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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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gehen Sie zur Seite, damit ich hereinkommen kann. Ich nehme an, Sie haben Kaffee.‹
    Ich sagte ihr: ›Ja, aber ich habe keine Stühle.‹
    ›Dann setzen wir uns auf den Boden.‹
    Und das taten wir, mit den Kaffeebechern in Händen. Sie zog ein Päckchen mit langen Zigaretten hervor, bot mir eine an und
     fragte: ›Was macht ein Mann wie Sie in Loxton?‹
    ›Nicht für mich – ich rauche nicht.‹
    ›Ich hoffe bei Gott, Sie trinken‹, sagte Antjie und zündete sich eine Zigarette mit einem schlanken elektronischen Feuerzeug
     an.
    ›Eigentlich nicht.‹
    ›Eigentlich nicht?‹
    ›Genau genommen trinke ich gar nicht.‹
    ›Sex?‹
    ›Ich mag Sex.‹
    ›Gott sei Dank. Jeder muss eine Sünde haben. Keine schlimme Sünde, Lemmer. Eine gute Sünde, sonst lebt man nicht. Das Leben
     ist zu kurz.‹
    ›Was sind die guten Sünden?‹
    |217| ›Ach, wissen Sie … tratschen, essen, rauchen, trinken, Sex. Was mache ich mit meiner Asche?‹
    Ich holte ihr eine Untertasse. Als ich zurückkehrte, fragte sie: ›War es eine gute Sünde, die Sie nach Loxton gebracht hat?‹
    ›Nein.‹
    ›Ging es um eine Frau? Kinder?‹
    ›Nein.‹
    ›Dann ist es egal. Wir haben alle unsere Geheimnisse, und das ist auch in Ordnung.‹
    Ich fragte mich, was ihr Geheimnis war.
    Zwei Wochen später klopfte Antjie wieder, diesmal später an einem Dienstag. ›Holen Sie Ihren Pick-up, ich habe Stühle für
     Ihren Tisch.‹ Wir fuhren zu ihr nach Hause, ein perfekt restauriertes viktorianisches Karoo-Haus mit weißen Wänden und einem
     grünen Dach. Die Möbel im Inneren waren geschmackvolle Antiquitäten. In einem Flur hingen eine Reihe Schwarz-Weiß-Fotos von
     Antjie Barnard und ihrem Leben. Ich betrachtete sie, und sie sagte: ›Ich war Cellistin.‹ Eine Untertreibung, denn die Bilder
     in den Rahmen erzählten die Geschichte einer internationalen Karriere.
    Am selben Nachmittag weihten wir die Stühle in meiner Küche mit einem Kaffee ein – und einer Zigarette für sie.
    ›Und der Aschenbecher, Lemmer? Haben Sie angefangen zu rauchen?‹
    ›Nein.‹
    ›Sie haben ihn für mich gekauft.‹
    ›Habe ich.‹
    ›Das ist mein Problem.‹
    ›Was?‹
    ›Männer – sie lassen mich einfach nicht in Ruhe.‹
    Ich lachte, doch dann bemerkte ich, dass sie es ernst meinte.
    Sie schaute mich mit ihrem klaren, stechenden Blick an und fragte: ›Können Sie ein Geheimnis für sich behalten, Lemmer?‹
    ›Das kann ich.‹
    Ihr Blick maß mich.
    |218| ›Wissen Sie, warum ich hier bin? In Loxton?‹
    ›Nein.‹
    ›Sex.‹
    ›Hier?‹
    ›Nein, Sie Idiot. Nicht hier.‹ Dann erzählte sie mir, wie sie in Bethlehem im Freistaat in einem typischen konservativen Afrikaaner-Zuhause
     aufgewachsen war und dass ihr Talent für die Musik schnell über die Möglichkeiten dieser Stadt hinausgewachsen war. Man schickte
     sie an die Oranje Meisieskool in Bloemfontein, damit sie an der Uni Cellostunden nehmen konnte. Mit siebzehn gewann sie ein
     internationales Stipendium und studierte in Wien. Mit zwanzig heiratete sie einen Österreicher, mit achtundzwanzig einen Italiener,
     mit sechsunddreißig einen Deutschen, aber die Konzerttourneen waren nicht gut für die Ehen.
    ›Die Männer mochten mich zu sehr, und ich mochte die Männer zu sehr.‹
    Mit fünfundfünfzig hatte sie genug – genug Geld, genug Erinnerungen, genug fremde Städte und Hotelzimmer und Gut-Wetter-Freunde.
     Also kehrte sie zurück in den Freistaat und kaufte sich ein Haus in Rosendal bei Bethlehem.
    ›Dann traf ich Willem aus Wonderkop – einen Bauern, sechzig Jahre alt, verheiratet, aber ein echter Mann. Wir konnten die
     Hände nicht voneinander lassen. Mittwochabend sagte er seiner Frau, dass er zu einem Treffen des Kirchenbeirates musste, aber
     stattdessen kam er zu mir, und wir vögelten wie Zwanzigjährige, wild und hemmungslos. Wir fielen vom Bett, und ich brach mir
     den Arm und er sich die Hüfte, und da lagen wir, nackt, schuldbeladen und in größten Schwierigkeiten.
    Was sollte ich tun? Ich konnte ihn nicht tragen, und er konnte nicht aufstehen. Ich musste Hilfe holen. Ich musste mich entscheiden
     zwischen dem Prediger und den beiden Schwulen, die den Coffeeshop hatten. So oder so waren wir geliefert, denn niemand tratscht
     so wie Schwule oder Priester. Also entschied ich mich für die Schwulen, um ihm seinen Platz im Kirchenbeirat zu erhalten.‹
    |219| Als ihr Arm vom Gips befreit wurde, stieg Antjie in den Wagen und machte sich auf die Suche nach einem

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