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Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
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offenen Mund.
    Hamish blickte auf die schmutzigen Linien in seinen Handflächen. So war das also, wenn man allein war. Der Geruch von Kräutern stieg ihm in die Nase, Düfte und Bilder seiner Heimat stiegen vor ihm auf, Marys schlanke Gestalt, die sich von ihm abwandte, die felsigen Hügel der schottischen Landschaft. Und dann war da Charlie, er stand so klar vor ihm, als lebte er noch. Die Stufe neben ihm knarrte.
    » Kommst du herein?«
    Hamish ignorierte Dave. Konzentriert blickte er auf einen formlosen Schatten ein paar Meter vor ihm. Der Schatten wirbelte davon und vermischte sich mit der Hauptstraße von The Hill. Charlie war noch bei ihm, wie er es versprochen hatte.
    » Dave, zuerst müssen wir uns waschen. Und dann decken wir uns bei Tootles aus dem Laden mit Stoff für neue Hemden und Hosen ein. Lee soll einen Trank für die alte Schachtel da drüben brauen. Hoffentlich kann sie Nadel und Faden halten.«
    Die Vergangenheit konnte Hamish nicht mehr ändern, aber er konnte Charlies Bitte erfüllen. Er würde sein Leben für sie beide leben, und er würde es erfolgreich tun. Im Gedenken an seinen Bruder würde er etwas aufbauen, und nichts würde ihn aufhalten.
    Ridge Gully war ein belebter Ort. An der breiten, heißen Hauptstraße stand ein großer Eukalyptusbaum, unter dem Kinder mit Murmeln spielten und sich um kostbare Bonbons stritten. Hamish ritt gemächlich die Straße entlang, frisch herausgeputzt in Weste, Anzug und reparierten, auf Hochglanz polierten Stiefeln. Die Kleidung, die nach einer Zeichnung in einem veralteten Katalog geschneidert worden war, hatte einige Zeit in Anspruch genommen, so dass ihre Ankunft sich beträchtlich verzögerte. Das bedeutete jedoch auch, dass sie nicht unbemerkt bleiben würde, was die Blicke der Stadtbewohner bestätigten. Sie bewunderten mit großen Augen seinen Aufzug und vor allem den Chinesen, der zwei Schritte hinter ihm herging. Hamish stellte rasch fest, dass die Informationen von Tootles nicht auf dem neuesten Stand waren. Neben einer Bank befand sich ein zweiter Laden, und weiter hinten an der Straße entstand ein neues Gebäude, das offensichtlich das Grundbuchamt des Bezirks werden sollte. Dave und Jasperson banden ihre Pferde gegenüber von Matthew Reynolds’ Hotel an und machten sich daran, herauszufinden, wo sich ein gewisser Sir Malcolm Wiley aufhielt, ein englischer Farmer, dem sie sich als zuverlässige Viehtreiber aus Victoria vorstellen wollten. Ihr Empfehlungsschreiben, von Hamish nach reiflicher Überlegung verfasst, war unter Zuhilfenahme einer alten Zeitung aus Tootles’ Laden entstanden.
    Hamish besorgte ihnen eine Unterkunft in einer kleinen Pension, die von einer Lorna Sutton geführt wurde. Für Lee hatte sie sogar einen Waschraum.
    » Sie holt ihre Tochter nach Hause.«
    » Du hast wohl gelauscht, Lee?«
    » Du«, Lee kicherte, » sehr reich. Alles Land kaufen. Du bist gute Partie.«
    Hamish blickte sich in Lees feuchter Waschküche am hinteren Ende des kleinen Hauses um. Vor der Tür stand ein Kupferkessel zum Kochen der Wäsche. Reich zu sein, wäre wohl gar nicht so verkehrt, dachte er.
    » Kommst du hier zurecht, Lee?«
    » Hauswirtin viel zu tun.« Lee machte eine eindeutige Bewegung mit den Hüften. » Missus sehr beschäftigt.«
    Hamish musste unwillkürlich grinsen. » Das glaube ich nicht, Lee. Mrs Sutton macht auf mich einen respektablen Eindruck.«
    » Ah, Mister Hamish.« Lee schüttelte den Kopf. » Bist du jetzt Fachmann?«
    » Zumindest Fachmann genug, um zu wissen, dass Lorna Sutton ihr Geld damit verdient, dass sie Mieter aufnimmt.«
    Hamish ergriff den Türklopfer an Matthew Reynolds Wohnsitz und klopfte zweimal. Ein mürrisches, pickeliges Mädchen mit gestärkter Schürze und Haube führte ihn in den Salon, der von einem kleinen Feuer im Kamin nur dürftig erwärmt wurde. Aus den schweren burgunderroten Samtvorhängen und den Stühlen, die mit dem gleichen Stoff bezogen waren, strömte der Geruch nach abgestandenem Essen. Hamish rümpfte die Nase. Abgesehen vom Esstisch, den Stühlen und ein paar Porträts, die ganz bestimmt keine Verwandten darstellten, nach Tootles’ Geschichte der Familie zu urteilen, war der Raum bemerkenswert leer.
    » Ah, Mr Gordon, willkommen in Ridge Gully. Ein Prosit auf Ihre Ankunft.«
    Hamish nahm das kleine Gläschen Rum entgegen und setzte sich. Ihm war sofort klar, dass er sich in Gesellschaft eines Diebs befand. Tootles, der nur allzu begierig darauf war, den verhassten Halbbruder

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