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Welch langen Weg die Toten gehen

Welch langen Weg die Toten gehen

Titel: Welch langen Weg die Toten gehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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unheimlich wären. War nur Spaß. Jetzt aber erzähl mir von der Plauderei mit Mr. Fettwanst. Und von den Zwillingen, du hast sie heute Morgen doch besucht? Wie sehen sie bei Tageslicht aus?«
    Sie unterhielten sich noch ein paar Minuten. Danach stand Kay auf und ging durch die Verbindungstür, die zur geräumigen Hotellobby führte, dessen eine Wand fast ganz von einem offenen Kamin aus dem siebzehnten Jahrhundert eingenommen wurde, in dem das Feuer des einundzwanzigsten traurig unangemessen wirkte. Am Kamin, in einem tiefen Sessel versunken, saß ein Mann, der hinter dem
Daily Mirror
entweder las oder schlief. Kay ging zur Rezeption, die von zwei jungen Frauen besetzt war, einer Blonden und einer Brünetten, die einander so ähnlich sahen, als wären sie geklont. Die Blonde begrüßte sie überschwänglich.
    »Hallo, Mrs. Kafka. Wie geht es Ihnen?«
    »Wunderbar«, sagte Kay. »Ich gehe zur Suite hoch und werde auf dem Laptop arbeiten, wären Sie so freundlich, mir ein paar Sandwiches hochzuschicken?«
    »Natürlich, Mrs. Kafka«, sagte die junge Frau und griff nach dem Schlüssel. »Wünschen Sie eine spezielle Füllung?«
    »Von allem etwas, das wäre nett. Danke.«
    Kay entfernte sich, und die Blonde zog die Augenbrauen hoch, während ihre Kollegin lautlos die Worte formte: »Eine spezielle Füllung! Du freches Miststück!« Beide kicherten.
    Edgar Wield senkte seine Zeitung und sah Kay nach, die in den Aufzug stieg. Kurz darauf schwang daneben die Tür zur Bar auf, worauf er einen kurzen Blick auf Edwin Digweed erhaschte, der bei einer Gruppe fader Männer mit stockfleckigem Haar saß. Dann schloss sich die Tür hinter einem jungen Kellner mit goldener Haut, pechschwarzem Haar, sinnlich-braunen Augen und einem Gesicht, gegenüber dem Jupiter ziemlich alt aussah.
    »Hey, Manuel«, rief die blonde Empfangsdame. »Ein Job für dich.«
    »Was! Ich hab zu tun, keine Zeit«, erwiderte er, ohne seine eleganten Schritte zu verlangsamen.
    »Keine Zeit für Mrs. Kafka?«
    Nun verlangsamte er seine Schritte doch und ging zur Rezeption.
    Die jungen Frauen sprachen mit ihm so leise, dass Wield es nicht hören konnte. Kurz darauf lachte der Kellner, entfernte sich und rief ihnen über die Schulter noch zu: »Keine Sorge, ihr kommt auch noch dran.«
    »Der liebt nur sich selbst«, sagte die Brünette.
    »Warum auch nicht? Hätte nichts dagegen, ihn dabei tatkräftig zu unterstützen, du etwa nicht?«, sagte die Blonde.
    Sie warf einen Blick zum offenen Kamin, sah, dass Wield sie beobachtete, ein Lächeln zog sich über ihr Gesicht, und sie winkte ihm zu. Er winkte und lächelte zurück.
    »Du willst doch nicht auf Lesben umsteigen, oder?«, sagte Digweed, der, von Wield unbemerkt, aus der Bar erschienen war.
    »Das ist Doreen, das Mädel von Tom Uglow aus dem Dorf«, sagte Wield.
    »Ja, weiß ich«, entgegnete Digweed etwas gereizt. »Mal sehen, ob wir sie dazu bringen können, uns ein paar Sandwiches zu besorgen.«
    Er ging zur Empfangstheke und sprach mit den Mädchen.
    Als er zurückkehrte, sagte er: »Wird ein wenig dauern. Der Kellner ist im Moment gerade beschäftigt.«
    »Zweifellos«, sagte Wield.
     
    Zwanzig Minuten später hatte Wield sein Bier ausgetrunken und war, nachdem noch ein Nachmittag voller Arbeit vor ihm lag, auf Preiselbeersaft umgestiegen, der ihn, davon war sein Lebensgefährte überzeugt, zu einem großen, starken Jungen heranwachsen lassen würde. Wenn das Essen nicht bald käme, ging ihm durch den Kopf, würde er eben ohne fahren.
    »Was machen die bloß mit den Sandwiches?«, grummelte Digweed. »Müssen die vorher noch die Milch für den Käse rühren? Hier ist ja der Geschäftsführer. Ich werd mal ein Wörtchen mit ihm reden.«
    Ein stattlicher Mann in Nadelstreifenanzug war hinter der Rezeption aufgetaucht und sprach mit den beiden Mädchen. Digweed erhob sich, doch noch bevor er sich aus dem Sessel geschält hatte, ging die Aufzugstür auf, und ein hübscher junger Kellner tauchte auf, der wie das Abziehbild für den Zorn des Achill aussah. Als der Geschäftsführer ihn entdeckte, spitzte er die Lippen und rief ihm zu: »Manuel, wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst den Bedienstetenaufzug nehmen.«
    Der Kellner sah noch nicht mal in seine Richtung, sondern ging zum Hauptausgang und machte dabei eine Handbewegung, deren Bedeutung im ländlichen Mid-Yorkshire ebenso eindeutig war wie im urbanen Spanien oder sogar im homerischen Griechenland.
    Digweed ließ sich wieder in seinen

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