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Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
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bloßzustellen, hatte ihm bei einem Essen im Hill Hotel bereitwillig erzählt, woher der Reichtum seines Bruders rührte: Viehdiebstahl– auch wenn er eine solche Anschuldigung nur im Flüsterton weitergab, denn der Mann war nie gefasst worden. Matthew Reynolds trug einen eleganten dunklen Anzug mit roter Weste. Aus seiner Tasche hing eine dicke Uhrenkette, und er zog die Uhr häufig heraus, betrachtete sie geistesabwesend und polierte sie mit dem Ärmel. So makellos seine Kleidung auch war, seine Fingernägel waren schmutzig, und er hing schief auf dem Stuhl, als läge er auf dem Sofa.
    Hamish nippte vorsichtig an seinem Rum. Er war an so starke alkoholische Getränke nicht gewöhnt, deshalb nahm er sich in Acht. Zu seiner Überraschung stellte er jedoch fest, dass der Rum ihm schmeckte. Sein Gastgeber war beflissen und nervös, aber er wich Hamishs Blick aus.
    » Die Zeiten sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren, Mr Gordon. Niemand will mehr niedere Arbeiten übernehmen. Es ist schon schwer genug, anständiges Hauspersonal zu finden, und früher oder später lassen sie einen im Stich. Oder aber sie haben ein Kind. Nun, ich habe gehört, Sie haben einen loyalen Mann. Ich kann Ihnen nur raten, halten Sie ihn fest. Halten Sie ihn fest.«
    » In der Tat.« Hamish hob sein Glas, das sofort wieder gefüllt wurde. Anscheinend sollte ihm eine Lektion in Dienstbarkeit erteilt werden.
    » Für unsereinen ist es wirklich hart heutzutage, Mr Gordon. Meine Vorfahren«, Matthew wies auf die Porträts und neigte den Kopf, » meine Vorfahren, Gott hab sie selig, mussten sich niemals mit gewöhnlichen Leuten herumschlagen. Heutzutage jedoch ist es an der Tagesordnung.«
    » Und Land?«, fragte Hamish, der unbedingt von einem Thema sprechen wollte, von dem er etwas verstand.
    » Ja, nun, das ist so eine Sache. Überall sitzen Siedler, und da Sie so wie ich kaufen wollen, werden Sie wissen, wie schwierig es ist, Land zu erwerben.«
    Hamish beugte sich auf dem gut gepolsterten Stuhl vor. » Und was schlagen Sie vor?«
    Matthew spuckte vorsichtig in seine Handfläche und fuhr sich über die dünnen Haare. » Es ist die Rede davon, dass die Regierung das Land erschließen will. So kann es nicht bleiben, sagen sie. Jedes Jahr kommen mehr Leute in unser Land, und wir können nicht zulassen, dass die Siedler es sich einfach nehmen.« Matthew trank einen Schluck Rum, und sein Adamsapfel hüpfte beeindruckend auf und ab.
    » Nein, das können wir nicht zulassen.«
    » Ich bin also auch der Meinung: Das Land muss erschlossen werden. Sollen die Siedler doch über die Zerstörung des Landes lamentieren. Zum Teufel mit ihnen.«
    » Ja, aber mit Land braucht man Vieh«, entgegnete Hamish vorsichtig.
    » Genau, Mr Gordon.« Matthew sprang auf. » Essen!«, brüllte er durch die Esszimmertür. Dann zog er ein schmutziges Taschentuch heraus und wischte sich damit über die Stirn. Er sank wieder auf seinen Stuhl. » Und wenn Sie zum Beispiel an Vieh interessiert wären, könnte ich Ihnen behilflich sein.«
    » Gute Tiere.« Hamish stellte sein Glas ab. » Ich weiß zwar, wie teuer Vieh ist, Mr Reynolds, aber vielleicht könnten Sie mir gute Tiere preiswerter besorgen, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    » Absolut, Mr Gordon, absolut.« Matthew strahlte. » Bitte erweisen Sie mir die Ehre, ein kleines Abendessen mit mir einzunehmen.«
    Das Essen bestand aus gekochtem Schafsfleisch und Kartoffeln und war sehr lecker. Zum Nachtisch gab es Orangen, die Hamish noch nie gegessen hatte. Er langte mit Appetit zu und gegen Ende der Mahlzeit erwiderte er sogar das fettglänzende Lächeln seines Gastgebers. Allein schon wegen des Essens hatte sich der Besuch gelohnt, dachte er, während die Zeit verflog und Matthew ihn mit allerlei Geschichten unterhielt. Anscheinend erfuhr er das meiste von seiner Hure, die bei Sir Malcolm Wiley arbeitete und ihn im Bett ebenso wie bei Tisch bediente. Die Siedler stritten sich den lieben langen Tag mit den Politikern über die geplante Veränderung der Landbesitzverhältnisse, und nach Sir Malcolms Meinung lief das Ganze auf einen Krieg hinaus. Erst letzte Woche waren Flugblätter mit der Aufschrift » Erschließt das Land« an das neue Grundbuchgebäude genagelt worden.
    » Kaufen und verkaufen ist die Zukunft«, betonte Matthew, der sich schon die dritte Orange schälte. » Hier, nehmen Sie das, Sie sind vermutlich geschickter damit als ich.« Matthew reichte Hamish eines der kleinen Silbermesser, die zum Schälen

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