
    Ich wählte.
    Emma, hier ist Carel. Ich wollte nur wissen, wie es läuft. Ruf mich an, wenn du kannst.
    Ich speicherte die Nachricht, schaltete das Handy aus und steckte es zurück in die Handtasche.
    Sollte ich Carel anrufen? Ihm sagen, was passiert war?
    Ich wusste, wie er reagieren würde. »Sollten Sie Emma nicht beschützen?«
    Nein. Diesen Anruf konnte Jeanette erledigen.
    Ich griff nach dem Zettel mit den Notizen. Es waren weniger, als ich erwartet hatte. Bloß einzelne Zeilen in Emmas kleiner,
     präziser Handschrift.
    August

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