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Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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er die Hemdschöße über den schmalen Hüften in die Hose.
    Ich ging nach Hause, schaltete den Ventilator am Schlafzimmerfenster ein und schlief vier Stunden. Als ich wegdämmerte, hörte ich Alafair und Bootsie, die das Unkraut in den Blumenbeeten unter den Fenstern jäteten, durch das welke Laub liefen und die Asche aus dem Grill kratzten. Als ich wieder aufwachte, war Bootsie in der Dusche. Durch das Milchglas sah man leicht verschwommen wie durch einen Weichzeichner die braunen Konturen ihres Körpers, und ich sah, wie sie sich mit einem Lappen und einem Stück rosa Seife Arme und Brüste wusch. Ich zog meine Unterwäsche aus und stieg zu ihr in die Duschkabine, massierte die glatten Muskeln in ihrem Rücken und den Schultern, strich mit den Daumen über ihre Wirbelsäule, küßte das feuchte Haar in ihrem Nacken.
    Dann trocknete ich sie ab wie ein kleines Mädchen, obwohl ich es oft war, der ein kindliches Gemüt hatte, wenn wir uns liebten. Wir lagen auf den Decken, und der Ventilator straffte den Vorhang wie ein Segel und blies einen milden Luftzug über uns. Ich küßte ihre Oberschenkel und ihren Bauch und nahm ihre Nippel in den Mund. Als ich in sie eindrang, war ihr Körper so heiß, daß man hätte meinen können, sie habe hohes Fieber.
    Später ging ich mit Alafair in die samstägliche Abendmesse in der Kathedrale und anschließend allein zu einem AA-Meeting. Als die Reihe an mich kam, stand ich auf und tat zumindest teilweise das, was die Anonymen Alkoholiker den Fünften Schritt nennen: Man offenbart sich selbst, einem anderen Menschen und Gott die eigenen Verfehlungen.
    Warum?
    Weil ich zu Lyle Sonniers Haus in Baton Rouge gefahren war und damit das Vertrauen in meine Höhere Macht in Frage gestellt hatte. Ich hatte vor Ihm versagt, und indem ich es tat – die Hilfe eines Mannes suchte, den ich für einen Scharlatan hielt –, hatte ich auch vor Bootsie versagt. Selbst Lyle hatte das gesagt.
    Als er auf den Lichtschalter in der Küche gedrückt hatte, erwachte alles darin – Chrom, gelbes Plastik, weißes Email und eine Blümchentapete – so abrupt und grell zum Leben, wie das Blitzlicht eines Fotoapparats aufflackert. Er holte eine Flasche Milch und einen pecan-pie aus dem Kühlschrank, deckte den Tisch mit Gabeln, Tellern und Kristallgläsern und setzte sich dann mir gegenüber, das Gesicht bleich, müde, ganz offensichtlich unsicher, wie er anfangen sollte.
    »Wir können reden, so lange du willst, Dave, aber ich schätze, es ist nur fair, wenn ich dir gleich im voraus sage, daß ich dir nicht geben kann, was du willst«, sagte er.
    »Das heißt, du bist also doch ein Schwindler.«
    »Das ist ein hartes Wort.«
    »Du hast gesagt, daß du Menschen heilen kannst, Lyle. Ich nehme dich nur beim Wort.« Eine Speichelblase platzte in meiner Kehle.
    »Nein, du verstehst mich nicht. Tatsache ist, ich war ein Schwindler. Ich hab’ Drogen in mich reingeschmissen, als gäb’s kein Morgen, LSD in allen möglichen Varianten, Black Beauties, was du dir nur vorstellen kannst, ich habe gedealt, Autos aufgebrochen, hing in einigen dieser Schwulenlokale auf der South Los Angeles Street in L. A. rum, wenn du verstehst, was ich meine, bis ich eines Tages den Reverend Jimmy Bob Clock traf, einen Saufkopf und Schwindler alter Schule.
    Jimmy Bob und ich haben die ganzen Jahrmärkte unten im Süden abgeklappert. Er konnte eine Menschenmenge anheizen, bis sie am Rand der Hysterie war, und dann ging er in seinem weißen Anzug runter ins Publikum, die ganze Zeit im Licht eines weißen Scheinwerfers, und griff sich irgend so einen armen Hund. Er packte ihn mit beiden Händen am Schädel und drückte so fest, daß dem fast das Hirn aus den Ohren quoll. Und wenn er dann losließ, zitterte der Bursche am ganzen Körper und sah Sternchen und Visionen durch’s Zeltdach.
    Vor der Show mußte ich mich immer hinten in der Schlange an der Kasse anstellen und ein paar alte Leutchen fragen, ob sie nicht gern in einem Rollstuhl sitzen würden, erste Reihe selbstverständlich. Ich karrte sie dann rein, und ungefähr in der Mitte seines Sermons, wenn er so richtig auf Touren war, sprang er von der Bühne, faßte sie bei den Händen und ließ sie aufstehen und ein paar Schritte gehen. Dann brüllte er aus vollem Halse: ›Wer steht hier vor euch, Leute?‹ Und das Publikum antwortete wie aus einem Mund: ›Wer jagt den Teufel um den Block – das ist der Reverend Jimmy Bob Clock.‹
    Jimmy Bob war der helle Wahnsinn, mein Sohn. Vor

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