Wellentänze: Roman (German Edition)
und Julia hätte sich liebend gern ebenfalls zurückgezogen, doch Suzy brauchte ihre Hilfe, um ihre äußerst beschränkten Möglichkeiten abzuwägen.
»Wie sollen wir zurechtkommen?«, fragte Suzy, obwohl es nur eine rhetorische Frage war. Sie saßen nebeneinander auf dem Dach des Bootes in der Sonne. »Wir können uns nicht darauf verlassen, immer hilfsbereite Passagiere zu haben. Diese Woche hatten wir großes Glück, dass alle so nett waren. Nächste Woche sind wir nicht voll ausgebucht, aber wenn die neuen Gäste von hinten bis vorn bedient werden wollen, wie sollen wir dann zurechtkommen?«
Julia nagte an ihrer Unterlippe. »Ich glaube nicht, dass man eine ganze Bootsladung von Leuten auf einmal hat, die nicht bereit sind, mal ein Schleusentor zu schließen oder ein Schütz hochzukurbeln, aber denkbar wäre es natürlich.«
»Es würde mir ja nicht so viel ausmachen, wenn wir wirklich ausgebucht wären, doch wir haben nur fünf Reservierungen. Mit fünf Leuten decken wir gerade eben die Unkosten, aber ich muss unbedingt bald schwarze Zahlen schreiben.«
Julia zwirbelte das Ende eines Taus, das säuberlich zusammengerollt auf dem Dach lag. »Hast du für später mehr Reservierungen?«
Suzy nickte. »Hmm. Die Tour Leamington-Oxford ist voll ausgebucht. Falls wir je bis nach Leamington kommen, mit all diesen Schleusen und ohne einen dritten Mann, der uns dabei hilft.«
»Wir müssen einfach langsamer machen und uns nicht so viel für jeden Tag vornehmen. Oder können wir dann den Zeitplan nicht einhalten?«
»Bestimmt nicht. Und wir haben schon genug Sorgen, ohne uns auch noch ständig zu verspäten.«
Julia seufzte. Selbst wenn sie genauso geschickt mit Booten umzugehen verstünde wie Suzy, würden die nächsten Wochen ohne einen dritten Mann sehr lang werden. »Ich rufe meine Mutter an und frage mal, ob sie jemanden kennt.«
»Ich dachte, das hättest du längst getan!«
Julia zuckte entschuldigend die Schultern. »Ich hab’s irgendwie vergessen. Tut mir leid.« Unter Suzys tadelndem Blick konnte sie nicht anders, als weiterzusprechen. »Ich wollte nicht alle möglichen Fragen beantworten müssen – was ich von Fergus halte, ob ich ihn nicht nett fände und so weiter. Ich habe dir doch erzählt, dass sie seit Jahren versucht, uns miteinander zu verheiraten. Es wäre viel besser, sie in dem Glauben zu lassen, dass er uns lediglich das Kochbuch gebracht hat und weitergefahren ist. Was ist mit Joan? Hast du deine Tante schon mal gefragt?«
Suzy nickte. »Sie und Onkel Ralph finden vielleicht jemanden.« Ihre Stimme verlor sich, und Julia gewann den Eindruck, dass Suzy in Gedanken vom Thema abgeschweift war. »Sieh mal!«, murmelte sie. »In dem Kanu da drüben, bei zwölf Uhr.«
Julia warf einen panischen Blick auf ihre Armbanduhr.
»Nicht die Art von zwölf Uhr, du Gans! Ich meine – ach, vergiss es. Er fährt direkt an uns vorbei.«
»Wer fährt an uns vorbei?«
»Der süßeste kleine Leckerbissen, den ich seit einer Woche zu Gesicht bekommen habe.«
Während der nächsten zwanzig Minuten hatte Julia reichlich Gelegenheit zu beobachten, mit welchem Geschick Suzy einen Köder auswarf und ihre erwählte Beute einholte. Sie schrubbten mit Flusswasser das Deck, und Suzy lächelte dem »Leckerbissen« aus den Augenwinkeln zu. Als er zurücklächelte, warf sie den Kopf in den Nacken.
»Komm, Julia, lass uns einkaufen gehen«, drängte Suzy.
»Was? Du meinst, du hast irgendwo noch eine Designerboutique entdeckt? Ich dachte, du hättest deine Dosis für einen Vormittag gehabt.«
»Diese Art Einkäufe meine ich nicht! Ich rede von Lebensmitteln!«
»Lebensmitteln?« Julia hatte bisher nicht gewusst, dass dieser Ausdruck in Suzys Wortschatz vorkam.
»Ja! Es muss doch irgendetwas geben, das du brauchst!«
»Hm, natürlich gibt es das. Aber können wir denn beide gleichzeitig von Bord gehen?«
»Oh, einstweilen ist Fergus ja noch da. Er kann ungebetene Eindringlinge abwehren. Und jetzt komm.«
Wohlwissend, dass sich hinter Suzys plötzlichem Interesse an Essbarem irgendein Geheimnis verbergen musste, schloss Julia sich ihr an, und sie tat es mit Freuden. Ihr ausgeprägter Sinn fürs Praktische sagte ihr, dass es besser sei, in Tewkesbury einzukaufen, wo die Fahrgäste alle mit sich selbst beschäftigt waren, als alles am Samstag zu erledigen; am Samstag hatten sie ihren ersten Gästewechsel, und sie würden wahrscheinlich nicht mehr wissen, wo ihnen der Kopf stand.
Zusammen fielen sie im
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