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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Präriestürmen zu finden, hatte der Urgroßvater sein Lederzelt am Fuß eines Präriehügels aufgeschlagen. Das war vor 80 Wintern geschehen, als die großen Häuptlinge ermordet, Männer, Frauen und Kinder zusammengeschossen waren oder hungerten – und sich der Friede der Unterwerfung über die Prärie gelegt hatte wie tödlicher Mehltau über Gras und Blumen. Der Urgroßvater war aus den Kämpfen heimgekehrt, hatte gewartet und geschwiegen. Als aber die Büffel und die Toten nicht mehr auferstanden, hatte er eine Axt genommen, wie die Watschitschun, die Geister, sie gebrauchten, er hatte eine Blockhütte an dem Hügel gebaut, an dessen Hang sein Zelt gestanden hatte; er hatte Jahr um Jahr gehungert, gegrübelt und mit leiser Stimme von den Taten der großen Krieger und Jäger gesprochen und gesungen, von der heiligen Pfeife, die wohlverborgen war, und von Wakantanka, dem großen Geheimnis. Seine Pferde hatte er im Krieg verloren, er war ein armer Mann geworden. Sein Sohn, der Großvater, züchtete Kühe und erwarb wiederum Pferde, mit den Füllen wurden es zehn. In dem Jahr der großen Heuschreckenplage verhungerten die Kühe, und es blieben zwei Pferde übrig. Das Gras wuchs nach, aber es mangelte an Wasser, und die Watschitschun sprachen viele Worte, um den Großvater zu bewegen, daß er einen Brunnen baue. Er baute ihn, doch verstand er wenig davon, und die Stelle war ungünstig. Der Schacht brach ein; es blieb nur ein Sumpfloch übrig. Der Vater wurde von den Watschitschun geholt; er kämpfte in einem großen Kriege der weißen Männer gegen weiße Männer; er sah und verstand viel von dem, was ihm vorher verborgen gewesen war, und er kam wieder. Aber er war krank geworden, und schließlich starb er. Er war ein starker und zäher Mann gewesen, und sein Siechtum hatte zehn Jahre gewährt. Zwei seiner Kinder wurden von dem Sumpfloch verschlungen, als des Nachts die Lichter darüber tanzten und sie irreführten. Zu der Zeit, als er starb, war das letzte seiner Kinder, sein Sohn Hugh, nicht bei ihm. Die Watschitschun hatten das Kind in ihr Schulgefängnis verschleppt, und der Vater selbst war hinter Mauern und Gitter gebracht worden, weil er seinen Sohn zwei Jahre lang versteckt hatte. Ena, die Mutter und Witwe, war allein geblieben mit der alten Blockhütte und mit dem alten Zelt; sie hütete und pflegte die beiden Pferde, die um ihren Reiter trauerten. Den Namen Ena-ina-yin hatte sie erst um diese Zeit empfangen. Als sie jung gewesen war, hatten Vater und Mutter und Mann sie Hetkala-win, das Eichhörnchen-Mädchen, gerufen, denn sie war zierlich und flink. Nun aber hieß sie Ena-ina-yin »steht eben hier«, denn Abend für Abend und Morgen für Morgen »stand sie eben hier«, oben auf dem Hügel, der Zelt und Hütte schützte, und sie schaute über das Land ihrer Ahnen und wartete auf die Träume, in denen ihr Mann ihr begegnete, und sie wartete, ob der Sohn wieder zu ihr kommen würde, der fern und unter den Feinden allein war. Der Name, mit dem sie an ihn dachte, lautete Mnisol iyaya: der fortgegangen und nicht wiedergekommen ist. Ena-ina-yin hatte 12 Sommer und 12 Winter auf das letzte ihrer Kinder gewartet. Als der Sohn sich ihr wieder gezeigt hatte, war er von einem häßlichen Ausschlag befallen, den sie für einen Zauber der weißen Männer hielt und den sie nicht vertreiben konnte, obgleich sie heilkundig war.
    Sie hatte ihren Sohn nicht angenommen, so, wie eine Vogelmutter, die das Junge verläßt, das von fremder Hand berührt ist. Mnisol iyaya war wieder gegangen, und es währte fünf Sommer und Winter, bis er abermals zu der Mutter und zu der Hütte kam. Fünf Tage und Nächte war es her. Ena-ina-yin hatte die Hütte mit dem Reisigbesen gereinigt und nicht aufgeschaut. Leise war Mnisol iyaya gekommen, still hatte er am Eingang gewartet. Als sie ihn erblickte, erkannte sie ihn.
    Seine Haut war wieder gesund. Das Herz stockte ihr, und ihr Kopf fühlte sich leer an. Sie wankte, aber nur ein wenig. Dann stellte sie den Reisigbesen beiseite und fachte das Holzfeuer in dem kleinen Ofen an, der auch als Herd diente. Sie hatte nichts als Mehl, ein wenig Fett und ein paar getrocknete Beeren zu Hause; daraus bereitete sie ein geschmackloses Mahl, aber der Sohn aß ohne Zögern. So war es gewesen. Fünf Tage liefen dahin. Der Sohn hatte mit der Mutter zusammen das lederne Zelt aufgestellt, denn er mochte nicht in einem Hause sein, und er nannte seine Mutter Hetkala, das Eichhörnchen, denn von dem Namen

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