Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
Kehle. Er begann hemmungslos zu weinen. Lange hockte er auf dem harten Boden, unzählige Tränen fielen auf die groben Steine unter ihm und verschwanden sogleich zwischen ihnen. Nur manchmal durchbrach sein verzweifeltes Schluchzen die vollkommene Stille dieses Ortes, in dem sonst nur das leise Flüstern der schrecklichen Köpfe zu hören war.
Neben der überwältigenden Trauer spürte er verzweifelt, wie alleine er nun war. Es machte kaum einen Unterschied, ob er hier war oder in Teanna. Immer war er Verrat und Heimtücke ausgeliefert und es schien nichts zu geben, das ihn davor beschützen konnte.
Er hätte nicht sagen können, wie lange er hier gesessen hatte. Aber irgendwann waren keine Tränen mehr da, die hätten geweint werden können. Die Trauer schien verschwunden. Nur eine dumpfe, brüllende Leere hatte sich in ihm ausgebreitet und schien alles zu ersticken. Fast gleichgültig stand er auf und blickte mit glasigen Augen auf den Berg an Köpfen, welcher in der Zwischenzeit angewachsen zu sein schien. Viele der Köpfe blickten ihn an. Wahnsinnige, traurige und zornige Augen starrten Tyark an, einen kurzen Moment durchzuckte ihn die rasende Angst, dass auch Zajas Kopf darunter sein würde. Rasch richtete er seinen Blick auf den goldenen Thron.
Tyark rief trotzig: »Worauf wartest du? Ich bin hier.«
Er zuckte zusammen als er die vertraute, schreckliche Stimme in seinem Geist spürte.
Ich habe auf dich gewartet, mein Kind. Du bist nun reifer geworden...
Instinktiv drehte er sich um und fuhr zurück. Beinahe wäre er über den Rand der Plattform gestürzt, als er sah, dass hinter ihm plötzlich eine Gestalt stand. Sie war etwa so groß wie er selbst und war in einen dunklen, wallenden Umhang gekleidet. Unter dem Umhang schienen sich Schatten zu bewegen, Tyark konnte schemenhaft einen schwarzen Schuppenpanzer ausmachen, aus dessen Gliedern flüssiger, schwarzer Nebel zu wallen schien, nur um sogleich zwischen den Schuppen zu verschwinden.
Grauen erfasste Tyark, als er sah, dass die Gestalt keinen Kopf besaß. Stattdessen schwebte eine goldene, ausdruckslose Maske über dem Hals, wie Tyark sie einmal in einem Theater gesehen hatte. In den Aussparungen für Augen und Mund lag eine Schwärze, in die Tyark nur wenige Augenblicke lang hineinsehen konnte, bevor er das Gefühl hatte, sich darin für immer verlieren zu müssen.
Die Gestalt streckte die Arme aus und öffnete die gepanzerten Hände. Die Maske schien zu lächeln, obwohl sich ihr Ausdruck nicht verändert hatte.
Leise murmelte Tyark: »Da bist du also...«
Vor ihm stand er, der Dämon, welcher sein ganzes Leben in eines seiner bösartigen Spiele verwandelt hatte. Der Dämon, durch dessen Spiel Zajas Leben ausgelöscht worden war. Brennende Wut durchzuckte ihn und einen Moment dachte er daran, diese Maske aus der Luft zu greifen und sie auf dem Boden zu zerschmettern. Doch noch bevor er seinen Armen den Angriff befehlen konnte, erfüllte plötzlich eine Leere und unfassbare Sinnlosigkeit seinen Geist. Betäubt ließ er seine Arme sinken und bemerkte, dass er kaum noch Sinn darin sah, überhaupt stehen zu bleiben. Selbst zu atmen schien ihm unnötig anstrengend und geradezu überwältigend sinnlos. Tyark sank in sich zusammen. Sein Geist und seine Seele waren vollkommen leer – nur noch der Glaube an die Großen Alten und Ihre Gnade waren als ferne Erinnerungen übrig. Tyark war bereit zu sterben.
Doch so plötzlich, wie er gekommen war, hob sich der Schleier, der sich über Tyarks Geist gelegt hatte und er starrte wie betäubt diese entsetzliche Maske an, in der weiterhin ein leichtes Lächeln verborgen schien. Die Stimme kicherte hohl in seinem Verstand und klang tadelnd.
Eure gewalttätige Natur verlangt ihren Tribut, wer könnte das besser verstehen als ich? Aber widerstehe ihr doch bitte, für den Moment wenigstens. Du wirst hier nicht sterben, Mensch. Und es wäre auch schreckliche Verschwendung. Denn du bist für Größeres bestimmt. Viel Größeres. Ahnst du es nicht bereits? Mache deinen Geist frei von primitiven Urinstinkten! Nur so kannst du deine Aufgabe erfüllen, dein Schicksal! Deine Bestimmung...
Tyark schnaufte erschöpft und schrie die unheimliche Gestalt wütend an, seine Stimme schien aber von der Stille um ihn herum geradezu aufgesogen zu werden: »Du verdammter Bastard! Du hast Zaja getötet! Ich verachte dich! Ich hasse dich! Ich werde kämpfen, egal was es mich kostet! Meine einzige Bestimmung ist, auf deinen Knochen zu
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