Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
Vom Netzwerk:
aus, denn die Wollpreise fielen weiter. Ihr Finanzpolster schmolz schneller dahin als erwartet, denn das Futter wurde immer teurer. Aber Alice weigerte sich, die Hoffnung aufzugeben. Schließlich hatte sie schon vor langem gelernt, dass sich gute und schlechte Zeiten miteinander abwechselten, und Scheitern war für sie ein Fremdwort. Es gab nur eines, was sie einfach nicht losließ, und das war der Gedanke an Robert. Bis jetzt war sie so mit ihrer Farm beschäftigt gewesen, dass sich ihre Wege nicht gekreuzt hatten. Doch wenn es ihr wirklich gelang, eine erstklassige Zuchtfarm aufzubauen, würde sie ihm früher oder später bei einer Auktion oder Ausstellung begegnen. Schließlich war auch er immer auf der Suche nach den besten Tieren.
    »Die Schafe sind nicht die einzigen sturen Biester hier, wenn du verzeihst, Alice«, meinte Fraser bei einem seiner regelmäßigen Besuche. Er bewunderte Alice für ihren Mut und kam unter dem Vorwand, er wolle einen Blick auf »seine« Schafe werfen, häufig, um auf der Farm nach dem Rechten zu sehen. Außerdem hatte er sich in Marigold verliebt, obwohl er es ihr noch nicht gestanden hatte. »Es ist an der Zeit, dass du deinen Stolz über Bord wirfst, und ein paar Leute einstellst.«
    Alice trieb gerade die Schafe zum Scheren zusammen. »Womit, Fraser? Meine Freundschaft mit Mr. Munro habe ich bereits überstrapaziert. Und die Futtermittelpreise sind schon wieder gestiegen.« Sie wischte sich mit dem Unterarm über die schweißnasse Stirn und schob sich das staubige, vom Wind zerzauste schwarze Haar aus dem Gesicht.
    »Du hast doch nicht etwa vor, die Schafe selbst zu scheren?«
    »Tja, ich kann hier nirgendwo Warteschlangen von Arbeitswilligen sehen, und außerdem habe ich nicht das Geld, um Löhne zu bezahlen.«
    »Ich rede mit meinen Kumpeln«, versprach Fraser.
    Zwei Tage später fuhr ein junger, kräftig gebauter Aborigine vor. Er hatte eine Bierflasche in der Hand. Alice blickte ihm argwöhnisch entgegen, als er über die Weide auf sie zugeschlendert kam.
    »Der Boss schickt mich«, verkündete der junge Mann, nahm noch einen Schluck und sah Alice vielsagend an.
    »Wenn das Frasers Sinn für Humor ist, ich finde das gar nicht witzig«, erwiderte Alice, nestelte an ihrem Autoschlüssel herum und schätzte die Entfernung ab, die sie von ihrem Kombi trennte.
    »Der Boss sagt, Sie brauchen Hilfe mit diesen Viechern.« Mit der Flasche wies er auf die Herde im Pferch. Alice war schon seit Morgengrauen auf den Beinen und nicht in der Stimmung, sich mit einem Betrunkenen herumzuschlagen. Also ging sie das Risiko ein.
    »Wenn Sie wirklich von Fraser geschickt sind und tatsächlich hier arbeiten wollen, werfen Sie zuerst mal das da weg.« Sie deutete auf die Bierflasche, und ihre Augen funkelten zornig. Der Schwarze nahm noch einen Schluck und musterte sie aus den Augenwinkeln.
    »Sie müssen Miss Alice sein. Mein Dad sagt, wenn ich dafür sorge, dass Sie ein bisschen sauer werden, fangen Ihre Augen wieder an zu blitzen wie damals, als ich noch klein war.« Beim Lächeln ließ er weiße Zähne aufblitzen, und er hielt Alice die Hand hin. Alice blieb der Mund offen stehen.
    »Jimmy? Melons Jimmy?«
    »Genau. Mr. Bowen hat ihm erzählt, dass Sie Hilfe brauchen, und deshalb hat Dad mich hergeschickt.« Er drehte die Bierflasche um. »Orangensaft, Miss.«
    »Du heiliger Strohsack!« Alice brach in Gelächter aus. »Dieser hinterhältige Kerl. Ich habe Sie gar nicht erkannt. Beim letzten Mal haben Sie mir gerade bis zum Knie gereicht.«
    Jimmy fing sofort bei Alice an. Mit der Hilfe eines weiteren Handlangers, der bereit war, sich für Kost und Logis nützlich zu machen, sowie von Buddy und einigen seiner Freunde, war das Scheren rasch erledigt. Fraser steuerte weiter gute Ratschläge bei, und so schaffte es Alice, ihr erstes Jahr auf der MerryMaid-Farm durchzuhalten. Doch während sie sich über ihren Erfolg freute, wurde viel über die beiden jungen Frauen gemunkelt, die mit zwei kleinen Kindern allein in der Einöde lebten. Obwohl Bea versuchte, nicht auf die niederträchtigen Gerüchte zu achten, die über Alice verbreitet wurden, weil sie es in einer Männerwelt zu etwas bringen wollte, fühlte sie sich unwohl dabei. Alice zeigte den Tratschweibern einfach die kalte Schulter und weigerte sich, sich von ihrem Ziel abbringen zu lassen. Sie hatte einen Fünfjahresplan aufgestellt und würde ihren Traum wahr werden lassen, ganz gleich, wie viel Zeit und Kraft es auch kosten mochte.

Kapitel

Weitere Kostenlose Bücher