Wellsaga Band 1 (German Edition)
Weiß Nicht, ich kann gar nicht runterschauen, lass uns bitte wieder gehen“, sagte Katja.
„ Hast du Höhenangst?“
„ Eigentlich nicht, mir ist nur der Sturzflug vom Montag in Erinnerung gekommen. Du kannst mir glauben, ich werde nie wieder in ein FrohFly-Flugzeug steigen.“
„ Das ist merkwürdig. Du hast Herrn Martens auf einem FrohFly-Flug getroffen?“
„ Ja. Warum?“
„ FrohFly gehört Lügt Meist oder Frank Glaubtman, wie er sich hier selbst nennt, einem verbannten Wellner. Den meiden wir überall, wo wir nur können.“
„ Dann gehören die Froh-Inn-Hotels auch ihm?“
„ Ja, die gesamten Froh-Unternehmen und noch vieles mehr.“
„ Unglaublich. Aber lass uns bitte wieder nach unten fahren.“
Katja und Weiß Nicht gingen zurück in den Lift.
„ Der Aufzug ist auch von Froh“, sagte Katja und deutete auf das polierte, winzige Schild unter den Knöpfen.
„ Oh, tatsächlich. Froh Aufzugtechnik GmbH“, las Weiß Nicht. „Inzwischen hat Lügt Meist scheinbar überall seine Finger drin.“
„ Was hat er eigentlich getan, dass er verbannt wurde?“, fragte Katja.
„ Er hat alle ständig nur getäuscht. Irgendwann war man es leid und hat ihn weggeschickt.“
„ Aber er ist nicht gefährlich oder so?“
„ Das weiß ich nicht. Ich bin ihm nie begegnet.“
~ ~ ~
Der Lokführer sah den Fahrgästen beim Einsteigen zu. Langsam füllte sich der bereits in die Jahre gekommene blau-weiße Zug.
Die Schienen schlängelten sich von Vorbergen durch ein langes Tal mit vielen kleinen Dörfern durch das Wolfsgebirge, bis sie in Marwen am Meer endeten. Eine dieser wie auf eine Perlenkette gereihten Ortschaften war Ziferntal.
Nachdem Katja und Weiß Nicht ihre Rucksäcke aus den Schließfächern geholt hatten, stiegen sie in den Zug ein und nahmen im Großraumabteil Platz. Separate Abteile, wie Katja sie mochte, gab es nicht.
Die Bahn stand noch ein paar Minuten, bis die Türen zuschlugen und sie sich nach einem schrillen Pfiff gemächlich knarksend in Bewegung setzte.
Auf der anderen Seite des Ganges saßen eine Frau mittleren Alters und ein Mann, der ein wenig älter schien. Die Frau erzählte von den Erlebnissen in der Stadt und dass sie froh war, wieder nach Hause ins Gebirge zu kommen. Die vielen Leute, der ganze Trubel, das war nichts für sie. Der Mann an ihrer Seite stimmte zwischendurch immer mal wieder brummend zu.
Katja hörte mit einem halben Ohr hin und schaute aus dem Fenster. Die Häuser von Vorbergen wurden von tiefgrünen Wiesen abgelöst. Mitten auf den Weiden standen braune Holzscheunen mit großen Toren. Mit den im Hintergrund thronenden Bergen und ihren schneeweißen Gipfeln erinnerte die Aussicht Katja an das schwere Ölgemälde in Omas Wohnzimmer.
Sie sah in die Landschaft und ihre Augenlider wurden schwerer, bis sie sich schlossen.
Weiß Nichts Blick war auf eine Haarsträhne in Katjas Gesicht gerichtet. Es war so, als ob er Wache hielte, auch wenn nichts auf Gefahren schließen ließ.
~ ~ ~
Das Gebirgsmassiv rückte näher. Langsam konnte man auf den steilen Berghängen einzelne Bäume ausmachen. Wenig später passierte der Zug einen großen, dichten Wald und verschwand in einem finsteren Tunnel, um nach ein paar Minuten wieder in einem weiten Tal aufzutauchen. Die Berge waren nun zum Greifen nah.
In immer kürzeren Abständen hielt der Zug. Kein Bahnhof wurde ausgelassen, und Weiß Nicht hatte manchmal Mühe zu erkennen, ob dort, wo sie hielten, überhaupt ein Bahnhof war. Manchmal standen zwischen den Bäumen und Wiesen im Tal nur ein paar Häuser.
Die Frau auf der anderen Seite des Ganges war inzwischen verstummt. Die Bergwelt hatte sie längst wieder.
Plötzlich blieb der Zug auf offener Strecke stehen. Das kann unmöglich ein Bahnhof sein, dachte Weiß Nicht.
Über knirschende Lautsprecher wurden die Reisenden informiert, dass die Fahrt unverzüglich weitergehen werde, sowie die Pferde von den Gleisen verschwunden waren.
Katja wurde von der Durchsage wach und schaute sich etwas erschrocken um.
„ Sorry, ich glaube, ich bin eingeschlafen. Wo sind wir?“
„ Wir stehen irgendwo auf der Strecke. Anscheinend laufen auf den Schienen Pferde herum.“
„ Oh.“
Katja sah aus dem Fenster, konnte aber keine Pferde ausmachen.
Im Zug machte sich Unruhe breit. Zehn Minuten später setzte er sich schließlich in Bewegung, um wenige Meter weiter erneut zum Stehen zu kommen. Es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis es endlich weiterging.
Mit großer
Weitere Kostenlose Bücher