Welch langen Weg die Toten gehen
paar Jahre, dann werden sie es wissen.«
Sie lächelte ihn liebevoll an. »Wir reden so viel über mich. Wie geht es
dir
, Andy? Bist du noch mit deiner Freundin zusammen?«
»Cap? Aye, sozusagen.«
»Sozusagen? Das klingt nicht besonders optimistisch«, sagte sie besorgt.
»Nein, ich meine damit nur, dass wir nicht zusammenleben. Nicht ständig jedenfalls. Jeder braucht Platz für sich, so sagt man doch? Jedenfalls ist sie im Moment nicht da.«
»An ihrem Platz?«
»So ähnlich. Sie demonstriert.«
»Nicht zu viel, hoffe ich?«
»Kommt mir manchmal so vor. Ich hab meinen Burschen Pascoe immer damit aufgezogen, dass seine Missus zu diesen Agitprop-Weibern gehört. Gott hat ein Faible für Scherze.«
»Weil du jetzt auch so eine hast?«
»Weil ich
die eine
habe. Tierschutz, Umwelt, das ganze Zeugs. Wenn sie sagt, sie sei ein paar Tage weg, aber nicht erzählt, wohin sie will, hör ich auf, die Zeitung zu lesen, damit ich nicht erfahren muss, dass Sellafield in die Luft gesprengt wurde.«
»Deine Frauen machen dir nichts als Ärger, Andy.«
»Nein, die, die ich als meine ansehe, sind den Ärger zehnmal wert«, sagte er lächelnd. »Wie steht’s mit deinem Mann?«
»Er ist ebenfalls fort. Nur für einen Tag. Geschäftlich in London.«
»In London. Der arme Kerl«, sagte Dalziel mitfühlend. »Na ja, er wird heute Abend ja wieder in Gottes eigenem Land sein.«
»Dafür, schätze ich, muss er schon ein wenig weiter reisen«, sagte Kay.
Dalziel musterte sie eindringlich. »Hat er Heimweh? Hab ihn nie als so jemanden eingeschätzt.«
»Es fing nach den Ereignissen im September letzten Jahres an. Er meint, er müsste jetzt dort sein. Die Planwagen zur Wagenburg zusammenstellen, so in der Art.«
»Und du?«
»Du kennst mich, Andy. Ich will hier sein, aus einer Vielzahl von Gründen.«
»Und seit letzter Nacht sind zwei weitere dazugekommen?«
»Genau. Und ein ganz großer sitzt mir gegenüber.«
Die Wangen des Dicken erglühten kurzzeitig, was auf einem weniger wuchtig geschnittenen Gesicht als Erröten durchgegangen wäre.
Er schob den Stuhl zurück. »Ich mach mich mal lieber auf den Weg.«
»Du willst keinen zweiten Drink mehr?«
»Nein. Einer reicht, wenn ich fahre«, sagte er tugendhaft.
»Du meinst, es gibt in Mid-Yorkshire einen Polizisten, der es wagen würde, dich ins Röhrchen pusten zu lassen?«
»Es gibt ein paar, die warten nur auf eine solche Gelegenheit«, sagte er. »Kommst du mit?«
»Ich werde noch eine Kleinigkeit essen. Du bist dir sicher, dass du mir nicht Gesellschaft leisten willst?«
»Keine Sorge. Hier schneiden sie dir vom Sandwich die Rinde ab.«
Er erhob sich. Auch Kay stand auf, beugte sich über den Tisch und küsste ihn leicht auf die Lippen.
»Danke, Andy«, sagte sie.
»Wofür?«
»Dass du mein Freund bist.«
»Oh aye. Ist das alles?«
»Das ist viel. In den Pubs werde ich deshalb immer sofort bedient.«
»Kann dann ja nicht so schlecht sein. Pass auf dich auf. Und ruf an, wenn dich was beunruhigt.«
Er ging hinaus auf den Parkplatz. Im Wagen steuerte er nicht direkt die Ausfahrt an, sondern fuhr langsam um das Gebäude, bis er die Thunderbird entdeckte.
»Genieß dein Essen, Sergeant«, sagte er. Dann fuhr er davon.
Im Wintergarten drückte Kay Kafka auf eine Taste ihres Handys. Sie musste aber etwas warten, bis sie endlich eine Antwort erhielt.
»Hallo, Tony, ich bin’s. Stör ich dich beim Essen?«
»Nicht so, wie das Essen mich stört«, sagte Kafka. »Du solltest dieses Lokal mal sehen – wenn es denn möglich wäre, Frauen sind hier nämlich nicht zugelassen. Ich komme mir wie in einer Filmkulisse vor oder in etwas, was sie vom National Trust ausgeliehen haben, um ausländisches Gesocks zu beeindrucken. Also, irgendwas Neues vom Mr. Fettwanst?«
»Alles in bester Ordnung. Haben sie dir gegenüber etwas erwähnt?«
»Noch nicht, aber hier kommt man erst auf das Wesentliche zu sprechen, wenn die Suppe serviert wurde. Suppe! Wenn du auf der Suche nach einem Massenvernichtungsmittel bist, dann liegst du damit richtig!«
»Tony, du bist vorsichtig mit dem, was du sagst?«
»Du kennst mich. Die Diskretion in Person. Außerdem bin ich in Unterzahl.«
»Ich dachte, es wäre nur Warlove da.«
»Er hat diesen Typen Gedye mitgebracht. Der wie ein High-class-Leichenbestatter aussieht und einen ständig von oben bis unten mustert.«
»Tony, werde nicht neurotisch.«
»Nur weil ich neurotisch bin, heißt das nicht, dass diese Drecksäcke nicht
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