Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
bereits wiederholt gewarnt, was es für Konsequenzen haben könnte, wenn sie sich der Ermittlung sperrten, und ich war es einfach leid, als ein Adverb in ihrem Leben abgetan zu werden.
Außerdem maß ich Raintrees Worten keine besondere Bedeutung bei. Jeder Psychopath oder Rückfalltäter, dem eine längere Haftstrafe blüht, hat auf einmal Zugang zu Informationen über Überfälle auf Geldtransporte, Richter, die das Syndikat in der Tasche hat, die Ermordung von John F. Kennedy oder den Verkauf einer größeren Menge Rauschgifts an den Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten.
Ich würde den Sonntag unangetastet lassen, schön wie der Tag war, und den morgigen Tag mit seinen Unwägbarkeiten sich selbst überlassen. Im Abendlicht, das nach und nach violetter wurde, fuhren wir nach New Iberia und aßen unter einer großen Eiche am Bayou Teche ein Eis und hörten uns eine Cajun-Band an, die im Park spielte. Ich drückte Bootsie und Alafair fest an mich.
»Wofür war das jetzt?« sagte Alafair und grinste so breit, daß sie die Augen zusammenkniff.
»Ich muß mich nur von Zeit zu Zeit versichern, daß ihr mir nicht abhanden kommt«, sagte ich.
Um elf Uhr am selben Abend, als gerade die ersten Regentropfen auf den Fensterventilator in unserem Schlafzimmer klatschten, rief der Sheriff an, um mir mitzuteilen, daß man Drew Sonnier gefunden hätte. Jemand hatte sie an ihre Gartenveranda genagelt.
Kapitel 11
Ein Nachbar hatte sie gefunden. Sie saß auf der Treppe, halb bewußtlos, das Gesicht vom Schock ganz weiß, die linke Hand mit einem Sechzehnpennynagel an den Holzboden der Veranda gehämmert, eine Lache des eigenen Erbrochenen im Schoß.
»Hey, sind Sie okay?« sagte der Sheriff.
»Ja.«
»Sie ist im Krankenhaus, es geht ihr den Umständen entsprechend ganz gut.«
»Wer hat das getan?«
»Das wird Sie umhauen.«
»Die Kerle, die auch Garrett ermordet haben?«
»Joey Gouza höchstpersönlich. Das heißt, er hat’s zumindest befohlen und dann zugesehen, während zwei seiner Schläger sie festhielten und den Nagel durch ihre Hand schlugen.«
»Was?« sagte ich ungläubig.
»Sie hat gesagt, es war Gouza. Sie kann ihn identifizieren, sie wird vor Gericht aussagen. Vielleicht haben wir einen Volltreffer gelandet ... Was ist denn los mit Ihnen?«
»Sie kann Joey Gouza identifizieren? Woher kennt sie ihn denn überhaupt?«
»Ich weiß nur, was die Leute von der Stadtpolizei mir erzählt haben, Dave.«
»Was ist das Motiv?«
»Wo es doch Ihr freier Tag ist, wollte ich eigentlich jemand anderen hinschicken, um ihre Aussage aufzunehmen. Aber vielleicht ist es doch besser, wenn Sie es tun. Oder wäre es Ihnen lieber, wenn es jemand anderes macht?«
Er war ein guter Mann, aber im Grunde seines Wesens doch ein Verwalter, dem es mehr lag, den guten Ton zu wahren und sich allzeit korrekt zu verhalten, als sich mit den Realitäten des Lebens auseinanderzusetzen.
»Ich fahr’ in ein paar Minuten rüber«, sagte ich. »Außer dem Nachbarn, wer war da als erster am Tatort?«
»Die Sanitäter waren zuerst da, glaube ich, dann die städtischen Cops.« Er schwieg einen Augenblick. Der Regen prasselte jetzt auf das Blechdach unserer Veranda. »Der Haftbefehl für Gouza wird grad ausgestellt. Es ist mir egal, ob sie ihn im städtischen Gefängnis oder bei uns einbuchten, aber ich will diesen Dreckskerl in einem Käfig sehen. Niemand tut so was ungestraft einer Frau in diesem Bezirk an, solange ich Sheriff bin.«
Ich war überrascht. Schimpfworte und Zorn waren sonst nicht seine Sache. Ich hatte so eine Ahnung, daß sich Joey Meatballs noch wünschen würde, daß er sich niemals mit der Sonnier-Familie und der ländlichen Hemdsärmeligkeit des Iberia Parish eingelassen hätte.
Ich fuhr zum Krankenhaus, wo ich aber nicht hoch in Drews Zimmer ging. Statt dessen befragte ich einen der Sanitäter, die sie eingeliefert hatten. Ich setzte mich neben ihn auf eine Holzbank am Eingang zur Notaufnahme, während er Kaffee aus einem Styroporbecher trank. Er erzählte mir, daß er bei der Marine gewesen sei, bevor er in diesem Bezirk den Job als Sanitäter angenommen hatte. Sein Gesicht war jung und glattrasiert, und erinnerte mich an die meisten Sanitäter, Feuerwehrleute oder Waldbrandbekämpfer der US-Forstbehörde, die ich gekannt hatte. Sie alle liebten den plötzlichen Adrenalinschub, das Leben am Rande des Abgrunds, aber privat waren sie eher ruhig und zurückhaltend, und im Gegensatz zu vielen Cops fehlte ihnen das
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