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Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
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Kälbern ein, je näher sie dem Grenzzaun kamen. Was wahrscheinlich zuerst nur ein gerissener Stacheldraht gewesen war, war jetzt über eine Länge von etwa achtzehn Metern ein einziges Gewirr aus zertrampelten Drähten. Es würde mindestens eine Stunde dauern, den Zaun zu reparieren, dachte sie. Eine gute Aufgabe für Colin. Niemand reparierte gerne Zäune.
    Anthony ritt weit vor ihr. Rechts von Sarah jagte Colin einem Stier nach, der sich weigerte, sich wieder der Herde anzuschließen. Sie lenkte die Kühe zum Zaun und wartete ab, bis sie über das kaputte Stück wieder auf dem Weideland von Wangallon waren. Vor ihnen lagen sechs Kilometer, ein guter halber Tag mit Kühen und Kälbern, aber die Tiere mussten zum Flussbett hinuntergetrieben werden, damit sie wenigstens ein bisschen auf die Rippen bekamen. Und wenn es in den nächsten Tagen nicht regnete, mussten sie eben Heu zufüttern.
    Colin tauchte hinter den Bäumen auf und galoppierte hinter dem Stier her, der jetzt auf die Hauptherde zulief. Er war dem Tier dicht auf den Fersen und wehrte geschickt jede Wendung des Stiers ab. Schließlich war es ihm gelungen, ihn in die Herde zu treiben. Er grinste zufrieden und ritt an Sarah vorbei.
    » Na los, treib sie mal ein bisschen an. Wir wollen uns hier doch nicht den ganzen Tag aufhalten«, rief er und ließ seine Stockpeitsche durch die Luft zischen.
    Blaze stieg, als er das Geräusch der Peitsche hörte, und ging durch. Sarah umschloss den Pferdeleib fest mit ihren Beinen und machte sich so klein wie möglich.
    Anthony sah Blaze auf die Bäume zurasen und rief ihren Namen. Er hörte Äste krachen und splittern und galoppierte hinter Sarah her. Als das Gelände unebener wurde, stolperte Blaze über ein Loch im Boden. Sarahs Hut verfing sich in den Ästen eines abgestorbenen Baums, und auch das Band löste sich aus ihren Haaren. Sie hielt sich im Sattel, weil sie wusste, dass Blaze irgendwann schon müde werden würde.
    Anthony fluchte leise, als er Sarah in einer Staubwolke davongaloppieren sah. Aber er hatte den Eindruck, dass Blaze schon langsamer wurde.
    Als Sarah nach vorn blickte, sah sie zu ihrem Entsetzen, dass das hohe Grenztor geschlossen war. » Ho, Junge, langsam!« Aber Blaze reagierte nicht, der Schaum vor seinem Maul flog über seinen Hals. » Oh, Scheiße, Blaze!«
    » Sarah, halt ihn an. Sofort! Ihr schafft das nicht!« Warrigal war fast auf gleicher Höhe mit Blaze, und Anthony streckte schon den Arm nach ihr aus.
    Das Tor war nur noch wenige Meter entfernt, und Blaze war kein Springpferd. Sarah setzte sich auf und zog fest an den Zügeln, die Hacken in die Seiten des Pferds gepresst. Blaze schwankte heftig, aber die Bewegung kam zu spät. Sarah wurde aus dem Sattel geschleudert und flog über den Kopf des Pferds auf den harten Boden. Ein knackendes Geräusch ertönte.
    Anthony war sofort neben ihr und tastete ihren Körper und ihr Gesicht auf Verletzungen ab. Sarah hob die Hand und fuhr sich über den Kiefer. Anthony legte seine Hand über ihre.
    » Aua!«
    » Sarah, bist du okay?«
    Blaze hatte offensichtlich starke Schmerzen. Die rechte Nüster war eine einzige blutige Masse, und auf der Schulter hatte er tiefe blutende Wunden. Das Fell war an einigen Stellen so tief aufgerissen, dass die weißen Sehnen deutlich hervortraten. Als das Pferd vor Schmerz wieherte, sah Sarah, dass das rechte Bein gebrochen war. Sie sah die Totenmaske des Pferdes, das Cameron hätte gehören sollen, und schrie laut auf.
    » Sarah, reiß dich zusammen«, murmelte Anthony. » Hast du dir etwas gebrochen?«
    » Nein.« Mühsam setzte sie sich auf und schüttelte den Kopf. Das Bild ihres Bruders stand ihr vor Augen, wie er am Steigbügel seines Pferds gehangen hatte und durch das Gebüsch gezogen worden war. Damals hatte Anthony zwei Tage gebraucht, um Camerons verletztes Pferd zu finden. Niemand hatte an das Tier gedacht, nur Anthony.
    » Oh, verdammt, Sarah, du hättest dich verletzen können.« Anthony zog sie auf die Füße. Man sah ihr den Schreck an, und möglicherweise hatte sie sich ein paar Rippen gebrochen, aber ansonsten schien ihr nichts passiert zu sein. » Gott, du musst lernen, vorsichtiger zu sein.« Er bürstete ihr den Schmutz von den Schultern und schob ihr die verschwitzten Haarsträhnen aus der Stirn. » Wenn du hier bist, bin ich verantwortlich für dich.«
    » Verantwortlich!« Sarah kniff die Augen zusammen. » Ich habe nicht um einen Wachhund gebeten.«
    » Das hätte auch sowieso nichts genützt.

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