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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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Doch die Kursturbulenzen nötigten die Politik zu einem Tempo, auf das niemand eingestellt und zu dem angesichts der Unpopularität zusätzlicher Zahlungsverpflichtungen für Europa zunächst auch niemand bereit war, am allerwenigsten die deutsche Seite. Im Sommer 2010 erreichten die Umfragewerte der Merkel-Regierung ein historisches Tief. Der Beliebtheitsknick der Kanzlerin lag sicherlich nicht nur, aber auch an ihrer inkonsequenten Währungspolitik.
    Alle Mängel der Eurozone – die Handelsungleichgewichte, die divergierenden Inflationsraten, die unterschiedliche Entwicklung der Konkurrenzfähigkeit, die auseinanderdriftenden Defizit-Kennzahlen – hatten bereits vor dem angeblichen »Angriffskrieg« gegen den Euro, hatten vor dem Jahr 2010 bestanden. Die EU-Oberen hatten die Probleme geschäftig übersehen. Die »Spekulanten« zeigten – zugegeben auf brutalstmögliche Weise – die inhärenten Schwächen, die Konstruktionsfehler der Eurozone auf. Sie ließen Europas Entscheider dastehen wie ertappte Hochstapler. Das erklärt, warum die Politik so aggressiv reagierte. Statt eines Angriffskriegs gegen den Euro gab es in Wahrheit eine 750 Milliarden schwere Präventivaktion gegen die undisziplinierten Marktkräfte.
Fiskalunion – Deutsche Diät für Europa?
    Zehn Jahre nach Einführung des Euro-Bargelds finden die Europäer eine veränderte Währungsunion vor. Aus einer Gemeinschaft von Staaten mit gemeinsamer starker Währung, aber getrennter Haftung, ist de facto eine Haftungsgemeinschaft mit potenziell schwacher Währung geworden. Doch der Euro ist zum Dollar und anderen Währungen auch nicht ins Bodenlose gefallen. Die Stabilisierung des Kurses zeigt, dass der Ausgang der Schlacht ums europäische Geld – dessen Kern immer noch die D-Mark ist – als offen gelten kann. Alles hängt von der weiteren Ausgestaltung der »neuen« Eurozone ab. Noch befindet sich diese in einem formbaren Übergangszustand. Sie ist institutionelles Magma. Die jüngste Antwort der Europäer auf die Krise ihrer Währung (und manche würden sagen: ihrer Werte) ist die immer engere Fiskalunion: Auf dem EU-Gipfel vom 9. Dezember 2011 beschlossen, vereinigt sie alte Forderungen Frankreichs mit denen Deutschlands: Zentralisierung und Kontrolle treffen haushälterische Sparsamkeit.
    Von der Öffentlichkeit wurde das Fiskalpakt genannte neue Vertragswerk als ein Erfolg von Bundeskanzlerin Merkel gewertet. Viele erkannten hinter den Rezepten, die darin festgeschrieben sind, die Vorstellung der »deutschen Diät« wieder. Alle Unterzeichnerstaaten verpflichteten sich, Schuldenbremsen nach bundesrepublikanischem Vorbild zu übernehmen. Das jährliche, um Konjunktureinflüsse und Sondereffekte bereinigte Budgetdefizit (das strukturelle Defizit) eines Landes darf 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht übersteigen. Die Staaten akzeptieren eine Haushaltskontrolle der EU und sogar härtere Strafen gegen Schuldensünder. Hält ein Land seine Sparverpflichtungen nicht ein, wird, anders als im alten Stabilitäts- und Wachstumspakt, automatisch ein Defizitverfahren eingeleitet. Mit diesen Maßnahmen soll gewährleistet werden, dass es künftig nicht mehr zu solchen Schulden-Exzessen wie in der Vergangenheit kommen kann. Denn über kurz oder lang wird eine unkontrollierte und ungezügelte Defizit-Politik auf die Alternative Inflation oder Subvention hinauslaufen: Die starken Staaten, allen voran Deutschland, müssten dann entweder eine Entwertung ihrer Währung in Kauf nehmen, damit die schwachen Staaten ihr Schuldenproblem über die Notenpresse lösen könne, oder sie müssten bereit sein, Milliarden an die Peripherie zu überweisen, damit die ihren Verpflichtungen nachkommen kann. Beides könnte aber selbst in den starken Staaten die Bereitschaft der Bürger zur Euro-Solidarität erodieren und so zum Zerfall der Währungszone führen.
    Der Fiskalpakt, der im Laufe des Jahres ratifiziert werden soll, ist das erste Reformprojekt der Währungsunion, das auch die Kapitalmärkte wirklich überzeugte. Womit keineswegs gesagt ist, dass es ausreichen wird, um die Existenz des Euro zu sichern. Dem Pakt haften einige Schönheitsfehler an: Einer davon ist, dass zwei der 27 EU-Staaten ausgeschert sind – das Vereinte Königreich und Tschechien. Beide stoßen sich an der

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