Weites Land der Träume
sich kahle geschwärzte Baumstämme aus den Rauchschwaden, die jederzeit ohne Vorwarnung umstürzen konnten. Die bereits gefallenen Bäume lagen, umgeben von glühenden Holzstückchen, auf dem Boden. Dahinter stand das Wrack des ausgebrannten Autos. Wieder war es die Erinnerung an die Worte ihrer Mutter, die Alice riet, den Ort zu verlassen, der ihnen das Leben gerettet hatte, und abgebrannten Boden aufzusuchen.
Sie spürte, wie die Hitze durch die dünnen Sohlen ihrer Schuhe drang, während sie die verkohlte Weide überquerten und das Flussbett hinaufkletterten. Oben angekommen, drehten sie sich um und sahen, dass das Haus inzwischen in Flammen stand. Energisch drängte Alice ihre Tränen zurück. Dann kehrte sie dem Zuhause, in dem sie so viel Schönes erlebt hatte, den Rücken und ging mit Matty auf dem Arm und Ben fest an der Hand davon.
Verhältnismäßig sicher von einem verkohlten Baumstumpf oben auf dem Hügel beobachteten die beiden, wie ihr Zuhause dem Erdboden gleichgemacht wurde. Tränen der Hilflosigkeit rannen Alices Wangen hinunter und tropften ihrem Bruder auf den Kopf, als sie sich dicht aneinander drängten. Matty leckte ihnen abwechselnd das Salz von den Gesichtern. Plötzlich, als ob der Himmel mit ihnen fühlte, begann es zu regnen. Zuerst waren es nur vereinzelte Tropfen, die man fast mit in der Luft schwirrenden Insekten hätte verwechseln können. Dann prasselte ein heftiger Schauer auf sie hernieder und durchweichte ihre schmutzigen Schuluniformen bis auf die Haut. Es gab kaum etwas, das sie vor der Sintflut hätte schützen können. Alice kauerte sich auf den Boden und zog den bibbernden Ben an sich, um ihn zu wärmen. Matty schmiegte sich eng an die beiden. Ganze dreißig Minuten lang öffnete der Himmel seine Schleusen und löschte die glühenden Funken, die im ersterbenden Licht zischend Dampfwolken ausstießen.
Schließlich ließ der Regen nach. Alice hob den Kopf und spähte in die Dunkelheit. Dann spitzte Matty die Ohren. Plötzlich schoss er unter Alice hervor und verschwand, aufgeregt bellend und mit wedelndem Schwanz sauste er den Hügel hinunter. Mit klopfendem Herzen sprang Alice auf. Auch sie hatte den Pickup gehört. Als sie sich suchend umblickte, überkam sie Erleichterung. Der Mann, der zwischen den Ruinen herumging, war unverkennbar ihr Vater.
»Es ist Daddy! Es ist Daddy!«, rief Alice aus und klatschte in die Hände. Sie und Ben rannten den Hügel hinunter, so schnell sie ihre Beine trugen, und schrien und winkten dabei, bis ihnen die Lungen schmerzten. Doch es war zu dunkel, und der Wind trug ihre Stimmen davon. Ganz gleich, was sie auch taten, ihr Vater bemerkte sie einfach nicht, und sie mussten verzweifelt zusehen, wie er kehrtmachte und zum Wagen ging. Hinter ihm hatte der Himmel eine leuchtend orangene Färbung angenommen, als wolle der Sonnenuntergang der angerichteten Verwüstung trotzen. Alice wurde von Verzweiflung überwältigt, als sie den Motor hörte und sah, wie der Pickup sich langsam in Bewegung setzte. Nun wusste sie, was Hoffnungslosigkeit bedeutete.
Doch im nächsten Moment musste sie trotz ihrer Tränen lachen. Sie fasste Ben bei der Hand und rannte los. Matty war blitzschnell über die Weide gelaufen und sprang nun bellend umher. Alice sah, wie ihr Vater die Wagentür öffnete und Matty ihm in die Arme sprang. Thomas stieg aus und blickte suchend über die Weide. Inzwischen war Alice nah genug herangekommen, um sein Gesicht zu erkennen, in dem sich Ungläubigkeit abzeichnete.
»Daddy! Daddy!«, rief sie.
Nun hatte er sie auch wahrgenommen, eilte auf sie zu und war mit wenigen Schritten bei ihnen. Er schlang seine großen, kräftigen Arme um Alice und Ben, und dann schmiegten die drei sich aneinander und weinten vor Freude, Trauer und Erleichterung. Von Schluchzern geschüttelt, berichtete Alice ihrem Vater von den tragischen Ereignissen, die in wenigen kurzen Stunden ihr Leben zerstört hatten. Anschließend klammerten sich die Menschen, die von der kleinen Familie noch übrig waren, aneinander und vergossen gemeinsam bittere Tränen.
Nach dem Feuer unterstützten die Bewohner des Städtchens die Familien, die alles verloren hatten, und stellten ihnen Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung. Alice, Ben und ihr Vater waren im Nachbarstädtchen untergebracht worden. Inzwischen war eine Woche vergangen, und nun saßen sie auf der Veranda der Familie Adams und beobachteten den Sonnenuntergang.
Mr. und Mrs. Adams konnten nur allzu gut
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