Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
trotz scharfer Verhöre nicht. Sie brachen lieber aus.«
    »Und diese beiden jetzt in Clydes Wagen? Interessant, Kate. Hochexplosiv. Nun ist mir Carrs Laune ganz erklärlich. Was ist aus den beiden geworden?«
    »Wieder entkommen. Die beiden Indianerpolizisten haben die drei im Pop-Auto einfach fortgeschickt, sie von der Reservation verwiesen. Für Clyde Carr lag eine entsprechende Verfügung des Superintendent bei der Polizei, und die Boys hatten falsche Papiere.«
    Eve schalte auf die Uhr. »Die Lunchzeit ist um, Kate.«
    »Leider.«
    Kate Carson räumte ab, und die Kolleginnen querten in Kate Carsons Wagen die Straße, um sich wieder in das gegenüberliegende Bürohaus der Dezernenten zu begeben. Sie beobachteten dabei unter wenigen anderen Passanten den ihnen wohlbekannten Joe King, der auf das Polizeigebäude zuging. In schwarzen Jeans, schwarzer Jacke, den schwarzen Cowboyhut auf dem Kopf, fiel er auf. Im Schaft des rechten Stiefels steckte das Stilett, das derjenige bemerken konnte, der davon wußte, und Eve Bilkins wußte davon. Unter der Jacke pflegte er im Achselhalfter Pistolen zu tragen, deren Besitz ihm zum Selbstschutz erlaubt war. Er war als sehr junger Bursche Mitglied einer Gangsterbande gewesen, hatte sich aber davon getrennt und befand sich daher in steter Lebensgefahr von seiten der Gangs.
    Da Kate Carson, die am Steuer saß, stoppte und das Fenster herunterließ, entschloß sich King nach einigem Zögern, zu dem Wagen heranzukommen.
    »Ärger, Mister King?« fragte Kate Carson, während Eve Bilkins betont unbeteiligt nach der anderen Seite schaute.
    »Warum soll ich Ärger haben, Mrs. Carson?«
    »Weil Sie zur Polizei gehen.«
    »Ein Wagen ist mir abhanden gekommen.«
    »Gestohlen?«
    »Sagen wir, ausgeliehen, als ich gerade auf die Weiden geritten war. Er wird wohl irgendwo abgestellt werden. Ich möchte ihn wiederhaben.«
    »Welchen?«
    »Den Jaguar.«
    »Hay! Verdacht?«
    »Aber nein.«
    »Joe, Sie bleiben immer derselbe. Vielleicht finden Sie das Ding blumenbemalt wieder.«
    Ein Zwinkern huschte über die Augen des Indianers. »Seien Sie nicht so respektlos gegen die Familie Ihres Vorgesetzten, Missis Carson.«
    »Wissen Sie übrigens, Mister King, daß Sie einen Doppelgänger mit Collegebildung haben?«
    Joes Ausdruck veränderte sich; er schaute die Sprecherin nicht mehr an, sondern über seine Umgebung hinweg.
    »Kaufen Sie einen scharfen Kamm, Missis Carson«, sagte er endlich, »die Zeiten sind lausig. Und vergessen Sie nicht den Dienstbeginn. Fraternisieren mit Farbigen und Privatgespräche mit einem Joe King sind für Beamte nicht angebracht.«
    »Bye, Mister King.«
    »Bye.«
    Als Kate den Wagen wieder in Bewegung setzte, um in ihren Parkplatz zwischen den Dienstwagen einzufahren, bemerkte sie dabei zu Eve: »Entschuldigen Sie, daß ich Sie in eine unangenehme Situation gebracht habe. King hat natürlich recht. Aber ich mußte wieder einmal etwas tun, was für die Verwaltung shocking ist. Manchmal kommt das über mich.«

Der Mann, der die Wahrheit spricht
     
    Am Tage nach diesen Ereignissen und Gesprächen stand Eve Bilkins früh auf. Sie wohnte in einem der größeren Beamtenhäuser, das sie mit einem älteren kinderlosen Ehepaar, dem Dezernenten für Wirtschaft und seiner Frau, teilte.
    Sie legte heute, so wie immer, das blonde Haar sorgfältig, gab Rouge auf Wangen und Lippen und pflegte Hände und Nägel. Ihr Frühstück, das sie sich selbst bereitete, bestand seit Jahr und Tag aus nichts anderem als einem gekochten Ei, Butter, Jam, Toast und Tee. Gesättigt und durch sich selbst ermutigt, holte sie ihren Dienstwagen aus der Garage am Haus.
    Die betonierte Straße, auf der sie die Agentursiedlung verließ und in den stillen Präriemorgen hineinfuhr, war eben dieselbe, die Chester Carr auf seiner Besichtigungsfahrt benutzt hatte und auf der er dem Büffelbullen begegnet war. Eve Bilkins nahm heute weder Büffel noch Cowboys wahr. Sie ging auf 56 Meilen pro Stunde, um die Schule, der sie zustrebte, genau zur verabredeten Zeit zu erreichen.
    Das Gebäude der Tagesschule, das anschließende kleine Internat, die Lehrersiedlung, ein nutzloses Staubecken und der Pausenspielplatz für die Schüler lagen im Herbstsonnenschein, sauber und abgezirkelt, wie Kinderspielzeug aufgebaut in der noch immer nicht gebrochenen Wildheit der Prärie. Der Wind hatte sich versteift. Eve Bilkins parkte ihren Wagen auf dem Vorplatz der Schule und band ihr kleines spanisches Dreieckstuch aus Spitzen fester

Weitere Kostenlose Bücher