Wellentänze: Roman (German Edition)
in die Küche zurückrufen, wenn jemand ein gebratenes Ei bestellte.
Im Laufe der Woche verbesserte sich das Wetter ein wenig, und es zog die Passagiere, die sich bisher unter Deck aufgehalten hatten, hinaus ins Freie. Es war keine Schwerstarbeit mehr, sich um sie zu kümmern; sie beschäftigten sich selbst. Und obwohl es nicht viele Schleusen zu bewältigen gab, fassten sie alle mit an, zogen die Boote durchs Wasser und öffneten die Schleusentore, beziehungsweise schlossen sie wieder. Obwohl die beiden Frauen Zeit fanden, einander zu versichern, wie nett die Gäste seien, wenn man sie erst einmal kennen gelernt hatte, gingen sie doch beide weidlich der Frage aus dem Weg, was sie anfangen würden, wenn Fergus sich verabschiedete. Er war jetzt drei Tage bei ihnen, und Julia rechnete jeden Augenblick damit, dass er gehen würde, aber sie wollte ihn nicht direkt darauf ansprechen, um nicht zu riskieren, dass er die Gründe für ihre Frage missverstand.
Nachdem sie gemächlich den Avon hinuntergeschippert waren, ein Unterfangen, das eine Übernachtung in Pershore einschloss – mit Shakespeares England zu beiden Seiten des Flusses –, kamen sie nach Tewkesbury, wo der Avon in den Severn mündete. Alle an Bord, Gäste wie Mannschaft, verliebten sich auf Anhieb in die vielen Fachwerkhäuser, die sich so weit vorneigten, dass sie auf die Straße zu kippen drohten; nicht minder reizvoll waren die kleinen Gässchen, die sich vom Flussufer aus in die Stadt hineinschlängelten, und die goldene Abtei, die mit gelassenem Wohlwollen auf die Stadt hinabblickte.
Suzy, Julia und Fergus wollten sich, während ihre Gäste die Stadt erkundeten, die Abtei ansehen. Aber kurz bevor sie dort ankamen, wurde Suzys Aufmerksamkeit von einer Boutique gefesselt, und sie verschwand, sodass Julia allein mit Fergus zurückblieb.
»Ich bleibe nicht lange weg«, rief sie.
»Das glaube ich erst, wenn ich es sehe«, brummte Fergus und griff nach Julias Arm.
Kaum dass sie durch die Tore der Abtei getreten waren, fühlte Julia sich wie verzaubert. Die Frühlingssonne schien durch die Fenster und überhauchte den goldfarbenen Steinfußboden mit einem sanften Licht. Der ganze Trubel der beiden letzten Monate fiel von Julia ab, und sie fand für einen Augenblick eine tiefe Zufriedenheit. Sie schlenderte zwischen den gewaltigen, goldenen Säulen einher und staunte über deren Pracht und Größe.
Genau in dem Augenblick stimmte jemand eins von Händels Orgelkonzerten an. Die Musik trug sie mit sich, hinauf bis in die schwindelerregenden Höhen der Abtei. Beide, Julia und Fergus, blieben für die Dauer des Stückes still stehen, und erst als der unsichtbare Organist seine Darbietung beendet hatte, führte Fergus sie weiter.
»Komm. Ich muss ein Wort mit dir reden. Mit Suzy auch, falls sie je wieder auftaucht.«
Die Sonne wirkte sehr warm nach der Kühle der Abtei. »Sie macht bestimmt nur einen Schaufensterbummel. Sie hat nämlich kein Geld.« Julia legte sich ins Gras und schloss die Augen. Sie wollte nicht hören, was Fergus ihr als Nächstes eröffnen würde.
Er setzte sich neben sie und zupfte einige Grashalme aus. »Ich muss dringend mein Leben in Ordnung bringen, bevor ich auf den Kontinent fahre. Ich habe schon viel mehr Zeit mit dir verbracht, als ich sollte.«
Julia setzte sich aufrecht hin. Das war ihre Chance, sich für ihre bisherige Übellaunigkeit zu entschuldigen. »Es war sehr nett von dir, dass du überhaupt mit uns gefahren bist. Es tut mir leid, dass ich so war, wie ich war ...«
»Wie denn?«
Ein Gentleman, dachte Julia mit Verspätung, hätte diese Frage nicht gestellt, aber es war ihre eigene Schuld, dass sie ihm die Gelegenheit dazu gegeben hatte. »So verschnupft«, antwortete sie schließlich, obwohl sie in Wirklichkeit meinte: »So stocksauer auf dich.«
Er schien ihre Gedanken lesen zu können. »Nach deiner Karriere als Immobilienmaklerin muss die Arbeit auf den Booten hier eine ganz schöne Umstellung für dich sein.«
Da sie aus seinen Worten förmlich die Stimme ihrer Mutter hören konnte, musste sie lachen. »Der Senkrechtstart war wahrscheinlich nicht halb so senkrecht, wie meine Mutter es dich glauben machen wollte. Sie übertreibt im Allgemeinen furchtbar. Aber es stimmt, es ist etwas ganz anderes als mein bisheriger Job. Es gefällt mir.«
»Dann war ich also der einzige Grund für deine Gereiztheit?«
Julia machte den Mund auf und klappte ihn wieder zu, statt gegen diese Beobachtung zu protestieren. Sie
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