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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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abzupassen, ein Preisniveau, das mittlerweile an der Börse der der Brown-Boden heißt.
    Kaum waren die Verkäufe der Bank of England abgeschlossen, startete die längste und nachhaltigste Goldrallye seit den Siebzigerjahren. Von Notierungen unter 300 Dollar je Unze kletterte der Preis auf bis zu 1921 Dollar im Hebst 2011. Hätte Brown auf die umstrittene Transaktion verzichtet, dürften sich die Untertanen Ihrer Majestät heute um 21 Milliarden Dollar reicher fühlen. Es war fast so, als hätte Brown die Kronjuwelen verscherbelt, und das noch weit unter Wert.
    Angesichts des miserablen Timings von Browns Verkauf wundert es nicht, dass Devisenhändler und Gold-Fans gern über den bärbeißigen Labour-Mann spotten, der es trotz seines epochalen Fehlgriffs später zum Premierminister des Vereinigten Königreichs brachte, jenes Staats, der wie kaum ein anderer in Europa mit der Finanzindustrie in Verbindung gebracht wird. Der Brown-Kontraindikator sei verlässlicher als jede Chart-Analyse, frotzeln die Börsianer. Und ihr Hohn ergießt sich auch auf andere hohe Staatsdiener: Je abfälliger sich ein Spitzenpolitiker über das gelbe Edelmetall äußere, desto besser stehe es um dessen Kurschancen. Inzwischen sind die Stimmen der Entscheider, die die goldenen Schätze aus den Tresoren der Notenbanken kehren wollen, freilich rar geworden. Das war zur Jahrtausendwende noch ganz anders. Als Gordon Brown die Teilliquidierung des metallenen Staatsschatzes anordnete, war er unter Europas Finanzpolitikern keineswegs ein Außenseiter. Er war vielmehr ein besonders konsequenter und eifriger Verfechter einer starken Mehrheitsmeinung, die da lautete: Die Tage von Gold als Wertaufbewahrungsmittel sind gezählt. Bedeutung hat es allenfalls noch für die Schmuckindustrie, die Zahnmedizin und die Elektrotechnik.
    In den Neunzigerjahren, der Dekade von Hightech- und Aktienkult, galt Gold in den modernen Industriestaaten als Überbleibsel alter Zeiten. Es war das Währungsmetall des 19. Jahrhunderts, das Fossil eines alten, überkommenen Denkens. Wer sich am Bankschalter nach dem Preis für einen »Krügerrand« erkundigte, erntete häufig ein müdes Lächeln. Kreditinstitute lösten ihre Edelmetallhandelsabteilungen auf. Und für die meisten Notenbanker hatten die gelb schimmernden Barren in den unterirdischen Safes allenfalls noch symbolischen oder nostalgischen Wert.
Abschied vom Gold
    Im Jahr 1999 hatte Gold tatsächlich einen langen, schmerzlichen Abstieg hinter sich. Jüngere Generationen brachten das Edelmetall kaum noch mit Geldanlage in Verbindung. Eine formelle Goldbindung der Währungen gab es in Europa seit den Dreißigerjahren nicht mehr. Im Zahlungsverkehr war es sogar seit dem späten 19. Jahrhundert bedeutungslos. Die frischesten Erinnerungen speisten sich aus der letzten großen Edelmetall-Hausse: Doch selbst die lag zwei Jahrzehnte zurück. In den Siebziger- und frühen Achtzigerjahren hatte Gold noch einmal im Mittelpunkt gestanden. Nach der Entkopplung des Dollar vom Edelmetall 1971 konnte der Unzenpreis frei floaten. Vor dem Hintergrund der zwei Ölkrisen und rasant steigender Verbraucherpreise war Gold als Inflationsschutz gefragt. Bis zum Ende der Siebzigerjahre hatte sich der Unzenpreis auf 500 Dollar mehr als verzehnfacht. Doch dann, Anfang 1980, kam der dramatische Umschwung.
    Der sowjetische Einmarsch in Afghanistan und die islamische Revolution im Iran provozierten einen letzten Run der Investoren auf den »sicheren Hafen« Gold. Am 21. Januar 1980 explodierte der Preis auf 873 Dollar. Es war der Höhe- und Endpunkt der Edelmetall-Hausse. Als weder der Dritte Weltkrieg noch ein anderer internationaler Flächenbrand ausbrach, stürzte der Boom in sich zusammen. Ein ähnliches Niveau sollten die Notierungen 28 lange Jahre nicht wiedersehen. Dem zum Ende hysterischen Höhenflug der Siebzigerjahre folgte ein quälender Bärenmarkt, in dessen Zuge Gold als privates Anlagemedium und erst recht als Währungsmetall in der Bedeutungslosigkeit versank.
    Die Totengräber der goldenen Währung waren just jene, für die es jahrzehntelang der Anker des internationalen Finanzsystems gewesen war. In den Jahren und Jahrzehnten nach der Goldhysterie 1980 gehörten die Notenbanken kontinuierlich zu den größten Verkäufern auf dem Markt. Insgesamt stießen sie in der Zeit 6000 Tonnen des Edelmetalls

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