WELTEN-NEBEL
stand auf und ging zu ihr hinüber, setzte sich dicht neben sie. Das Summen war stärker geworden. War etwa sie es, die seit über einem Jahr seinen Geist heimsuchte? War sie der Grund für sein Hiersein? Der Gedanke beschäftigte ihn so sehr, dass er sie sanft anstieß, um sie zu wecken und danach zu befragen. Sie erwachte und zuckte vor Schreck zusammen, wich sogar ein Stück zurück. Er gab ihr Zeit, ganz wach zu werden. „Du warst das, oder?“
Sie schaute ihn verständnislos an: „Was?“
„ Du bist die, die ich seit langen in meinem Geist spüre? Warum, was willst du von mir?“
„ Du hast recht. Ich habe immer wieder Kontakt zu deinem Geist aufgenommen. Zuerst geschah es zufällig, meine Gabe des Gedankensehens hat ohne mein Zutun eine Verbindung zu dir aufgebaut. Ich wusste nicht, was ich dagegen tun sollte, denn auch wenn ich meine Gabe gut kontrollieren kann, in diesem Fall vermochte ich es nicht. Daher wurde ich immer wieder Zeugin deines Lebens. Das änderte sich, als du in der Wüste warst. Ich hatte Angst, dass du dich dort verlaufen würdest ...“
„ Du hast mir also jene Nachricht geschickt, die mich zum Umkehren bewegte?“
„ Ich habe es zumindest versucht. Über den Erfolg konnte ich mir nicht sicher sein, denn die Verbindungen zu deinem Geist stellten sich danach nicht mehr ein. Daher versuchte ich, sie selbst aufzubauen, allerdings mit mäßigem Erfolg. Du hast dich dagegen gesperrt, oder?“
„ Das ist wahr. Ich dachte, du wolltest mir schaden. Schließlich hatte es diesen Sog in die Wüste gegeben.“
„ Damit hatte ich nichts zu tun, dort müssen andere Mächte am Werk gewesen sein. Was hat dich dazu veranlasst, deine Barriere fallen zu lassen?“
„ Ich hatte das Gefühl, du wolltest mir irgendetwas mitteilen. Ich dachte, du würdest mir bei meiner Suche helfen können.“
„ Welche Suche?“
„ Das weiß ich selbst nicht so genau. Ich spürte nur diese Unruhe.“
Sie nickte, ganz so, als habe sie diese auch verspürt. Wenn sie seine Gedanken gesehen hatte, so war dies nicht weiter verwunderlich. Er sprach weiter: „Ich weiß nicht, ob du es warst, die mir den Weg hierher gezeigt hat, aber jetzt bin ich hier und das hat sicher einen Grund.“
„ Das glaube ich auch, doch vermag ich nicht zu sagen, welchen. Seit ich Kontakt zu deinem Geist habe, frage ich mich immer wieder nach dem Grund dafür. Als die Verbindung zu dir abriss, setzte ich alles daran, wieder Kontakt zu dir zu bekommen, ohne einen Grund dafür nennen zu können. Ich vermute, all dies geschah auf Wunsch der Götter. Allerdings weiß ich nicht, was sie erwarten, nun, da sie uns zusammengeführt haben.“
„ Vielleicht gelingt es uns, das Rätsel zu entschlüsseln. Vorher wüsste ich aber schon gerne, wer du überhaupt bist.“
„ Auch ich habe einige Fragen an dich, denn obgleich ich das Gefühl habe, dich schon eine Ewigkeit zu kennen, weiß ich doch außer deinem Namen nicht viel über dich.“
Und so erzählte er zunächst seine Geschichte. Und sie glaubte ihm. Sie war der erste Mensch auf Martul, der ihm zugestand, aus einem anderen Land zu kommen. Als sie ihm erzählte, wer sie war, wusste er auch, warum. Sie war offenbar die Einzige in diesem Land, die über das Wissen um andere Länder verfügte. Auch hatte sie schon bei ihrem ersten Kontakt zu ihm erkannt, dass er nicht aus ihrem Land stammte. Obwohl sie ihre Aufgabe als Bewahrerin nur grob umriss und ihm nur einen kurzen Überblick über ihr Wissen zur Vergangenheit gab, so wurde ihm doch langsam klar, warum er sie hatte treffen müssen.
Anfangs hatte sie sich gescheut, allzu viel über sich und ihr Wissen preiszugeben, doch sie spürte, dass es richtig war. Vielleicht lag der Schlüssel zu ihrer Aufgabe im Austausch von Wissen. Auch war Btol ihr gegenüber vollkommen offen gewesen, hatte jede ihrer Fragen beantwortet, ohne zu zögern. Sie konnte nicht sagen, wie lange ihre Gespräch gedauert hatte, da sie in der Höhle stets das Zeitgefühl verlor. Sie aßen von den mitgebrachten Speisen, und erst als sie müde wurde, kam ihr in den Sinn, ins Haus zurückzukehren. Der neue Tag war sicher schon weit fortgeschritten.
Jahr 3637 Mond 7 Tag 10
Hort der Bewahrerin, Martul
Er fand sie überaus sympathisch und sie faszinierte ihn auf eine Art, die er schwer beschreiben konnte. Es hatte ihn überrascht, dass sie nur vierzehn Monde älter war als er und dennoch schon bald zwei Jahre alleine hier lebte und das Amt der Bewahrerin
Weitere Kostenlose Bücher