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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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Die Anforderungen für die Sicherheiten, die die Banken für das Darlehen hinterlegen mussten, waren nämlich äußerst lax. Unter den Pfändern finden sich viele Problempapiere aus der Euro-Peripherie und nicht zuletzt auch staatsgarantierte Bankanleihen, die am Ende das Papier nicht wert sein könnten, auf dem sie gedruckt sind. Das Risiko der gewagten Operation tragen wie immer die Anteilseigner der EZB, also die Staaten und damit am Ende die europäischen Steuerzahler. Doch das sind Petitessen, verglichen mit den möglichen Spätfolgen des Reputationsschadens, den die Zentralbank erlitten hat.
    Seit dem allzu abrupten Schwenk des Frühjahrs 2010 und den nachfolgenden Volten haftet dem Institut der Hautgout an, eine politisch motivierte Zentralbank zu sein. Können die »Währungswächter« diesen Ruch nicht abschütteln, ist der Wert des Euro ernsthaft in Gefahr. Es waren allzu willfährige Zentralbanken, die in Komplizenschaft mit der Politik die große Inflation der Siebzigerjahre provozierten. Die neue Dekade erinnert bereits jetzt in mancher Weise an jene Ära des schwindenden Geldwerts, und die beunruhigenden Parallelen nehmen weiter zu. Eine davon ist besonders eklatant: Ähnlich wie damals Amerika bei der Aufgabe des goldgedeckten Dollar brauchte Europa einen Sündenbock für den angeschlagenen Euro. Und ähnlich wie Richard Nixon im Jahr 1971 fand es diesen Sündenbock in Gestalt der Spekulanten.
Kampf den Spekulanten
    Der 9. Mai 2010 war nicht nur der Tag der großen Zahlen, sondern auch der Tag der starken Worte. Eines davon war »Wolfsrudel«. So bezeichnete der schwedische Finanzminister Anders Borg die Spekulanten an den Finanzmärkten. Dieses Wolfsrudel müsse daran gehindert werden, »schwache Eurostaaten in Stücke zu reißen«, forderte der Schwede stellvertretend für seine Kollegen. Pikanterweise war Anders Borg einst selbst ein Mann der Finanzindustrie gewesen. Auch Angela Merkel ging ab dem 9. Mai zu einer martialischen Rhetorik über, die ihr sonst eher fremd ist. »Die Spekulanten sind unsere Gegner«, sagte sie bei einem Treffen mit Sarkozy, der seinerseits die »Generalmobilmachung« zur Verteidigung der Eurozone ausrief. Der Chef der deutschen Börsenaufsicht BaFin, Jochen Sanio, sekundierte dienstfertig und sprach vor dem Haushaltsausschuss des Bundestags von einem »Angriffskrieg« auf den Euro.
    Es dauerte nicht lange, und die Europäer ließ ihren Worten Taten folgen: Im Frühjahr 2010 verboten mehrere Länder der EU gängige Handelsinstrumente wie ungedeckte Leerverkäufe. Ende 2011 stand schließlich auch eine Finanztransaktionssteuer (gelegentlich nach ihrem Erfinder Tobin-Tax genannt), auf der Agenda. Anderthalb Jahre vorher hatten die meisten Repräsentanten, darunter auch die Regierung Merkel in Deutschland, die Abgabe auf sämtliche Börsentransaktionen rundweg abgelehnt, jetzt machten sie sich dafür stark, sie europaweit einzuführen. Die Abgabe soll nach dem Willen der Regierungen der EU zufließen und damit ihre erste originäre Einahmequelle werden. Ein Land war damit nicht einverstanden: Großbritannien. Jener Staat, der sich als Europas führender Finanzstandort versteht, riskierte unter der Führung von David Cameron sogar einen Bruch mit der Union. Frankreich hingegen will die Abgabe bis August 2012 notfalls sogar im Alleingang einführen, falls sie nicht EU-weit kommt, wie Präsident Sarkozy bei einer Pressemitteilun im Januar 2012 betonte. So oder so hat die Steuer für den Wert des Euro eher symbolischen Charakter, denn gegen einen spekulativen Angriff, mit dem üppige Gewinne zu erzielen sind, würde eine solche Abgabe, die im Bereich von 0,01 bis 0,1 Prozent angesiedelt ist, nichts ausrichten.
    Der Vorwurf, Spekulanten hätten einen Angriffskrieg gegen die Währungsunion angezettelt, ist dennoch so schwerwiegend, dass er eine nähere Prüfung verdient. Unstrittig ist, dass Marktakteure im Frühjahr 2010 große Short-Positionen auf den Euro sowie auf Wertpapiere einzelner schwächerer Länder der Währungsunion aufgebaut hatten.
    Derartiges Short-Selling läuft im Vergleich zu einem »normalen« Börsengeschäft genau entgegengesetzt ab. Die Marktakteure verkaufen Vermögenswerte, die sie gar nicht besitzen oder nur geliehen haben – bildlich gesprochen ist das Depot leer –, in der Erwartung, dass

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