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Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Glauben aufgegeben«, sagte er. »Aber mach dir deshalb keine Vorwürfe. Du warst verzweifelt und bist hierhergekommen, um Hilfe für jemand anderen zu holen, nicht für dich selbst. Mach einfach da weiter, wo du vorher warst. Manchmal ist es einfach ein verdammt langer Weg, bis man das Indianerland hinter sich hat, Lieutenant.«
    Ich blickte zwischen meinen Knien hindurch auf den Linoleumboden. Mir schien, daß ich in meinem ganzen Leben noch nie so müde gewesen war.
    »Ich danke dir für deine Zeit, Lyle«, sagte ich.
    Er faßte sich an die tränenförmigen Narben unter seinem rechten Auge.
    »Wo du schon mal hier bist, muß ich dir auch was gestehen«, sagte er. »Beim letztenmal, da hab’ ich versucht, dich unter Druck zu setzen. Ich meine, als ich erwähnt habe, daß du mit meiner Schwester geschlafen hast.«
    »Schon vergessen.«
    »Nein, du weißt nicht, was da noch alles mit drinhängt, Dave. Drew war damals auf dem College schwer in dich verknallt, und vielleicht ist sie’s immer noch. Aber vielleicht aus einem Grund, den du nicht verstehen kannst. Du bist Weldon sehr ähnlich.«
    Ich hob den Kopf und sah ihn an.
    »Ihr seid beide große, gutaussehende Männer«, sagte er. »Beide wart ihr im Krieg Offiziere. Keiner von euch hat was übrig für strikte Regeln oder Leute, die einem Vorschriften machen. Beide seid ihr Hitzköpfe, die zu Kurzschlußreaktionen neigen.«
    Ich starrte ihm in die Augen.
    »Als wir aufwuchsen, da hatten wir niemanden außer uns selbst«, sagte er. »Das verdreht einen ziemlich. Was für einen Menschen krankhaftes Verhalten ist, ist für einen anderen Liebe. Uns war egal, was in den Augen anderer Leute Recht oder Unrecht war. Denn diese anderen Leute waren ja dieselben, die uns mit Zigaretten verbrannten oder zu Pflegeeltern steckten. Weldon und Drew waren einander nicht nur Bruder und Schwester. Und ich bin in dieser Hinsicht auch nicht ganz unschuldig. Aber es war immer Weldon, den sie geliebt hat.«
    Ich wandte meinen Blick ab von dem Schmerz, der in seinen Augen lag.
    »Was meinst du denn, warum ich schon dreimal verheiratet war?« fragte er. »Oder warum Weldon mit einer suchtkranken Frau verheiratet ist, die sich wie ein Kleinkind an ihm festklammert? Oder warum Drew mit jedem ins Bett springt, der Haare auf der Brust hat? Es ist, wie wenn dein Herz und dein Kopf nicht auf derselben Wellenlänge wären. Jedesmal, wenn du mit jemandem ins Bett gehst, bist du gleichzeitig wütend auf ihn und läßt es an ihm aus. Laß dir das mal durch den Kopf gehen.
    Dave, dein Geisteszustand scheint halbwegs stabil zu sein. Komm nicht zu Menschen wie uns, wenn du Hilfe und gute Ratschläge brauchst.«
    Er stopfte sich mit der Gabel ein Stück Kuchen in den Mund und kaute es wortlos. Er nahm die Augen nicht von meinem abgewendeten Gesicht, in dem sich Scham und Verlegenheit abzeichneten.
    Sonntag morgen gingen Bootsie, Alafair und ich unten an der Küste Krabben fischen. Wir banden Hühnerhälse in die mit Gewichten beschwerten Drahtfallen, die flach auf den Grund der Bucht sanken und sich dann mit einem Ruck schlössen, wenn man an der Schnur zog, die durch einen Ring an der Oberseite gefädelt war. Binnen drei Stunden füllten wir einen ganzen Waschzuber mit Bluepoint-Krabben, die wir später im Garten hinter dem Haus mit einem Schlauch abspritzten und dann auf dem Gartengrill, den ich aus Ziegeln gebaut hatte, in einem schwarzen Eisentopf kochten. Ein sanfter Wind wehte durch die Eichen, und der Himmel schimmerte bläulich, wie straff gespannte Seide, und weiße Wolken türmten sich wie ein Gebirge am Horizont im Westen.
    Es war ein wunderschöner Tag. Am Abend zuvor war ich zur Messe und zur Kommunion gegangen. Ich hatte den Fünften Schritt getan wegen meines Schwankens im Glauben an meine Höhere Macht, und hatte wieder einmal beschlossen, endlich damit aufzuhören, über meinen fortwährenden Hader mit der Welt, dem Lauf der Zeit und der Sterblichkeit Buch zu führen, und einfach nur der Vorsehung für all die guten Dinge zu danken, die mir widerfahren waren, ohne daß ich sie selbst geplant hätte.
    Eddy Raintree – mit dem gesamten Instinkt des erfahrenen Zuchthäuslers und gefangenen Tiers – hatte versucht, einen Deal zu machen, indem er mir Informationen über Mordaufträge anbot, an Weldon, Drew, sogar mir. Bis jetzt hatte ich noch mit keinem von ihnen darüber geredet, was an Raintrees Aussage dran sein konnte, in erster Linie, weil es reine Zeitvergeudung war; ich hatte sie

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