Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast
Seite um Seite ins Feuer warf und Funken in den Abendhimmel schossen, während die Flammen meine Worte, meine Wünsche, meine geheimsten Gedanken über den Jungen, den ich geliebt hatte, verschlangen.
Es war ein ergreifender, magischer Moment. Und zum allerersten Mal seit meinem Tod veränderte sich etwas in mir. Ich fühlte mich leichter. Ruhiger.
Und ganz allmählich auch freier.
»Ja!«, rief Emma und sprang ebenfalls zum Feuer hinüber, knüllte Jakobs T-Shirt zusammen und warf es in die Flammen. »Burn, Baby, Burn!«, sang sie und schwang dabei die Arme durch die Luft.
Ich brach in Gelächter aus, während Jakobs T-Shirt langsam von den Flammen verschlungen wurde.
Schließlich hielt Tess das Foto von Jakob und mir in die Luft. Sie küsste mein Gesicht, holte einmal tief Luft und riss das Foto entzwei. Sie zerriss es einmal. Dann noch einmal. Dann ein drittes Mal, bis von meinem einst geliebten Erinnerungsfoto nichts weiter als ein kleiner Schnipselhaufen übrig war, den sie auf ihren Handflächen emporhielt. Und ich sah ehrfürchtig zu, wie der kühle Herbstwind die Schnipsel erfasste – winzige Fitzelchen Erinnerung und Musik und Farbe und Zeit, die um uns herumwirbelten und schließlich vor dem herrlich violetten Abendhimmel über dem Feuer zu glühen begannen und dann wie Sternschnuppen zu Boden fielen.
»Alles Gute zum Sechzehnten, Eags«, flüsterte Tess.
»Wir vermissen dich«, sagte Emma mit tränenerstickter Stimme. »So sehr.«
»Wir lieben dich, Brie!«, schrie Sadie, so laut sie konnte.
Ein überwältigender – aber diesmal positiver – Schmerz erfüllte meine Brust. Ich war froh, so gute Freundinnen gehabt zu haben. Nein, ich war mehr als froh. Ich war der glücklichste Mensch überhaupt.
Ich liebe euch auch.
Dann hakten die drei einander unter und gingen ans Wasser hinunter. Und als am Horizont die letzten Sonnenstrahlen im Meer versanken, warfen sie mir Küsse zu, wischten sich ihre Tränen von den Wangen und sagten mir schließlich Lebewohl.
19
every breath you take
Das Lagerfeuer brannte bis lange in die Nacht hinein. Während die drei schliefen, sah ich die Sterne leuchten und mit der Morgendämmerung langsam wieder verblassen und spürte, wie mich ein seltsamer Friede ergriff.
Ich glaube, ich bin bereit.
Bereit wofür?
Um zum Slice zurückzugehen. Um ein neues Kapitel aufzuschlagen.
Ich wünschte, es wäre so einfach. Engel.
Kurz vor Sonnenaufgang beugte ich mich über Sadie und drückte sanft ihre Hand. Sie blinzelte. Und zu meiner Überraschung setzte sie sich auf. Streckte sich. Langte neben sich und kontrollierte ihr Handy. Dann rieb sie sich die Augen, zog ein zweites Sweatshirt über und kroch flink und leise aus ihrem Schlafsack.
Darauf bedacht, Emma und Tess nicht zu wecken, schlüpfte Sadie in ihre Chucks und verließ die Lagerstelle.
Und ich ging neben ihr.
Wir liefen ein Stück in nördliche Richtung den Strand entlang und umrundeten schließlich die Dünen. Sadie schlug einen Weg ein, der zu einem Grillplatz mit Campingtischen führte. Dort hatten wir uns in den Ferien schon unzählige Male mit unseren Schulkameraden zum Grillen und Beachvolleyballspielen getroffen.
Sadie setzte sich an einen Tisch und schlug die Beine übereinander. Ich setzte mich neben sie. Obwohl sie gerade erst aufgestanden war, war sie so hübsch. Lange, dunkle Locken. Gebräunte, makellose Haut. Braune Rehaugen. Leuchtend. Und voller Leben.
Ich wünschte, du könntest mich sehen. Ich wünschte, du wüsstest, dass ich bei dir bin.
Sadie und ich blickten zum Horizont, wo die Morgendämmerung den Himmel allmählich in sanfte Pastelltöne tauchte – eine Symphonie aus Violett, Blau und Pink. Ein perfekter Sonnenaufgang. Schade, dass Emma und Tess ihn verpassten. Faultiere. Die beiden könnten wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit schlafen, wenn man sie ließe.
»Das ist so wunderschön«, sagte Sadie in die Stille hinein. Und dann begann sie zu schluchzen.
»Sadie?« Ich rückte näher zu ihr hin, während sie so bitterlich weinte, wie ich es bei ihr noch nie erlebt hatte.
»Oh, Sadie.« Mir schnürte es die Kehle zu. »Wein doch nicht. Ich bin ja bei dir.«
»Brie«, ihre Stimme war voller Schmerz, »es tut mir so leid. Es tut mir so schrecklich leid.«
Erst in diesem Augenblick wurde mir bewusst, wie hart sie mein Tod getroffen hatte. Wie schlimm er für sie alle gewesen war. Zu gehen war eine Sache. Aber verlassen zu werden, das musste noch viel schlimmer sein.
»Ist ja gut,
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