Weltkrieg der Waehrungen
Stunden nach der Pressemitteilung der EU-Politiker zum Rettungsschirm heraus. Honi soit qui mal y pense.
Die Wirkung des Schlingerkurses ist fatal, und das nicht allein deshalb, weil die EZB mit der Aufgabe der Mindestbonitätsstandards für Pfänder einer tendenziell inflationistischen Geldpolitik den Vorzug eingeräumt hat. Hinzu kommt, dass sie den Eindruck erweckt, von der Politik gesteuert zu werden. Die gröÃten NutznieÃer der marktstützenden Aktion waren französische Banken, die Griechenland-Anleihen im Wert von rund 80 Milliarden Euro auf ihren Büchern hatten, doppelt so viele wie die deutschen Institute. Das mochte Zufall sein oder eben nicht. Bedenklich stimmt auch, dass der Chef der Deutschen Bundesbank, Axel Weber, als Mitglied des Zentralbankrats gegen den Ankauf von Staatsanleihen optierte und seine abweichende Meinung entgegen den EZB-Gepflogenheiten auch öffentlich kundtat. Ein anderer Deutscher, Chefvolkswirt Jürgen Stark, äuÃerte seine Bedenken nicht an der Ãffentlichkeit, aber intern, innerhalb des EZB-Rats. Es war ein letztes Aufbäumen des Geistes der »Buba« innerhalb der Europäischen Zentralbank.
Ende 2011 würden beide der Zentralbank nicht mehr angehören. Axel Weber wechselte an die Spitze der Schweizer GroÃbank UBS, Stark, der anfänglich persönliche Gründe für seinen Rückzug angegeben hatte, nahm später kein Blatt mehr vor den Mund: Er sei »nicht zufrieden, wie sich diese Währungsunion entwickelt hat«, sagte der Mann, der den Euro mit aufgebaut hatte.
Bis Anfang 2012 hat die EZB für rund 220 Milliarden Euro Staatsanleihen gekauft â angesichts des riesigen Volumens des Euro-Rentenmarkts ist das keine überwältigende Summe, doch wird sehr genau zu beobachten sein, ob aus dem Ausnahmezustand ein Dauerzustand wird, ob die Notenbank also zur Notbank degeneriert. AuÃerdem könnte dieses Portfolio von Problembonds leicht zu einem Geldgrab für die Anteilseigner der EZB werden. Denn entstehen dem Institut Verluste, müssen die Eurostaaten dafür einspringen. Selbst wenn die Zentralbanker nur zehn Prozent abschreiben, entspricht das einer Belastung von 22 Milliarden Euro, was das gezeichnete Grundkapital des Instituts um das doppelte übersteigt. Gemäà seinem Schlüssel von rund 27 Prozent am EZB-Grundkapital müsste Deutschland dann für knapp sechs Milliarden Euro aufkommen. Hinzu kommen mögliche Abschreibungen auf die Pfänder, die das Institut bei anderen Geschäften auf die Bücher genommen hat.
Die bisher vielleicht extremste NotstandsmaÃnahme trägt den Namen LTRO. Was in den Ohren mancher wie der Name einer Hard-Rock-Band klingt, steht für eine ungewöhnliche Art von Notenbankkredit, einem Tender, den die EZB im Dezember 2011 und in Februar 2012 in zwei Tranchen anbot. Ãber diese Longer Term Refinancing Operation (wie die LTRO ausgeschrieben heiÃt) konnten sich die Finanzinstitute der Eurozone für drei Jahre â und damit für einen ungewöhnlich langen Zeitraum â Geld von der EZB leihen. Rund 800 Institute nutzten die Gelegenheit und nahmen insgesamt mehr als eine Billion Euro auf. Dank der groÃzügigen Konditionen (ein Tender mit einer Laufzeit von drei Jahren ist ein Novum, und schon gar zu einem Zins von nur einem Prozent) kommen sich die Banken vor wie im Schlaraffenland. Das billige Geld können sie am Markt im groÃen Stil in risikoreiche Anlageformen investieren, die vier Prozent oder mehr abwerfen, und damit eine sehr gute Marge einfahren. Zu den Risiko-Investments, auf die sich die Geldhäuser stürzten, zählten auch südländische Staatsanleihen. Und genau das war beabsichtigt: Durch ÃuÃerungen des neuen EZB-Präsidenten Mario Draghi, der Trichet Anfang November 2011 abgelöst hatte, konnten sich die Häuser dazu aufgerufen fühlen, mit dem Geld hochverzinste Schuldtitel von Euro-Peripherie-Staaten zu kaufen. Es ist so, als hätte die Zentralbank den Kreditinstituten ihre Notenpresse geliehen. Als Folge der Geldflut, die in den Anleihenmarkt strömte, reduzierten sich Italiens Kosten für einen Kapitalmarktkredit mit zweijähriger Laufzeit von 7,5 auf unter zwei Prozent â ohne dass sich politisch in Rom groà etwas geändert hätte. Doch während das Notenbankgeld half, die Verspannungen an den Finanzmärkten zu lösen, hatte der Tender auch eine dunkle Seite:
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