Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)
sie auf einmal vor diese Entscheidung gestellt hatte.
» Entschuldigung.« Sie stieg ebenfalls ein, und Anthony fuhr vom Parkplatz herunter. » Ich hatte nur nicht erwartet, dich zu sehen.«
» Das habe ich gemerkt.« Seine Finger umklammerten das Lenkrad. Kurz darauf hielt er vor einem Antiquitätenladen. Sarah folgte ihm in das Geschäft. » Ich muss nur schnell etwas abholen.«
Sarah blickte sich um. Zahlreiche Couchtische und Anrichten drängten sich mit kunstvoll geschnitzten Stühlen, Lampen, Silber-, Kristall- und Porzellanwaren in hohen Glaskabinetten im Raum. Anthony redete mit einem Mann, der aussah wie ein Kobold und ein ansteckendes Lachen hatte. Er fuhr mit der Hand über die Kante eines kleinen Esstischs, der gerade für den Transport verpackt wurde.
» Nettes Stück«, kommentierte sie und ließ ihre Finger über die glatte Oberfläche gleiten. » Gehört er dir?« Sie erinnerte sich vage an zwei Australiana-Stühle mit hohen Lehnen und einer dazu passenden Anrichte, die seine Mutter ihm in seinem ersten Jahr auf Wangallon geschickt hatte.
» Ja, er gehört mir.« Anthony lächelte und blicke sie so lange an, bis sie sein Lächeln erwiderte.
» Ihr junger Mann hat einen guten Geschmack, Liebes. Von dem Moment an, wo er in meinen Laden gekommen ist, habe ich gedacht, na, hier ist mal ein Buschläufer, der an etwas Besseres gewöhnt ist, wenn Sie mir gestatten, das zu sagen.« Der Ladenbesitzer zwinkerte ihnen übertrieben zu.
» Nun, dann lasse ich euch mal zu Ende packen.« Sarah ging hinaus und schaute sich auf der Hauptstraße um. Es gefiel ihr, dass Anthony sich von Anfang an auf Wangallon so zu Hause gefühlt hatte. Er hatte zwar als Cowboy in den Männer-Unterkünften gewohnt und sich das Zimmer mit anderen teilen müssen, wenn während der Schur zusätzliche Leute eingestellt wurden, aber er hatte trotzdem eigene Möbelstücke, die sein Zimmer heimelig machten. Den Spott der anderen Männer über seinen Kram nahm er gutmütig hin. Als er dann vom Cowboy zum Vorarbeiter aufgestiegen war, hatte sich wenig geändert, aber jetzt war er Verwalter von Wangallon. Sarah stellte sich vor, wie der hübsche Eichentisch wohl in ihrem ehemaligen Zuhause aussehen würde. Es war fast so, als ob Anthony das Leben führte, das ihr Bruder hätte leben sollen.
Eine halbe Stunde später lag der Tisch auf der Ladefläche, die Anthony extra mit einer alten Matratze ausgepolstert hatte, und sie fuhren mit gleichmäßiger Geschwindigkeit über die Landstraße. Außerhalb der Stadt bremste er, um durch eine Rinderherde zu manövrieren. Anthony hob die Hand, um die drei Viehtreiber zu begrüßen, die hinter der Herde ritten. Die Tiere waren ausgemergelt. Ihre Knochen standen scharf unter der dünnen Haut hervor, und manche von ihnen machten den Eindruck, als wollten sie jeden Moment umfallen.
» Nur einen Tagesmarsch dahinter kommen noch weitere zweitausend. Ein paar werden sie verlieren, aber es ist besser, sie kriegen hier noch was zu fressen, als dass sie im Norden, wo sie herkommen, sterben.«
Anthony bemerkte Sarahs interessierten Blick und entspannte sich ein wenig. » Dein neues Pferd wird dir gefallen. Sie ist die reinste Schönheit!«
» Ich kann es kaum erwarten, sie zu reiten.«
In West Wangallon trugen Sarah und Anthony den Tisch den Betonweg entlang und stellten ihn neben der Hintertür ab. Sarah scheute davor zurück, das Haus zu betreten, aber sie würde sich albern vorkommen, wenn sie Anthony nicht half.
» Du rufst besser jemanden, der dir tragen hilft«, schlug sie vor.
» Warum? Er ist doch nicht zu schwer für dich, oder? Die zusätzlichen Platten habe ich herausgenommen, und…«
Er brach ab, als ihm sein Fehler bewusst wurde. » Es tut mir leid, Sarah.«
» Es sollte mir eigentlich nichts ausmachen.«
» Doch, es ist mein Fehler. Ich hatte ganz vergessen, dass du nicht mehr drinnen gewesen bist seit…« Anthony brach ab. Keiner der Gordons hatte seit der Überschwemmung mehr hier gewohnt, und Sarah war nicht mehr hier gewesen, seit ihr Vater gegangen war.
Sarah ergriff die Tischkante und bedeutete Anthony, weiterzumachen. Das ist jetzt nicht der Zeitpunkt, um sentimental zu werden, schalt sie sich und biss die Zähne zusammen.
Vorsichtig, damit sie sich nicht Arme oder Finger an den Türrahmen stießen, trugen sie den Tisch ins Esszimmer.
» Was hältst du davon, wenn ich ihn hierhin stelle?«, fragte Anthony, als sie den Tisch schließlich abgestellt hatten.
» Es sieht ganz
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