Weltkrieg der Waehrungen
Proteste gegen die westliche Intervention heraufbeschwor, konnte den am Boden liegenden Edelmetallmarkt nicht reanimieren. Gold ist nicht das Metall der Schlachten. Selbst die Anekdote, dass die Rothschilds den Grundstock ihres Vermögens während der Napoleonischen Kriege mit einer geschickt eingefädelten Spekulation auf knappes Edelmetall gelegt hätten, erweist sich bei näherer Prüfung als Legende. Vielmehr erlitten die Bankiers mit dem Gold um ein Haar einen gewaltigen Verlust, was sie allerdings durch ein glückliches Geschäft mit britischen Staatsanleihen auszugleichen verstanden.
Als der Unzenpreis in den Jahren nach der Jahrtausendwende gemächlich anzuziehen begann, wurde das AuÃergewöhnliche der Entwicklung zunächst nicht wahrgenommen, am wenigsten von den Investmentinstituten. Bis ins Jahr 2007 hinein blamierten sich Rohstoff-Analysten regelmäÃig damit, dass sie die Dynamik der Entwicklung Jahr für Jahr unterschätzten: Immer wieder wurden die Expertenprognosen am Jahresende von den tatsächlichen Edelmetall-Notierungen übertroffen. Rohstoff-Spekulanten würden versuchen, den Preis in die Höhe zu treiben, war ständig als Erklärung für das »irrationale Marktverhalten« zu hören und zu lesen. Doch jene vermeintlichen Spekulationen, die den Unzenpreis angeblich aufblähten und die eher früher als später zusammenbrechen mussten, erwiesen sich als Chimäre, kläglich ungeeignet, die anhaltende Gold-Hausse zu erklären. Sicher waren auf dem Goldmarkt auch Hedgefonds und andere Hasardeure am Werk â die treibenden Kräfte indes waren andere.
Die Rückkehr von Gold in die Finanzwelt zu Beginn des dritten Millenniums war das, was der amerikanische Denker Nassim Taleb als »Schwarzer Schwan« tituliert hat: ein epochaler Einschnitt, der zur damaligen Zeit unerwartet kam, aber im Rückblick vollkommen zwingend erscheint. Und in der Tat war die Renaissance des Goldes hochgradig vorhersehbar â im Nachhinein.
Krügerrand statt T-Aktie
Ein wichtiger Grund für die Renaissance des gelben Metalls war schlicht, dass zu dieser Zeit händeringend andere Anlageoptionen gesucht wurden, vor allem eine Alternative zu Aktien. Der im März 2000 einsetzende dreijährige Börsenabschwung entzauberte die Investmentklasse, die in den Achtziger- und Neunzigerjahren so groÃartig aufgetrumpft hatte. Stück für Stück zerbrach der Kult um die Aktie.
Für eine ganze Generation von Anlegern waren steigende Börsenkurse der Normalfall gewesen. Zwischen 1981 und 2000 hatten sich Anteilscheine groÃer deutscher Unternehmen wie Siemens oder BASF, wie sie im Deutschen Aktienindex Dax versammelt sind, häufig verzehnfacht. In anderen Industriestaaten liefen die Indizes ähnlich bombastisch. Jeder Rückschlag in dieser längsten Hausse aller Zeiten erwies sich als Kaufgelegenheit. Nach dem Crash von 1987 brauchte der amerikanische Aktienindex Dow Jones zwei Jahre, um seine Bestmarke von vor dem Krach einzustellen. Der Dax schaffte es bereits im Folgejahr. Banken und Fondsgesellschaften förderten diesen Hype nach Kräften, indem sie darlegten, langfristig sei die Aktie die mit Abstand ertragreichste Form der Geldanlage. Ende der Neunzigerjahre schien es zwei Kategorien von Anlegern zu geben: kluge mit Aktien und dumme ohne Aktien.
Die klugen investierten ihr Geld in Firmenbeteiligungen, meist Technologietitel, und machten ein Vermögen (das man je nach Gusto verjubelte oder fürs Alter zurücklegte), die dummen legten es aufs Sparbuch, was so viel hieà wie, dass sie sich mit Minizinsen abspeisen lieÃen, während sich der Banker ins Fäustchen lachte.
Dann kam der New-Economy-Crash. Die lange Baisse zerstörte die Illusion von den ewig steigenden Aktienmärkten und vom lustvoll verdienten Geld an der Börse. Dividendenpapiere verloren ihren Nimbus als Krone allen Investierens, und das lenkte den Blick unweigerlich auf andere Anlageformen. Ein Teil des aus Technologietiteln abgezogenen Kapitals floss, vor allem in den USA, GroÃbritannien, Irland und Spanien, in den Immobilienmarkt und lieà dort die nächste Blase schwellen. Ein anderer Teil jedoch verirrte sich ins Gold. Es waren zunächst nicht viele, die ihre AOL- oder Amazon-Aktien gegen Krügerrand- oder Maple-Leaf-Münzen tauschten. Aber je länger sich die Baisse in Dax und Dow Jones hinzog, desto gefragter
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