Weit wie das Meer
oder Einladungen zu privaten Partys zu bekommen, aber sie war immer so sehr beschäftigt, daß ihr kaum Zeit blieb, ihren Ruhm zu genießen. Jetzt betrachtete sie das als eine der Begleiterscheinungen ihres Jobs - eine angenehme zwar, die ihr aber nicht viel bedeutete.
Nach einer Stunde in der Sonne war ihr so heiß, daß sie ins Wasser ging. Sie watete bis zu den Hüften hinein und tauchte unter, als eine größere Welle heranrollte. Das kühle Naß ließ sie nach Luft schnappen, und als sie wieder auftauchte, stand ein Mann neben ihr. »Erfrischend, was?« lachte er, und sie antwortete mit einem Nicken. Er war groß und hatte dunkles Haar, genau die gleiche Farbe wie ihres, und einen Augenblick fragte sie sich, ob er mit ihr flirten wollte. Doch die Kinder in der Nähe schrien nach »Dad!«, und das war das Ende der Illusion. Nachdem sie ein paar Minuten geschwommen war, ging sie zu ihrem Stuhl zurück. Der Strand begann sich zu leeren. Auch sie packte ihre Sachen und machte sich auf den Heimweg.
Im Haus saß Brian vor dem Fernseher und sah sich eine Sendung über Golf an. Deanna las einen Roman mit dem Foto eines jungen, attraktiven Anwalts auf dem Umschlag.
»Wie war’s am Strand?«
»Herrlich! Die Sonne war sehr angenehm, aber das Wasser war ganz schön kalt.«
»Das ist es immer. Ich verstehe nicht, wie manche Leute länger als ein paar Minuten drinbleiben können.«
Theresa hängte das Handtuch über eine Stange neben der Tür und sah zu Deanna hinüber.
»Wie ist das Buch?«
Deanna drehte das Buch um und betrachtete das Foto auf dem Umschlag. »Schön. Das Bild erinnert mich an Brian als junger Mann.«
Brian knurrte, ohne vom Fernseher aufzublicken.
»Wie?«
»Nichts, Liebling, nur Erinnerungen.« Sie wandte sich wieder Theresa zu. Ihre Augen leuchteten. »Hast du Lust auf eine Partie Romme?«
Deanna liebte jede Art von Kartenspiel. Sie war in zwei verschiedenen Bridge-Clubs und legte unentwegt Patiencen. Romme aber war immer ihrer beider Lieblingsspiel gewesen, da es das einzige war, bei dem Theresa Gewinnchancen hatte.
»Gern.«
Deanna schlug das Buch zu und erhob sich aus ihrem Sessel.
»Na, prima«, sagte sie. »Die Karten sind draußen auf dem Tisch.«
Theresa wickelte das Handtuch um ihren Badeanzug und ging nach draußen zu dem Tisch, an dem sie morgens gefrühstückt hatten. Deanna folgte kurz darauf mit zwei Dosen Cola Light und nahm ihr gegenüber Platz. Sie mischte die Karten, teilte sie aus und blickte Theresa an.
»Sieht so aus, als hättest du etwas Farbe bekommen. Die Sonne muß ziemlich intensiv gewesen sein.«
Theresa ordnete ihre Karten.
»Ich hatte das Gefühl, zu verbrutzeln.«
»Hast du jemand Interessantes kennengelernt?«
»Eigentlich nicht. Ich hab gelesen und mich entspannt. Es sind fast nur Familien am Strand.«
»Schade.«
»Warum sagst du das?«
»Naja, ich hatte gehofft, du würdest jemand Besonderem begegnen.«
»Das bist du für mich.«
»Du weißt, was ich meine. Ich hatte gehofft, du würdest einen Mann kennenlernen. Einen, der dich vom Hocker reißt.«
Theresa blickte erstaunt auf.
»Wie kommst du darauf?«
»Die Sonne, das Meer, der Wind. Ich weiß nicht. Vielleicht ist es die zusätzliche Strahlung, die meine Phantasie belebt.«
»Ich habe nicht danach Ausschau gehalten, Deanna.«
»Nie?«
»Nicht richtig, jedenfalls.«
»Aha!«
»Mach keine Affäre draus. So lange bin ich schließlich noch gar nicht geschieden.«
Theresa legte die Karo Sechs ab, und Deanna nahm sie auf, bevor sie die Kreuz Drei ablegte. Deanna redete so wie ihre Mutter, wenn es um dieses Thema ging.
»Immerhin sind es schon fast drei Jahre. Gibt es niemanden im Hintergrund, den du mir vorenthalten hast?«
»Nein.«
»Niemanden?«
Deanna nahm eine Karte vom Stapel und legte eine Herz Vier ab.
»Nein. Aber das geht nicht nur mir so. Heutzutage ist es schwer, jemanden kennenzulernen. Ich habe keine Zeit, um auszugehen und Leute zu treffen.«
»Das weiß ich ja. Ich finde nur, daß du so viel zu bieten hast. Ich bin sicher, es gibt irgendwo den Richtigen für dich.«
»Ich auch. Aber ich bin ihm noch nicht begegnet.«
»Siehst du dich denn überhaupt um?«
»Wenn ich kann. Aber meine Chefin ist sehr anstrengend. Sie läßt mir keinen Augenblick Ruhe.«
»Vielleicht sollte ich mit ihr reden.«
»Vielleicht solltest du das wirklich«, stimmte Theresa zu, und beide lachten. Deanna nahm eine Karte vom Stapel und legte eine Pik Sieben ab.
»Bist du überhaupt mal
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