Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weißglut

Weißglut

Titel: Weißglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
hingenommen hatten?
    Warum überließ sie, falls Chris tatsächlich einen Mord begangen hatte und damit durchgekommen war, seine Seele nicht einfach dem Teufel? Niemand außer ihr schien sich daran zu stören, dass er und Huff eigenmächtig das Recht gebeugt hatten. Warum hatte ausgerechnet sie den Fehdehandschuh aufgenommen?
    Und Dannys Anrufe bei ihr konnten auch einen ganz trivialen Anlass gehabt haben. Statistisch betrachtet sprachen Menschen, die ernsthaft an Suizid dachten, nur selten über ihr Vorhaben. Hätte sie einen von Dannys Anrufen entgegengenommen, wäre das Unausweichliche damit vielleicht hinausgezögert, aber nicht verhindert worden. Es war anmaßend von ihr zu glauben, sie hätte ihn von einem Selbstmord abhalten können, wenn nicht einmal seine Verlobte das geschafft hatte.
    Dann fing sie Chris’ Blick im Spiegel auf. Er beobachtete sie, als wüsste er genau, dass sie nicht nur ihre Entschlossenheit, sondern sich selbst infrage stellte. Sie richtete sich zu voller Größe auf und drehte sich um.
    »Du hast mir eine Frage gestellt, Chris, und ich werde sie dir beantworten. Warum sollte ich einer unzuverlässigen Quelle eher glauben als dir? Weil Huff dich von Grund auf verdorben hat und du das nicht verleugnen kannst. Du bist skrupellos selbstsüchtig. Du hast jedem egoistischen Impuls nachgegeben, den du jemals empfunden hast.
    Wenn du bei einem Fehltritt erwischt wirst, verlässt du dich auf deinen Charme oder auf Huffs Einfluss, damit du ungeschoren davonkommst. Du bist egozentrisch und selbstverliebt und du hast keine Moral. Du lügst, manchmal nur zum Spaß und nur um zu sehen, ob du damit durchkommst. Du nimmst dir alles, was und sobald du es haben willst. Dir wurde nie im Leben irgendetwas verwehrt. Außer, möglicherweise, eine Scheidung, die du mit Huffs Hilfe aber bestimmt irgendwie durchsetzen wirst, ob mit fairen oder faulen Mitteln.
    Ob ich wirklich glaube, dass du Iverson getötet hast?«, fragte sie rhetorisch. »Ja. Du bist damit durchgekommen. Aber wenn du Danny getötet hast, wirst du dafür bezahlen, Chris. Ich schwöre dir, dass ich dafür sorgen werde.«
    Er stellte seinen Weinbecher auf dem Nachttisch ab. »Sayre, setz dich. Bitte.«
    Es war so ungewöhnlich, das Wort »bitte« aus seinem Mund zu hören, dass sie tatsächlich zum Bett zurückkehrte und sich setzte, wenn auch nur zögerlich. Er fasste nach ihren Händen und hielt sie fest in seinem Griff, selbst als Sayre sie zurückzuziehen versuchte.
    »Denk mal daran, wie Danny starb«, sagte er ruhig. »Wenn ich ihn wirklich ermordet hätte, dann hätte ich die alte Schrotflinte von der Wand nehmen, beide Läufe laden, sie in seinen Mund schieben und den Abzug durchdrücken müssen.
    Mal ehrlich, glaubst du, trotz all der Charakterfehler, die du eben aufgezählt hast, dass ich meinem eigenen Bruder das hätte antun können?« Ohne ihre Antwort abzuwarten, verkündete er: »Ich habe Danny nicht umgebracht. Bei Gott nicht. Du machst dich lächerlich, wenn du das auch nur für möglich hältst.«
    »Was interessiert es dich, ob ich mich lächerlich mache?«
    »Überhaupt nicht. Ich möchte nur nicht, dass du dich später schämen musst.«
    Seine nonchalante Erklärung war so fadenscheinig, dass Sayre sie sofort durchschaute. »Nein, das ist es nicht, oder, Chris? Du hast Angst, dass er sich mehr für mich interessieren könnte als für dich, nicht wahr?«
    »Was redest du da?«
    »Ich rede von Huff. Ich wirble gehörig Staub auf, das macht ihn zwar wütend, aber gleichzeitig konzentriert er sich dadurch auf mich und nicht auf dich, und damit kannst du nicht umgehen.«
    Sein Blick verschloss sich, bis sie nur noch ihr Abbild in den ebenholzschwarzen Tiefen sah. Die Lippen, die eben noch so geschmeidig gelächelt hatten, verengten sich zu einem dünnen Spalt und schienen sich beim Sprechen kaum noch zu bewegen. »Fahr zurück nach San Francisco, wo du hingehörst, Sayre.«
    »Ja, das würde dir bestimmt gefallen.«
    »Nicht um meinetwillen, sondern vor allem um deinetwillen.«
    Sie legte lachend die Hand auf ihre Brust. »Ich soll dir glauben, dass dir an meinem Wohlergehen gelegen ist?«
    »Genau. Du hast es selbst gesagt, Huff hat dich genau im Auge. Und willst du auch wissen, warum? Willst du hören, was er mit dir vorhat?«
    Jetzt öffneten sich die Lippen wieder zu einem Lächeln, aber diesmal war es ein triumphierendes Grinsen.

Kapitel 25
    Charles Nielsons Büro befand sich in einem Bankgebäude an der Canal Street im

Weitere Kostenlose Bücher