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Weiter weg

Weiter weg

Titel: Weiter weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Franzen
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neuen Flügel eingerichtet hatte. Sie waren pikiert, dass der Kleine sich jetzt als der große Bruder aufführte. Aber es ließ sich nicht bestreiten, dass sie ihr Leben verpfuscht hatten, und sie waren dankbar für die Opfer, die Joseph ihretwegen auf sich nahm.
    Joseph wiederum missbilligte die laxe Moral seiner Brüder – die Geliebten, die allzu großen Ausgaben. Doch er war loyal seiner Familie gegenüber, und er versuchte, seinen Brüdern den Respekt zu erweisen, den ältere Verwandte verdienen.
    Überdies liefen seine Geschäfte so gut, dass auch er nach und nach lockerer wurde. Er und seine neue Freundin, eine Schönheit aus Arkansas, gaben feudale Partys, und seine Brüder waren meistens so aufmerksam, ein paar Flaschen Wein mitzubringen. Manche murrten, die Partys seien ordinär, manche sorgten sich, dass Joseph insgeheim noch immer prüde sei, doch sie akzeptierten ihn als ihr Familienoberhaupt, und sie vergötterten seine neue Freundin.
    Nach acht Jahren Party wurde es Zeit für Joseph, häuslich zu werden. Er ging davon aus, er werde seine gute, vernünftige Freundin Albertine heiraten, doch Albertine war leider nicht im Mindesten sexy. Eines Abends flirtete Joseph auf der Suche nach einem letzten bisschen Spaß mit Georgina, einer schamlosen Frau aus einer ambitionierten Familie ein paar Häuser weiter; schließlich trieben es die beiden auf dem Rücksitz ihres Geländewagens.
    Am nächsten Morgen kamen Georginas Eltern mit fünf Anwälten zur Villa und sagten, Joseph müsse Georgina heiraten.
    «Aber ich mag sie doch gar nicht!», protestierte er. «Sie ist verwöhnt, dumm und gemein.»
    Doch Georginas Eltern, die es schon länger auf die Villa abgesehen hatten, bestanden darauf – ihm als Ehrenmann bleibe nur die Heirat mit ihr. Und Joseph, der ein Gentleman wie seine Brüder sein wollte und seine acht Jahre lange Dauerparty bereute, heiratete Georgina.
    Wie unglücklich die Villa darauf war! Trotz ihrer eigenen Schamlosigkeit bekundete Georgina Entsetzen ob der losen Moral ihrer Schwäger, und sie scheute keine Mühen, grob zu ihnen zu sein. Sie lud ihre Eltern und die Anwälte ihrer Eltern ein, bei ihr einzuziehen. Sie schalt Joseph wegen seiner großzügigen Ausgaben, gleichzeitig aber nahm sie ihm sein Geld weg und steckte es ihren Eltern zu.
    Es sah aus, als werde die Ehe kurz und unglücklich. Doch dann, eines Abends, warf ein übler Kerl aus einem Armenviertel einen Stein durchs Fenster von Josephs Arbeitszimmer, was Joseph schreckliche Angst einjagte. Als er zu seinen Brüdern ging, erkannte er, dass er sich durch seine Heirat mit Georgina ihre Sympathien verscherzt hatte. Sie sagten, das mit dem Stein tue ihnen leid, aber ein kaputtes Fenster sei nichts verglichen damit, was sie in all den Jahren im alten Flügel der Villa gelitten hätten.
    Während Georgina zu dumm und verwöhnt war, um sich eigene Gedanken zu machen, waren ihre Eltern clevere Opportunisten. Sie hofften, Josephs momentane Furcht ausnutzen zu können, um die Kontrolle über die ganze Villa zu erlangen. Sie gingen zu Joseph und sagten: «Das ist die Logik des Krieges. Du bist das Oberhaupt der Familie, Georgina ist jetzt deine Frau, und nur ihre Eltern können das Haus verteidigen. Du musst lernen, deine nichtsnutzigen Brüder zu hassen und uns zu vertrauen.»
    Die Brüder waren wütend, als sie das hörten. Sie gingen zu Joseph und sagten: «Das ist die Logik des Friedens. Deine Frau ist ein Biest und eine Hure. Solange sie in diesem Haus ist, bist du nicht unser Bruder.»
    Da fasste sich der reiche kleine Bruder an den Kopf und weinte.

    (Übersetzt von Eike Schönfeld)

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    Der Mann im grauen Flanell
    Über den Roman von Sloan Wilson
    Ein klassischer Schauplatz der Literatur, eine kleine Welt, so beruhigend wie das kaiserliche St. Petersburg oder das viktorianische London, ist das vorstädtische Connecticut der fünfziger Jahre. Schließt man die Augen, sieht man Herbstlaub über stille Straßen wehen, sieht man Pendler mit Filzhut, die über die Bahnsteige der New-Haven-Linie strömen, hört man die ersten abendlichen Martinigläser klirren, und dann, nach Mitternacht, hört man die hässlichen Kräche und riecht den verzweifelten oder zweiflerischen Sex.
    Die Annehmlichkeiten wie auch die Frustrationen dieser kleinen Welt finden sich in Der Mann im grauen Flanell . Der Roman, Sloan Wilsons erster, erschien 1955. Er verkaufte sich extrem gut und wurde bald verfilmt, mit Gregory Peck in der

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