Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weißer Teufel

Weißer Teufel

Titel: Weißer Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Evans
Vom Netzwerk:
war.
    Seine Augen verrieten, dass er alles verstand.
    Das war Andrews Werk. Aber auch das Werk der Worte und Lieder, die in der Zisterne widerhallten. Fawkes, Father Peter und Dr. Kahn waren da. Sie führten das Ritual durch. Andrew war vielleicht gerettet.
    Er teilt das Wasser des Meeres und türmt es zu beiden Seiten auf.
    Harness’ Gesicht verzog sich. Die Gebete schienen ihn wütend zu machen. Er packte Andrews Arm. Andrew trat wild um sich – in dem schweren, mit Wasser vollgesogenen Gehrock ein unmögliches Unterfangen – und brach mit einer letzten Kraftanstrengung an die Oberfläche. Er schnappte nach Luft. Ein tiefer Atemzug.
    Die Stimmen zögerten – hatten sie ihn gehört? Andrew füllte seine Lunge, um zu schreien. Erneut fasste Harness nach ihm und zog ihn in die Tiefe.
    Andrew schluckte Wasser, fuchtelte mit Armen und Beinen, um sich freizukämpfen. Aber der Rock und die dicke Hose wurden zu einem nassen Fallschirm und zogen ihn immer tiefer. Zudem war Harness’ Griff wie ein Schraubstock. Luftbläschen strömten aus Andrews Nase. Panik bestürmte jede Faser seines Körpers. Er hielt sich am Rand des Beckens fest.
    Dann erinnerte er sich.
    Was, wenn er sich ergab?
    Andrew ließ die zerklüfteten Zisternenwände los und spürte, wie er sank. Er hielt die Hände hoch, so dass Harness sie sehen konnte  – ich wehre mich nicht mehr. Andrew begegnete Harness’ Blick ein letztes Mal. Er versteht. Der Groll wich aus den durchdringend blauen Augen, und nach und nach verblasste er in der Dunkelheit. Harness war weg.
    Andrew hatte gewonnen.
    Wasser lief ihm in Nase und Mund. Er sank immer tiefer in das dunkle Wasser. Müdigkeit erfasste ihn, und er ließ alles geschehen.
    Die drei Betenden hörten das Keuchen und wechselten Blicke. Hier war die Präsenz so kraftvoll, dass sie damit gerechnet hatten, Geräusche von dem Geist zu hören. Aber für diese Laute gab es noch eine andere Erklärung.
    Fawkes sprach es als Erster aus: »Mein Gott, Andrew ist da drin!«
    Er zerrte an dem Holzpaneel. Das wäre gar nicht nötig gewesen. Es fiel ihm praktisch wie von selbst in die Hände.Sie hatten keine Taschenlampe dabei, deshalb musste sich Fawkes blind in den Zisternenkeller kämpfen. Er trat die ausgebrochenen Gipsstücke mit dem Fuß weg und ließ sich in die Dunkelheit hinab. Er kam unten auf, taumelte und fiel rückwärts, blieb aber unverletzt. Der Boden war hart und glitschig. Der Kaplan folgte ihm, er war sportlicher, und ihm gelang eine elegantere Landung. Sie warteten, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Im ersten Moment verstand Fawkes gar nichts. Die Zisterne war voll. Neulich war sie fast ausgetrocknet gewesen, leer bis auf eine etwa dreißig Zentimeter hohe Pfütze und Schutt. Jetzt schwappte das Wasser über den Rand. Ein Arm und eine weiße Hand ragten heraus.
    »Das ist er!«
    Sie kauerten sich vor das Loch und zogen. Einen Menschen in nassen Kleidern aus dem Wasser zu hieven war harte Arbeit. Sie wurden nass und schürften sich die Knie auf dem Steinboden auf. Endlich gelang es ihnen, Andrew aus dem Wasser zu heben.
    O mein Gott, er bewegt sich nicht mehr.
    Fawkes schwirrte der Kopf. Er bekam kaum mit, dass Father Peter eindringlich auf ihn einredete. Er wurde weggestoßen und sah benommen zu, wie der Priester Andrews Brustkorb bearbeitete. Einige quälende Minuten vergingen, dann stand Father Peter auf – eine dunkle Silhouette  – und schaute auf Andrew nieder  … triumphierend? Verzweifelt? Ist er okay? Fawkes stürzte zu Andrew und zog ihn an sich. Hielt ihn in den Armen. Drückte ihn an sich. Er durfte ihn nicht gehen lassen. Er konnte es nicht. Er sprach mit dem Jungen, erstickte jedoch fast an den eigenen Worten. Andrews Haut war grün wie ein Fischbauch, sie schien mit dem schleimigen Wasser überzogenzu sein. Er starrte ins Leere. Doch sein Gesichtsausdruck brachte Fawkes zum Schweigen. Statt der Panik eines Ertrinkenden sah Fawkes, dass sich Andrews Lippen im Tod geteilt und die Mundwinkel leicht gehoben hatten, als ob ihm jemand ein Geheimnis ins Ohr geflüstert und ihn zum Lachen gebracht hätte.

Epilog
    Lord Byron lag auf seinem Sterbebett. Der Rüstungsoffizier in schneeweißen Breeches und rotem Rock und einige griechische Soldaten (Shells mit dicken angeklebten Schnurrbärten) mit bekümmerten Gesichtern standen um ihn herum.
    Nach einem Dialog entstand eine bedeutungsschwangere Pause, das Tableau auf der Bühne fror ein. Nur Byron erhob sich und klopfte

Weitere Kostenlose Bücher