Welten - Roman
CS-Gas, das sie in Nordirland einsetzen. Aber ich hielt lieber die Klappe. Bei schlauen Frauen muss man vorsichtig sein. Besser, man schweigt und bleibt geheimnisvoll, als dass man irgendwelche Witze vom Stapel lässt, die nicht gut ankommen. Wahrscheinlich hat sie den Schmus sowieso schon oft genug gehört.
»Freut mich auch, Connie. Ed - Mr. Noyce - hat gesagt, Sie wollen mit mir reden.«
»Ach?« Leicht verblüfft blickte sie zu ihm hinüber. Wir waren auf der Einweihungsfeier für Eds neue Bude, ein umgebautes Loft in Limehouse mit Blick flussaufwärts. Das Haus an der Küste in Lincolnshire hatte er verkauft, nachdem wieder ein Stück Garten ins Meer gerutscht war. Trotzdem hatte er noch eine Stange Geld dafür gekriegt von so einem Araber, den er flüchtig kannte und der sich nicht mal die Mühe machte, sich das Ganze anzuschauen. Eine Investition oder ein Trick, um Steuern zu sparen. Das Loft war geräumig, mit hohen Decken, weißen Wänden und schwarzen Balken, außen holzverschalt wie ein Jachtdeck, Pfosten und Seile um die Balkone. Hatte bestimmt ein kleines Vermögen gekostet. Die Gegend stand erst am Anfang der Luxussanierung, aber man roch schon den Ansturm der Anleger.
Mitte der Neunziger war das wohl. Ich arbeitete in Eds Brokerfirma, die inzwischen keine Personengesellschaft mehr war, sondern eine GmbH. Seine Anwälte hatten zu dieser Maßnahme geraten. Sohnemann Barney hatte im letzten Jahr mit einigen Hippies auf einer Farm in Wales gelebt, war aber vor kurzem nach Goa gegangen und betrieb dort eine Bar, die ihm sein Dad gekauft hatte. Etwas enttäuschend natürlich, aber offenbar hatte er wenigstens
die Kokssucht in den Griff gekriegt. Auch ich war praktisch clean. Nur zu besonderen Gelegenheiten gönnte ich mir noch eine Nase, und das Dealen hatte ich völlig aufgegeben. War gesünder.
Ziemlich schnell hatte ich rausgekriegt, dass die eigentliche Währung, mit der man aus Geld Geld machte, Wissen war. Informationen. Je mehr Leute man in einer Branche kannte und je mehr man darüber wusste, was sie wussten, desto bessere Entscheidungen konnte man treffen, wenn es um die Frage ging, wann man kaufen und verkaufen sollte. Mehr war nicht dran an der Sache, obwohl das natürlich fast so ist, als würde man sagen, an der Mathematik ist nichts dran außer Zahlen. Immer noch genug Komplikationen, die einen auf Trab halten.
»Mr. Noyce spricht sehr lobend über Sie.« Irgendetwas an ihren Worten brachte mich auf den Gedanken, dass sie doch um einiges älter war als ich.Verwirrend.
»Wirklich? Nett von ihm.« Ich trat ein wenig zur Seite, als wollte ich jemanden vorbeilassen. Doch eigentlich kam es mir nur darauf an, dass sie sich mehr ins Licht drehte. Nein, sie sah ganz jung aus. »Und was machen Sie beruflich, Connie?«
»Ich bin Personalberaterin.«
Ich lachte. »Eine Headhunterin?« Ich schaute kurz hinüber zu Ed.
»Wenn Sie so wollen.« Sie folgte meinem Blick. »Oh, ich will Sie nicht von Mr. Noyces Firma weglocken.«
»Nein? Wie schade.«
»Finden Sie? Sind Sie hier etwa nicht glücklich?« Sie hatte einen Akzent, der schwer einzuordnen war. Mitteleuropäisch vielleicht; aber auf jeden Fall hatte sie einige Zeit in den Staaten verbracht.
»Doch, vollkommen glücklich, Connie. Mr. N und ich, wir haben einfach nur die gleiche Einstellung. Er weiß, wenn mir jemand ein viel besseres Angebot unterbreitet, wäre es dumm von mir, nein zu sagen.« Dann machte ich diese Sache mit den Augen, wenn man den Blick über eine Frau huschen lässt, hinunter bis zur Taille oder mindestens zu den Titten. Zu schnell, um etwas zu erkennen, was man nicht schon aus dem Augenwinkel wahrgenommen hat, aber genug, um ihr zu zeigen, dass man, wie soll ich es ausdrücken, aufgeschlossen für ihre Reize ist, ohne sie gleich von oben bis unten zu begaffen wie ein stilloser Bauer, du verstehst schon. »Ich wollte nur sagen, ab und zu kann eine kleine Verlockung nicht schaden, oder, Connie?«
Ich sollte vielleicht hinzufügen, dass Lysanne inzwischen Geschichte war. Die blöde Kuh war einmal zu oft aus der Wohnung gestürmt, und ich ließ das Schloss austauschen. Jetzt war sie wieder in Liverpool und hatte ein Sonnenstudio. Seitdem war ich so was wie ein Freelancer, das heißt, ich traf mich mit einigen Mädels, aber zu meinen Bedingungen. Viel Sex, aber keine Bindung. Was will man mehr?
Sie lächelte. »Nun, dann wäre vielleicht ein Treffen mit einem meiner Klienten eine passende Verlockung.« Sie reichte mir eine
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