Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Welt der Elben (Band 2: Weltenriss, Götterwille, Herzblut) (German Edition)

Welt der Elben (Band 2: Weltenriss, Götterwille, Herzblut) (German Edition)

Titel: Welt der Elben (Band 2: Weltenriss, Götterwille, Herzblut) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
Vom Netzwerk:
beiß dich nicht.« Moryn runzelte die Stirn. »Ich würde
gerne flüstern. Nur dann antwortet der Wald.«
    Also schob sie ihren Körper so dicht heran, bis sie seinen
Ellenbogen berührte. Das war ihr dann doch zu dicht, aber bevor sie wieder
abrücken konnte, umgriff er ihr Handgelenk.
    »Jetzt schließ die Augen, und horch!«, forderte er sie mit
ruhiger Stimme auf. Er schien kein Stück außer Atem zu sein.
    Verlegen befolgte sie, was er verlangte. In der Stille hörte
sie ihr Herz heftig pochen.
    »Was hörst du?«, flüsterte er nach einer Weile.
    Sie schwieg.
    »Was?«, fragte er beharrlich.
    »Ein paar Vögel?«
    »Quatsch. Die kannst du auch hören, wenn du laut im Wald
singst.« Moryn richtete sich halb auf und beugte sich über sie. Sie bemerkte
seinen Schatten und öffnete irritiert die Augen.
    »Was dann? Was soll ich hören?«
    »Also ich kann zum Beispiel dein Herz klopfen hören«, sagte
er so ernst, als sezierte er gerade das Innere einer Blüte. »Und dein Puls ist
auch zu schnell.« Er pustete über Heathers Stirn. »Der Wald ist viel sanfter
und leiser. Jetzt schließ die Augen und horch noch einmal!«
    Heather spürte, wie sich Moryn wieder hinlegte. Seine Hand
lag noch immer auf ihrem Handgelenk. Langsam wurde sie ruhiger. Sie hatte sich
sowieso bereits bis auf die Knochen blamiert – er wusste, was sie dachte. Schlimmer
noch, er wusste, was sie fühlte. Daran zweifelte sie keine Sekunde. Vermutlich konnte
sie nichts vor ihm verbergen. Und sie wusste absolut gar nichts über ihn. Er
verbarg seine Gefühle bestens. Aber vielleicht war sie ihm ja auch egal und es
ging ihm wirklich nur um irgendetwas, das sie nicht verstand.
    Ja, was machen wir
hier eigentlich?, dachte sie. Doch anstatt zu protestieren, tat sie, was er
verlangte und horchte auf die Umgebung.
    »Der Wald ist gar nicht still – nicht eine einzige Sekunde«,
flüsterte sie schließlich.
    »Und?«
    »Es ist ein ständiges Rauschen der Blätter zu hören, ein,
äh, ein Grundton, der nie ganz verstummt.«
    »Sehr gut. Das ist die Grundmelodie. Jeder Wald klingt
anders.«
    Sie lauschten eine Weile. Heather hatte gerade das Gefühl,
die Muskeln entspannten sich, und der Wald lullte sie nach dem erschöpfenden
Lauf vollends ein. Da passierte etwas völlig Verrücktes: Das Grundrauschen
verstummte. Moryn umklammerte sofort ihr Handgelenk fester. Und diesmal glaubte
sie zu spüren, was er fühlte.
    Erschrocken riss sie die Augen auf. Sogar das Zwitschern der
Vögel war verstummt. Tief unter ihnen im Boden breitete sich ein zartes Vibrieren
aus, es war nur ganz kurz, dann war der Spuk vorbei, und die Bäume wisperten
wieder wie zuvor.
    Moryn setzte sich auf.
    Sie machte es ihm nach. »Schon wieder?«, hauchte sie.
    Er nickte. »Eigentlich wollte ich dir nur den Wald
vorstellen«, sagte er. Langsam erhob er sich und hielt ihr die Hand hin. »Wir
müssen zurück.«
    Sie ließ sich hochziehen und starrte in seine dunkeln Augen.
Wind blies über seine langen schwarzen Wimpern und ließ sie flattern. Heather
fühlte sich an den Flügelschlag eines wilden Raben erinnert, der in eine Falle
geraten war. Sie war sich sicher, dass Moryn Vorahnungen oder Visionen hatte.
    »Was beunruhigt dich so?«, stammelte sie verlegen.
    Er sah ihr in die Augen. »Frag mich besser nicht.«

10 Boten des
Todes

 
    E s fiel Heather
schwer, ruhig zu sitzen und sich zu konzentrieren. Sie versuchte die Fragen mit
Hilfe von Dreisatz und Prozentrechnung zu beantworten. Doch ihre Gedanken
schweiften immer wieder ab und sie dachte an die kleine Lichtung mit dem samtweichen
Moos und wie sie mit geschlossenen Augen neben Moryn gelegen hatte …
    Er hatte ihr beigebracht, auf ihre Sinne zu horchen. Ohne
ihn hätte sie die plötzliche Stille im Wald gar nicht wahrgenommen.
    Den Rückweg war sie wie in Trance gelaufen.
    Währenddessen hatte Moryn ihr erklärt, dass in den letzten
Wochen viele kleine Haarrisse in der Erdkruste hinzugekommen seien. Betroffen
seien beide Welten – so die jüngsten Erkenntnisse ihrer Botschafter. Jedenfalls
könne er die beginnende Zerstörung für Deutschland nur bestätigen. Im östlich
gelegenen Vogtland und im hessischen Vogelsberg sei es nur noch eine Frage der
Zeit, wann der Boden gewaltig ruckle.
    Sie hatte ihn gefragt, warum die Geophysiker keinen Alarm
schlugen und warum nichts über die Beben in den Zeitungen stand.
    »Tja, wenn der Rheingraben etwas heftiger bebt, dann
berichtet ihr sehr wohl darüber«, hatte er gesagt. »Die Ursache

Weitere Kostenlose Bücher