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Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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echter Soldat bin. Das stimmt aber nicht. Innerlich zittere ich immer noch. Und ich weiß nicht, ob es hier aufhört. Wenn du mir dabei helfen willst, bitte. Aber im Augenblick finde ich, daß du dich wie ein Arschloch aufführst.«
    »Der Sheriff hat mir aufgetragen, gestern abend hierherzukommen und deine Aussage aufzunehmen. Aber das hab’ ich nicht getan. Ich dachte mir, daß die Cops von der Stadt deine Reserven schon ziemlich erschöpft hätten. Vielleicht solltest du dir mal überlegen, wer deine wirklichen Freunde sind, Drew.«
    Sie drehte den Kopf auf dem Kissen und blickte aus dem Fenster. Ich sah eine schimmernde Träne, die im Augenwinkel hervorquoll.
    »Ich komm’ später noch mal vorbei«, sagte ich.
    Sie nickte, den Kopf immer noch zum Fenster gewandt. Das Licht der Sonne ließ ihre Haut ganz matt wirken.
    Ich blieb kurz stehen, bevor ich zur Tür hinausging.
    »Bist du bereit, vor Gericht gegen Gouza auszusagen, Drew?«
    »Ja«, sagte sie leise.
    »Du weißt doch, daß sie Weldon dann auch in den Zeugenstand rufen werden, oder?«
    Sie drehte den Kopf auf dem Kissen, so daß sie mich wieder ansah. Ich begriff, daß sie das, was ihr möglicherweise noch alles bevorstand, noch gar nicht zu Ende gedacht hatte. Sie nahm einen Schluck aus einem Glas Wasser und zog unter der Decke die Knie an den Leib. Ihr Gesicht hatte den losgelösten, leeren Ausdruck eines Menschen, der die ganze Zeit sein Leben gelebt hat, nur um eines Morgens aufzuwachen und feststellen zu müssen, daß keine dieser Erfahrungen zählte, der sich unversehens ohne jegliche Bindung und ohne eigene Stimme an einem Ort wiederfand, an dem keine anderen Menschen lebten.
    Als ich das Krankenhaus verließ, machte ich noch kurz unten im Laden halt und ließ ihr eine Vase mit Blumen aufs Zimmer schicken. Auf die Grußkarte schrieb ich: »Von deinen vielen Freunden bei Amnesty International.«
    Sie brachten Joey Gouza mit Ketten um Beine und Hüften aus New Orleans, ließen ihn noch am selben Nachmittag dem Haftrichter vorführen und schleiften ihn anschließend, umgeben von einer Menschentraube von Fotografen, Reportern und Schaulustigen, die sich wie das Publikum bei einem Hahnenkampf aufführten, buchstäblich aus dem Gerichtssaal in eine städtische Gefängniszelle. Richter James LeFleur, ein übellauniger hinterwäldlerischer Cajun mit starker Rechtsauslage, der auch unter dem Namen Whiskey-Jim bekannt war, legte die Kaution fest.
    Als Gouza aus dem Gericht kam, in rosa Hemd, cremefarbener Hose und einer breiten schwarzen Krawatte mit weißen Punkten, zu beiden Seiten flankiert von Cops, die seine Arme gepackt hielten, schaffte er es, eine Hand freizubekommen, sich ostentativ an den Phallus zu fassen und auf das Objektiv einer Fernsehkamera zu spucken.
    Ich gab meine .45er bei dem Wärter ab, bevor er die Gittertür zu einem Korridor aufmachte, an dessen Seiten sich drei Verwahrungszellen und die Ausnüchterungszelle befanden.
    »Ich möchte gern zu ihm rein«, sagte ich.
    »Dann nehmen Sie mal besser ’ne Elektroschock-Knarre mit«, sagte der Wärter.
    »Was hat er angestellt?«
    »Sehen Sie selbst. Sie brauchen sich bloß den Fußboden anzuschauen. Dieser Scheißkerl.«
    Vor einer Zelle war der Korridor über und über bespritzt mit Spaghettiresten, Kaffee und Fruchtpastete, die jemand offensichtlich samt Plastiktablett und Styroporbehältern durch die eiserne Klappe in der Zellentür geschleudert hatte.
    Ich kam den Korridor hinunter und lehnte mich mit einem Arm gegen die Gitterstäbe von Joey Gouzas Zelle. Ohne Gürtel und Krawatte, die man ihm mittlerweile abgenommen hatte, saß er auf einer Pritsche, die mit Ketten an der Wand befestigt war; er rauchte mit großer Hingabe eine Zigarette, die er in seinen verkniffenen Fingern hielt, und seine zornerfüllten schwarzen Augen starrten direkt ins Zentrum des ganzen Unheils.
    Dann sah er mich. »Sie also.«
    »Was ist los, Joey?«
    »Das hätt’ ich mir denken können, daß Sie da irgendwie Ihre Finger drin haben.«
    »Da liegen Sie falsch. Ich habe nichts damit zu tun. So wie’s aussieht, ist das diesmal eine Sache zwischen Ihnen und anderen.«
    »Was für anderen? Was zum Teufel geht hier vor, Mann?«
    »Sie hätten einen großen Bogen um den Iberia Parish machen sollen.«
    »Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen? Meinen Sie etwa, ich interessiere mich für irgend ein Dreckloch, wo sie die Moskitos zur Bevölkerung dazuzählen? Erzählen Sie mir verdammt noch mal, was hier

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