Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
leise zu schnarchen. Als Zaja nochmals an ihr rüttelte, entwich unter der Alten ein Schwall Luft mit einem leisen Fauchen. Die Spannung, die sich in der kleinen Stube angestaut zu haben schien, war plötzlich verschwunden. Zaja und Tyark grinsten sich verlegen an und verließen die Hütte rasch.
Draußen atmeten beide erleichtert die kalte Abendluft ein. Betreten blickte Zaja zur dunklen Hütte hinter ihnen. »Trotzdem. Das war... unheimlich.«
Sie schlang die Arme um sich, als ob ihr kalt war.
»Ich...weiß nicht, ob sie tatsächlich das gesagt hat, was wir verstanden haben! Vielleicht hat sie ja auch einfach nur im Schlaf gesprochen? Vielleicht etwas Schlechtes geträumt?«
Tyark zuckte mit den Schultern nickte wortlos. Hoffentlich hatte Zaja Recht.
Als sie in eine leise Unterhaltung vertieft zu den Hütten des Dorfes zurückschlenderten, bemerkten sie die große Krähe nicht, die bewegungslos auf dem Dachfirst hockte und ihnen nachzublicken schien. Das Tier saß noch lange dort und regte sich nicht. Schließlich war ihr dunkles Federkleid nicht mehr von der aufgezogenen Nacht zu unterscheiden, als ob sie zu einem Teil davon geworden wäre.
***
Als Tyark und Zaja bei ihrer Hütte ankamen, sahen sie, wie Pereo gebückt aus der schmalen Türaussparung heraustrat. Als er sie erblickte, kam er sogleich auf sie zu: »Da seid ihr ja endlich! Habe euch überall gesucht! Mandolf lädt uns heute Abend zu sich nach Hause ein.«
Während sie in Richtung Dorfmitte liefen, berichtete Zaja Pereo, was sie die letzten Stunden getan hatten – und ließ auch das seltsame Erlebnis beim Hinausgehen nicht aus.
Pereo wiegelte allerdings ab, da es wohl schon früher vorgekommen sei, dass die Alte Marda seltsames, ja geradezu unheimliches Zeug von sich gegeben hätte. »Manche sagen, Sie stehe in direkter Verbindung zu den Bergen selbst. Oder zu den Gebeinen der Riesen.«, er schnaufte spöttisch, »Ich glaube, sie ist einfach nur verrückt.«
Sein verbliebenes Auge blinzelte. »Sie war schon alt und verrückt, als ich noch ein kleiner Junge war. Ich hatte immer Angst vor ihr. Obwohl sie schon damals fast blind war.«
Einige Zeit später hatten sie sich satt gegessen und saßen um die große Feuerstelle in Mandolfs Haus herum. Mandolfs Vater war zwischendurch heruntergekommen und hatte Zaja zischend als Hexe beschimpft – er konnte von seinem Sohn nur mühsam in sein Zimmer verbannt werden.
Tyark war dabei aufgefallen, wie schwach Mandolf wirkte. Er war bleich und klagte dann auch über Kraftlosigkeit. Sie erzählten ihm von der Alten Marda, doch Mandolf zerstreute ihre Bedenken rasch: »Marda ist...nun, nicht verrückt, wie Pereo sagt, aber sie ist wirklich alt. Und manchmal scheint sie in anderen Welten zu leben. Sie hat schon früher komische Sachen gesagt, manchmal. Wenn auch nicht so etwas...«
Mandolf wickelte sich enger in seine raue Decke und blickte ins Feuer des Kamins. »Merian ist heute Nachmittag gestorben.«
Tyark erinnerte sich – Merian war der letzte noch verbliebene Kranke. Er selbst hatte ihn sich nicht anschauen wollen, aber Zaja war in der vergangenen Zeit einige Male bei dem Mann gewesen. Doch sie hatte ratlos nur dieselbe, geheimnisvolle Krankheit feststellen können. Mandolf fuhr fort: »Einige der Leute machen Tyark und besonders Zaja dafür verantwortlich. Ich denke, mein Vater steckt dahinter. Ich weiß nicht, was mit ihm los ist! Er war nie ein Freund vorschneller Urteile oder gar Verurteilungen. Er war immer ein...weiser Mann, versteht ihr?«
Er bekam einen Hustenanfall.
Pereo atmete tief ein und sagte mit Nachdruck: »Es wird höchste Zeit. Ich werde ins Gebirge aufbrechen. Diese ganze Sache aufklären. Meine Halbschwester bekniet mich jeden Abend...ich muss einfach. Es wenigstens versuchen, nicht wahr?«
Er ballte seine Hand zur Faust und begann, sie mit der anderen zu kneten. Düsteres Schweigen legte sich über die kleine Gruppe, bis Tyark schließlich leise sagte: »Natürlich wirst du gehen, Pereo. Aber nicht alleine. Ich komme mit.«
Zaja ergänzte: »Und ich natürlich auch. Das bin ich nicht nur dem Orden schuldig.«
Pereo nickte stumm. Plötzlich schlug sich Mandolf mit der Hand gegen die Stirn »Natürlich! Noijana! Seltsam, wie konnte ich diesen Namen vergessen! Mir ist einiges gerade eingefallen, als Pereo vom Gebirge gesprochen hat. Mein Vater hat es mir einmal erzählt, ich kann mich aber nur noch grob daran erinnern. Als mein Vater noch ein Kind war, soll Marda eines
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