Weites Land der Träume
meine wundervolle, schöne Alice?«
Alice holte tief Luft, denn Beas Warnung gellte ihr noch immer in den Ohren. »Vorher muss ich dich etwas fragen, Robert.« Zögernd wich sie zurück, und das Herz klopfte ihr bis zum Halse.
»Frag, was du willst, und dann sag einfach ja«, antwortete Robert, der wieder neue Hoffnung schöpfte.
»Hast du Katie wirklich gedroht, sie umzubringen, wenn sie Stewwy mitnimmt?«
Robert blieb der Mund offen stehen. »Was?«
»Katie hat Tante Bea erzählt, du hättest sie damit erpresst. Außerdem sagt sie, du seist seit dem Unfall nicht mehr ganz richtig im Kopf«, sprudelte sie hervor.
»Dieses verlogene …« Er holte tief Luft. »Und du hast Katie geglaubt?«
»Nein«, erwiderte Alice mit Nachdruck. »Aber ich möchte wissen, wie sie dazu kommt, so etwas zu behaupten.« Ihr Herz klopfte immer noch. Robert betrachtete erst seine Hände und dann Alice und schwieg so lange, dass sie sich fragte, ob er ihr überhaupt antworten würde.
»Selbst in der allerschlimmsten Situation würde ich niemals solche Drohungen ausstoßen«, begann er. Alice seufzte hörbar auf. Robert hielt inne. »Sie sah keinen anderen Ausweg mehr, da sie sonst keine Macht mehr über mich hatte. Denn weißt du was, Alice? Stewart ist nicht mein Sohn.«
Erschrocken riss Alice die Augen auf. »Was?«
»Nach dem Unfall bin ich fast durchgedreht, weil ich dachte sie bringen ihn um, indem sie ihm die falsche Blutgruppe verabreichen. Aber ich hatte mich gründlich geirrt.« Er erklärte ihr, wie er die Schwester um Bestätigung gebeten hatte und wie es ihm danach wie Schuppen von den Augen gefallen war.
»Ich fasse es nicht«, flüsterte Alice. »Soll das etwa heißen, dass die Nacht vor so vielen Jahren …?« Robert nickte.
»Nein, nein, das kann nicht sein.« Alice wandte sich ab und stürmte über die Weide davon. Die Wut, die in ihr aufstieg, war so unbeschreiblich groß, dass sie sich nicht mehr im Zaum hatte. Katies Bösartigkeit und Verlogenheit kannte offenbar keine Grenzen. Und sie hatte gewonnen. Oh, ja, sie hatte gewonnen. All die langen Jahre hatte sie Alice und Robert ins Gesicht gelacht.
Mit ausdrucksloser Miene stand Robert neben dem abgebrochenen Ast. Er hatte ihr die Wahrheit gebeichtet, doch offenbar glaubte sie ihm nicht.
Plötzlich wurde Alice klar, was sie da gesagt hatte. Sie eilte zu Robert zurück und fiel ihm in die Arme.
»Ach, du armer, armer Liebling«, rief sie aus und küsste ihn leidenschaftlich auf die Lippen. »Natürlich glaube ich dir. Ich konnte nur nicht fassen, wie Katie etwas so unbeschreiblich Gemeines hat tun können … Wie soll ich das wieder gutmachen?«
Mit klopfendem Herzen schloss Robert sie in die Arme und blickte ihr tief in die Augen. »Du könntest ja sagen.«
»Der arme Jo. Ich muss es ihm erklären«, murmelte Alice leise.
»Sag einfach ja«, beharrte Robert.
»Es ist, als würde ich träumen«, stieß Alice mit leuchtenden Augen hervor. »Ja, Robert, ja, ja, eine Million Mal ja.« Ihr Lachen hallte über die überfluteten Weiden, als Robert ihr Gesicht mit Küssen bedeckte. Dann betrachtete er zärtlich die Frau, die er schon seit so vielen Jahren liebte, und konnte kaum glauben, dass sie nun endlich zueinander gefunden hatten.
»Erinnerst du dich an mein Versprechen, dir dein Schloss zu bauen?«
»Wie könnte ich das vergessen?«, flüsterte Alice und kuschelte sich an ihn.
»Diesmal wird nichts mich aufhalten.«
Alice legte ihm den Finger an die Lippen. »Wir bauen es gemeinsam. Wir haben unser Land, wir haben unsere Kinder, und wir haben einander.« Als sie ein Rascheln hörten, drehten sie sich um. »Und außerdem haben wir den Kaiser.« Sie kicherte, als der Kaiser seinen majestätischen Kopf zurückwarf, mit dem Hinterteil wackelte und empört den Abhang hinunter in Richtung Stall stolzierte. Alice strich sich die schwarze Lockenmähne aus dem Gesicht und blickte Robert in die Augen.
»Ich habe nicht geglaubt, dass es möglich ist, so glücklich zu sein«, sagte sie lachend und genoss seine Küsse, bis er das Gesicht an ihren Hals schmiegte.
Dann nahm er sie in die Arme und trug sie über die matschigen Weiden, die im Sonnenschein funkelten, zum Haus. Als er sie auf der Veranda von MerryMaid absetzte und ihr von grauem Morast bedecktes Gesicht und ihre mit Schlamm verkrusteten Kleider betrachtete, fand er, dass sie noch nie schöner gewesen war.
»Ich liebe diesen Ort, und ich liebe dich«, murmelte sie, während Robert sie an sich zog, und
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