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Weißglut

Weißglut

Titel: Weißglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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ich von dir verlange.«
    »Da bin ich mir nicht sicher.«
    »Ich war unten in der Werkshalle, Clark.«
    »Das habe ich gehört.«
    »Ich wusste, dass es schlimm ist, aber ich war ehrlich erschüttert, wie schlimm es ist. Die Arbeitsbedingungen sind mittelalterlich. Wie haltet ihr das nur aus?«
    »Wir haben kaum eine Wahl.«
    »Jetzt hast du eine. Es ist allerhöchste Zeit, dass sich die Dinge ändern – und zwar drastisch.«
    »Da bin ich deiner Meinung. Aber ich bin nicht der Mann, der das schaffen kann, Sayre.«
    »Du bist ein Anführer.«
    »Der hätte ich früher mal sein können. Sehe ich jetzt noch aus wie ein Anführer?«
    »Nein«, fuhr sie ihn an. »Das tust du nicht. Du siehst nämlich aus wie ein Hasenherz. Ja«, bekräftigte sie, als er überrascht zurückwich. »Erst neulich hast du mir weisgemacht, dass du ein Ziel im Leben brauchtest, dass du wieder ins Gleis kommen müsstest, dass dein Sohn einmal stolz auf dich sein soll. Jetzt gebe ich dir ein Ziel, und du verkriechst dich. Warum? Wovor hast du Angst?«
    »Vor dem Versagen, Sayre. Dem Versagen. Und wie sich das anfühlst, wirst du erst wissen, wenn du kein Geld mehr scheffelst und nicht mehr in schnittigen Sportwagen rumrast, wenn du so tief gesunken bist, dass du all deine Willenskraft brauchst, um morgens auch nur aus dem Bett zu steigen.
    Wie sich das anfühlt, weißt du erst, wenn du die Straße entlanggehst und weißt, dass die Leute, die dir früher von der Tribüne aus zujubelten, hinter deinem Rücken und vorgehaltener Hand etwas von einem vergeudeten Leben flüstern.« Er brach ab, um sich zu sammeln und weil ihm klar geworden war, dass er nicht auf sie, sondern auf sich selbst so wütend war. »Du hast verflucht Recht, ich habe Angst. Ich habe sogar Angst davor zu hoffen. «
    Seine Ansprache hatte sie verstummen lassen. Als sie wieder zu reden begann, tat sie es so leise, dass er sie kaum verstand. »Du täuschst dich, Clark. Ich weiß genau, wie es ist, wenn du all deine Willenskraft brauchst, um aus dem Bett zu kriechen.« Als sie Luft holte, erbebte ihre Brust. »Aber jetzt musst du dich entscheiden. Du kannst mir einen Korb geben, nichts unternehmen und weiter so leben wie bisher. Dich über dich selbst und das Leben beschweren, deine Enttäuschung in Whisky ertränken, dich bemitleiden und deiner Frau das Leben zur Hölle machen, bis du schließlich als nutzloser, einsamer Säufer stirbst. Oder du kannst anfangen, dich wie der Mann zu benehmen, der du in jungen Jahren einmal warst.«
    Sie nahm seine Hand und drückte sie zwischen ihren. »Du sollst das nicht tun, um dich an Huff zu rächen. Nichts könnte das ungeschehen machen, was er dir angetan hat, Clark. Außerdem ist er es nicht wert. Und du sollst es auch nicht für mich tun.« Sie drückte seine Hand und sagte: »Du sollst es für dich tun. Also, was meinst du?«
     
    Als Sayre zu ihrem Motel zurückfuhr, war sie vorsichtig optimistisch, dass Clark sich aufraffen würde. Es war ziemlich grob gewesen, ihn als Feigling zu bezeichnen, aber damit hatte sie ihm den Tritt versetzt, den er brauchte. Sie hatte darauf gesetzt, dass unter der dicken Schicht Resignation noch ein Funken Stolz glühte. Und verletzter Stolz war immer eine gute Triebkraft.
    Sie konnte nicht sicher sein, dass ihre Taktik aufgegangen war. Er hatte dem Alkohol nicht abgeschworen. Er hatte nicht geschworen, die ihm zugedachte Aufgabe zu erfüllen. Aber sie hoffte, dass sie unabhängig davon, ob er die Zukunft von Hoyle Enterprises beeinflussen konnte, sein Leben lebenswerter gemacht hatte. Sie wollte ihren Rückflug nach San Francisco in dem Wissen antreten, dass sie wenigstens in dieser Hinsicht erfolgreich gewesen war und etwas Gutes getan hatte.
    An der Tür zu ihrem Motelzimmer schob sie den Schlüssel ins Schloss.
    »Du kommst spät heim.«
    Kreidebleich fuhr sie herum und sah Chris hinter sich stehen. Als wäre er aus dem Nichts erschienen.
    »Was willst du hier, Chris?«
    »Kann ich reinkommen?«
    »Wozu?«
    »Ich möchte nur mit meiner Schwester reden.«
    Sein entwaffnendes Lächeln ließ sie kalt. »Worüber?«
    »Lass mich rein, dann erzähle ich es dir.« Er schwenkte eine Flasche. »Ich habe was zu trinken mitgebracht.«
    Er hatte nicht aus reiner Herzensgüte eine Flasche Wein besorgt. Und er war bestimmt nicht zum Plaudern gekommen. Chris hatte bei allem, was er tat, Hintergedanken. Sie wusste nur nicht, welche es diesmal waren. Es war ihr ausgesprochen unangenehm, ihm so nahe zu sein, aber die

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