Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast
alles würde wieder gut werden. Über uns funkelten die Sterne, und der Boden unter uns war kühl geworden. Ich spürte, wie Patrick sich zurücklehnte und langsam den Reißverschluss seiner Jacke öffnete. Dann deckte er mich damit zu, und ich kuschelte mich noch enger an ihn. Ich war so wütend und verzweifelt, dass ich meine Augen fest geschlossen hielt wie ein kleines Kind nach einem Tobsuchtsanfall.
»Ich wette«, flüsterte ich, »du hast früher jemanden wirklich glücklich gemacht.«
Sollte Patrick mir darauf geantwortet haben, habe ich es nicht gehört.
Ich war bereits in einen düsteren, unruhigen Schlaf gefallen.
WUT
15
you ain’t nothing but a hound dog
Ich hatte noch nie zu den Leuten gehört, die sich an ihre Träume erinnern. Dabei hatte ich buchstäblich alles versucht – Zeitschriften, Tonbandgeräte, hatte meine Freundinnen darauf angesetzt, mir zu sagen, wenn ich im Schlaf sprach –, aber totale Fehlanzeige.
Abgesehen von meinem seltsamen, wiederkehrenden Motorrad-Albtraum schien mir nichts im Gedächtnis bleiben zu wollen.
Doch diesmal war es anders.
In dieser speziellen Nacht wusste ich aus irgendeinem Grund, dass ich mich an meinen Traum erinnern würde. Und als ich am nächsten Morgen aufwachte – immer noch zusammengerollt, den Kopf in Patricks Schoß –, war es tatsächlich so.
Ich hatte von Hamloaf geträumt.
Oder genau genommen von dem Tag, an dem Hamloaf mein Lieblingsstofftier zerbiss: einen Hasen, den ich Mrs. Fluff nannte. Ich schrie mir an jenem Abend die Lunge aus dem Leib, als ich ins Bett stieg und meine geliebte Mrs. Fluff nicht an ihrem üblichen Platz unter der Decke vorfand. Ihr flauschiges rosa Schnäuzchen. Ihre weichen pinkfarbenen Ohren. Die schönsten Schlappohren aller Zeiten.
Spurlos verschwunden.
Zuerst hatten Mom und Dad gemeint, ich hätte sie bestimmt irgendwo liegen lassen. Vielleicht drüben bei Sadie. In der Waschküche. Unter meinem Bett. Aber ich bestritt all ihre Vorwürfe. Denn ich wusste, was passiert war. Ich hatte Mrs. Fluff nicht irgendwo vergessen … Mrs. Fluff war entführt worden.
Das Drama wurde zum Albtraum, als Dad eine verdächtige Spur vollgesabberter Baumwollfetzen entdeckte, die vom oberen Gang die Treppen hinunter ins Wohnzimmer und auf direktem Weg zu Hamloafs Hundetür führte. Ja. So war es. Der Hund hatte meinen Hasen gefressen. Er fraß Mrs. Fluffs rosarotes Schnäuzchen, das von den vielen Küssen, die ich ihr gegeben hatte, schon ganz abgenutzt war. Er fraß ihre pinkfarbenen Schlappohren und sogar ihre wunderschönen blauen Glasaugen. (Eines davon kam einige Tage später wieder zum Vorschein – allerdings etwas weniger blau und leuchtend.)
»Alles«, flüsterte ich schlaftrunken. »Ich erinnere mich an alles.«
Ich erinnerte mich an Mrs. Fluff. Ich erinnerte mich an Hamloafs aufgeblähten Bauch, als er ausgestreckt im Mondschein lag, ganz matt und bis obenhin voll Hase. Ich erinnerte mich, dass ich damals wütender war als je zuvor in meinem jungen Leben. Und ich erinnerte mich an den reuevollen Blick, den Hamloaf mir mit seinen sanften braunen Hundeaugen zuwarf, als er mich weinen sah. Und daran, wie er mich mit seiner zarten, bärtigen Schnauze gegen die Wange stupste, um mir zu zeigen, dass es ihm leidtat.
Ich erinnerte mich auch daran, wie Mom mich in jener Nacht im Arm hielt und mir erklärte, dass Hamloaf eben noch ein Welpe war und er es nicht so gemeint hatte. Ich erinnerte mich an den Duft ihres Haars, die Wärme ihres Frotteebademantels und daran, wie sie mich auf jene besondere Weise getröstet hatte, wie es nur eine Mutter und niemand sonst auf der Welt kann.
Aber das alles war mehr als nur Erinnerung. Es war Sehnsucht. Eine plötzliche, überwältigende Sehnsucht. Wie sie mich an der Hand nahm, als ich klein war, das Herumalbern im Schlafanzug an einem Samstagmorgen. Die verletzenden Worte, die wir uns manchmal an den Kopf warfen, weil wir es konnten, ebenso wie beste Freundinnen sein und sich fremder werden. Die Wut und die Verbitterung über den Verlust von etwas, wofür keine von uns entschieden genug gekämpft hatte, weil Kinder eben irgendwann erwachsen werden müssen. Dies waren Gefühle, die ich in eine Zeitkapsel eingeschlossen und tief in mir begraben hatte, wo niemand sie jemals finden würde. Ein Ort, den selbst ich mit der Zeit vergessen hatte.
Ich vermisste meine Familie. Ich vermisste meine Mom.
Ich öffnete meine vom Weinen geschwollenen Augen und sah zu Patrick hoch.
»Engel?«,
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