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Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast

Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast

Titel: Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Rothenberg
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alles wird gut, schhh, es braucht dir nicht leidzutun«, flüsterte ich und streichelte ihr über den Rücken. »Es ist nicht deine Schuld, Sadie. Bitte weine nicht.« Ich umarmte sie – obwohl sie mich nicht spüren konnte –, während dicke Tränen ihre Wangen hinabkullerten und durch die Ritzen des alten Holztischs fielen.
    Es wird alles wieder gut werden. Alles wird wieder gut.
    Vielleicht war es, weil ich meine Augen geschlossen hatte. Oder weil Sadie so laut schluchzte. Jedenfalls bemerkte ich nicht, dass jemand über die Dünen kam. Hörte die Schritte im Sand nicht.
    »Sadie?«
    Diese Stimme.
    Ich fuhr herum und spürte, wie Sadie meinen Armen entglitt. Sie schluchzte noch lauter. Und dann sah ich in niederschmetternder Zeitlupe, wie meine beste Freundin auf der ganzen Welt sich in Jakob Fischers ausgebreitete Arme stürzte.

20
    what becomes of the broken hearted?

    Ich war wie betäubt.
    Sie ist es. Es ist Sadie.
    »Nein«, flüsterte ich und sank auf die Knie, während meine erste große Liebe die Hand meiner besten Freundin nahm. Ich weiß nicht, wie lange er sie hielt, und ich weiß nicht, wann sie sich schließlich wieder trennten und er zu seinem Auto zurückging, während sie sich zu Emma und Tess zurückschlich. Ich weiß auch nicht, wie lange Patrick gebraucht hatte, um mich zu finden, zusammengerollt im Sand, meine Augen auf das endlos weite Meer hinaus gerichtet. Zeit spielte keine Rolle mehr.
    Denn ich war in der Hölle.
    »Versuch, nicht darüber nachzudenken, Engel«, sagte Patrick.
    Ich sah nur noch Sadies um Jakob geschlungene Arme. Ihre fest zusammengekniffenen Augen. Seine Hände auf ihrem Rücken. Es machte Sinn. Die beiden waren schon als Kinder eng befreundet gewesen. Wahrscheinlich war sie die ganze Zeit in ihn verliebt gewesen. Und er in sie.
    Nein. Halt. Ihr gehört zu mir. Ihr beide.
    Es ist ein seltsames Gefühl, wenn du plötzlich zwanghaft jeden einzelnen Moment noch einmal durchgehst, den du mit deiner besten Freundin erlebt hast. Die tausend gemeinsamen Nächte durchspielst, die Kicheranfälle, die Frauengespräche, die Unterhaltungen über Jungs und über Brüste (oder, besser gesagt, über nicht vorhandene Brüste), die Gespräche über Sex, die Streitereien, die tränenreichen Versöhnungen, die Fahrradtouren am Wochenende, die Umarmungen zum Geburtstag, das gemeinsame Grölen von Britney-Spears-Songs, die SMS während der Mittagspausen, die Shoppingtouren nach der Schule, die stundenlangen Telefongespräche über alles und nichts.
    All diese Erinnerungen, immer noch so vertraut. So bedeutungsvoll. Abgesehen von der Tatsache, dass nichts davon wirklich das bedeutete, was du gedacht hattest. Weil alles in Wahrheit eine riesengroße Lüge war.
    Einfach alles. Die schönen Erlebnisse und die schlechten Erlebnisse, die alltäglichen Dinge, die Dinge, die du nicht einmal deiner Schwester erzählen würdest (wenn du eine Schwester hättest). Und obwohl du immer noch verzweifelt daran glauben willst, dass zwischen dir und deiner besten Freundin nie, niemals etwas stehen könnte, musst du jetzt der Realität ins Auge sehen und erkennen, dass diese ganze Freundschaft – diese ganze verrückte Freundschaft – ein einziger großer Witz war.
    Und das Schlimmste daran?
    Der Witz geht auf deine Kosten.
    Das war Sadie. Das war meine beste Freundin. Meine älteste Freundin. Die Freundin, die mich länger und besser kannte als sonst irgendjemand und der ich am meisten vertraut hatte. Sie kannte mich in- und auswendig und besser als ich mich selbst. Sie war die Freundin, bei der ich mich ausgeweint hatte, als mein Wellensittich Crackers auf Nimmerwiedersehen davongeflogen war. Die Freundin, die sich mit mir auf unserem Hausdach ausgestreckt und in die Sterne geschaut hatte, als meine Eltern schon längst im Bett waren. Die Freundin, mit der ich einmal eine ganze Nacht lang gekichert hatte, nachdem wir zufällig entdeckt hatten, dass ihre Eltern einen Playboy-Kanal abonniert hatten. Sie war die Freundin, die mir Tausende von Kartentricks beigebracht und mich zur Beerdigung meiner Großmama Rita begleitet hatte und immer für mich da gewesen war.
    Sadie war diejenige gewesen, die ich anrief, als ich in jener Nacht letzten Sommer durch die Haustür und die Treppe hinauf in mein Zimmer stürmte: am 11. August 2010. Fünfundfünfzig Nächte vor meiner letzten Nacht auf Erden, als mein Herz noch schlug und meine Wangen noch warm waren und ich, sosehr ich mich auch anstrengte, nicht aufhören

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