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WELTEN-NEBEL

WELTEN-NEBEL

Titel: WELTEN-NEBEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Buchmann
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sein. Daher beschloss ich, fortzugehen. Als Bauer aber fand ich nirgends Arbeit. Eine Zeit lang war ich Holzfäller, doch die Arbeit ist schwer, ich gab sie auf. In Aaran hoffte ich auf bessere Möglichkeiten. Ich begleitete Warenlieferungen, bisweilen auch Reisende, nahm aber auch jede andere Arbeit an, die sich mir bot. Es war nicht einfach, sein Geld auf diese Art zu verdienen. Als ich noch Holzfäller war, sehnte ich mich zurück auf den Hof meiner Eltern, und als ich in Aaran lebte, wollte ich gerne wieder Holzfäller sein. Welche Entscheidung ich auch immer in meinem Leben getroffen habe, im Nachhinein stellte sie sich immer als die falsche heraus.“
    Sie konnte sehen, wie sehr ihn diese Einsicht betrübte. Doch ihre folgenden Worte waren nicht gelogen, auch wenn sie dazu bestimmt waren, dass er sich besser fühlte: „Nein, als Ihr entschieden habt, mich zu begleiten, war das richtig. Ich bin Euch sehr dankbar, dass ihr mich begleitet. Ohne Euch hätte ich die Reise nicht unternehmen können und meine Suche wäre beendet gewesen, bevor sie noch richtig begonnen hätte. Danke dafür.“
    „ Ich danke Euch. Ihr seid so freundlich und das, obwohl ich Euch belogen habe. Auch muss ich Euch noch für Eure Hilfe nach meinem Unfall danken. Ich weiß nicht, ob ich ohne Euch nicht einige Zehen oder gar das Bein eingebüßt hätte. Vielen Dank.“
    Ganz unverhofft umarmte er sie. Sie war zu überrascht, um zu reagieren. Erst als er sie wieder losließ, fand sie Worte. „Ihr müsst mir nicht danken. Zum einen war es selbstverständlich und Ihr hättet das Gleiche auch für mich getan, zum anderen wärt Ihr ohne mich nicht dort gewesen. Es war leichtsinnig von mir, eine solche Reise im Winter zu unternehmen. Ganz besonders, weil ich solche Kälte nicht gewohnt bin. In Atress wird es nur in den Bergen Winter und ich habe mein ganzes Leben am Meer verbracht.“
    „ Erzählt mir mehr davon, von Atress und von Elung. Man hört so viel über die fernen Länder, doch die Informationen werden so oft weitergegeben, dass man sich auf ihren Wahrheitsgehalt nicht verlassen kann.“
    Sie entsprach seiner Bitte und erzählte ihm von ihrer Heimat, und während sie das tat, verspürte sie zum ersten Mal seit ihrem Aufbruch Heimweh. Wie es ihrer Mutter wohl ging? Auch wenn ihre Reise durch Atress länger gedauert hatte als geplant, so war sie nun wohl wieder zu Hause. Wie sie ihr Verschwinden wohl aufgenommen hatte? In ihrem Brief hatte Ihel sie gebeten, nicht nach ihr zu suchen. Was, wenn sie es dennoch tat?
    Sie besann sich auf Waylens Gegenwart und bemühte sich, ihre Erzählung im munteren Plauderton fortzusetzen. Dieser erwies sich als aufmerksamer und interessierter Zuhörer, seine Zwischenfragen und Bemerkungen ließen Verständnis erkennen. Er mochte nicht gebildet sein, dumm war er aber deswegen noch lange nicht. Fast bedauerte sie, die Unterhaltung beenden zu müssen, um sich zur Ruhe zu begeben. So Waylen Interesse daran hatte, würden sie das Gespräch am nächsten Tag fortsetzen. Dann wäre er an der Reihe, ihr etwas über Cytria zu erzählen, denn so viel ihre Studien ihr auch über die Geschichte dieses Landes verraten hatten, über das Leben der Bevölkerung, über Sitten und Gebräuche wusste sie wenig.
     

     

    Sie folgte dem Licht sechs Tagen lang und je länger sie in dem warmen Glanz dahinschritt, umso mehr hellte sich auch ihr Gemüt auf. Sie konnte sich nicht erinnern, sich jemals so frei und unbeschwert gefühlt zu haben. Obgleich er das Licht nicht wahrnehmen konnte, machte Waylen den Eindruck, als ginge es ihm ebenso. Ihre Hochstimmung wirkte sich auch auf ihre Beziehung zueinander aus. Sie hatten das Gespräch des ersten Abends fortgeführt, waren immer vertrauter mit dem Lebensweg des jeweils anderen geworden. Ihel hatte unter dem rauen Äußeren eine stille, nachdenkliche Seite an Waylen entdeckt, die er eigentlich zu verbergen suchte. Wann immer sie sich zeigte, versuchte er schnell mit einem Scherz oder einer allzu lauten Äußerung von ihr abzulenken. Aber sie war unverkennbar da. Sie wünschte sich, er möge sie nicht länger leugnen, denn sie machte ihn weicher und liebenswerter.
    Doch nun, da sie seine Geschichte kannte, konnte sie seine äußere Härte verstehen. Er hatte es nicht leicht gehabt in seinem Leben. Sein Vater war ein harter, kalter Mann gewesen, unfähig, seinen Kindern Liebe zu geben. Auch Waylens Mutter hatte ihn nicht so geliebt wie seinen älteren Bruder. Die ständige

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