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Welch langen Weg die Toten gehen

Welch langen Weg die Toten gehen

Titel: Welch langen Weg die Toten gehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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als wollte sie ihr damit das Stichwort liefern.
    Die jüngere Frau ergriff die Gelegenheit und legte zu Pascoes Erleichterung etwas mehr Tempo in den Erzählfluss.
    »Ich war noch im Bett, wohl noch immer ziemlich geschockt von letzter Nacht. Jedenfalls stand ich auf, habe mich mit Tante Vinnie offen ausgesprochen, woraufhin wir beschlossen, hierherzukommen und alles aus erster Hand zu erfahren. Zuerst fuhren wir jedoch raus nach Cothersley zu Sue-Lynn. Die reine Zeitverschwendung. Keine Spur von ihr. Wahrscheinlich war es ihr Tag beim Kosmetiker, um die Bikinizone auf Vordermann zu bringen. Aus irgendeinem Grund schlug Tante Vinnie vor, zur Hall zu fahren und nach Kay zu sehen, aber auch die war nicht da, wofür ich sehr dankbar war. Dann ging’s zum Krankenhaus und zu Helen. Wir haben sogar angehalten, um Blumen zu kaufen, aber die Mühe hätten wir uns sparen können. Die Yankee-Schlampe war schon vor uns da, und das ganze Zimmer sah aus wie die Kew Gardens. Wir waren also bei Helen – Jase tauchte noch auf, als wir gerade gingen, mussten mit ihm also auch noch quatschen –, dann zur Bullerei, aber da war keiner, der im Rang über einem Laufburschen stand, deswegen sind wir hierher und haben Glück gehabt. Bringen Sie uns auf den neuesten Stand, Chief Inspector.«
    »Ich werde Ihnen leider nicht sehr viel mehr sagen können«, sagte Pascoe. »Die Ermittlungen werden in größter Eile vorangetrieben. Jeder gewaltsame Tod wird per se als verdächtiger Todesfall behandelt, hier allerdings kann ich Ihnen sagen, dass aufgrund der vorläufigen gerichtsmedizinischen Untersuchungen nichts unserem ersten Eindruck widerspricht, dass Ihr Bruder sich das Leben genommen hat.«
    »Und das war’s dann?«, sagte Cressida ungläubig.
    Was, ging Pascoe durch den Kopf, erwartet sie denn noch zu hören, wenn
das
nicht alles ist?
    Aber er war mit den Irrationalitäten des Schmerzes so weit vertraut, um sich seine Gedanken nicht anmerken zu lassen. »Im Moment jedenfalls war’s das«, sagte er mit weicher Stimme.
    »Was zum Teufel hat dann ein so hohes Tier wie Sie hier draußen verloren?«, wollte Cressida wissen.
    Das war eine gute Frage und eine, auf die er keine leichte Antwort hatte.
    »Sir …?«, kam es von Novello.
    »Was?«
    »Ich glaube, ich habe ein Geräusch gehört.«
    War sie nur diplomatisch, damit er sich Cress’ Frage entziehen konnte?
    »Wo?«, fragte er.
    Sie sah zur Decke hinauf.
    »Ich schau mal nach. Sie entschuldigen mich, meine Damen.«
    Er ging hinaus in den Flur und von dort zur Treppe. Die Eingangstür stand sperrangelweit offen, darin jedoch war die nicht unerhebliche Körpermasse von Jennison zu sehen, der auf der Treppe stand. Die Chance war gering, dass sich jemand an ihm vorbeigeschlichen hatte. Es sei denn, dieser Jemand war mit einem Hintern bestückt, für den man hätte sterben können.
    Leichtfüßig rannte er die Treppe hinauf und blieb stehen, als er den Absatz erreichte.
    Die Tür zum Arbeitszimmer stand offen. Er erinnerte sich, sie hinter sich zugezogen zu haben.
    Leise ging er weiter und spähte hinein.
    Ein Mann, den er nie zuvor gesehen hatte, hatte sich vor dem alten Plattenspieler, der Pal Macivers Abschiedsmusik gespielt hatte, auf ein Knie niedergelassen und stützte sich auf einen Spazierstock aus Ebenholz mit Silberknauf. Er musste in den Sechzigern sein und war elegant mit einem teuer aussehenden, anthrazitfarbenen Mohairmantel und einem schwarzen Filzhut bekleidet.
    »Was zum Teufel machen Sie hier?«, fragte Pascoe.
    Der Mann erhob sich, nahm seinen Hut ab, wobei sein kräftiges, fast weißes Haar zum Vorschein kam, lächelte und sagte: » DCI Pascoe, nicht wahr? Schön, Sie kennen zu lernen. Laurence Waverley. Ich habe Miss Maciver, beide Misses Maciver, hierher gebracht.«
    »Ja? Dann werden Sie sicherlich wissen, dass es sich hier um einen Tatort handelt, Mr. Waverley. Wären Sie so freundlich, mir zu sagen, was Sie hier ohne mein Einverständnis machen?«
    Der Wechsel im Tonfall war zum Teil eine Sache des persönlichen Stils, ließ sich aber auch auf die Tatsache zurückführen, dass man Mr. Waverley, stand man ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüber, ein großes Maß an Autorität zubilligen musste.
    »Nur ungern gebrauche ich mein vorgerücktes Alter als Entschuldigung, muss aber zugeben, dass mich leichte Prostataprobleme plagen. Auf der Suche nach einer Toilette kam ich hier hoch. Müßige Neugier verleitete mich leider dazu, die Tür zum Arbeitszimmer zu

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