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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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das amerikanische, sei aber dafür weniger schockanfällig und mit Sicherheit nachhaltiger, so ist zu hören. Die Hausse des Euro, davon sind die allermeisten Beobachter im April 2008 überzeugt, spiegelt die Überlegenheit des Sozialmodells Europa gegenüber dem Cowboy-Kapitalismus amerikanischer Prägung wider.
    Um das atlantische Pendant des Euro, den Dollar, steht es schlecht. Seit dem Jahr 2000 hat die US-Devise aus europäischer Sicht um 50 Prozent abgewertet. Dass der Euro gegenüber dem Dollar stark aufholt, davon kündet auch die Zusammensetzung der internationalen Devisenbestände. Anfang 2008 entfallen mehr als 26 Prozent der Reserven auf Euro – so viel wie noch nie. Für manche Analysten naht die Zeit, da der Euro den Dollar als Reservewährung Nummer eins bedrängen oder gar verdrängen wird. Soweit die allgemeine Wahrnehmung.
    Doch wieder einmal erweist sich die Geschichte als Meisterin der Täuschung und Enttäuschung. Kein Jahr später hat sich das Bild komplett gewandelt. Der Getriebene ist nun der Euro, im März 2009 werden an den Devisenmärkten weniger als 1,30 Dollar für das europäische Geld gezahlt – obwohl die befürchtete große Rezession inzwischen über die USA hereingebrochen und die Fed den Leitzins beinahe auf null gedrückt hat. Auch die Furcht vor einem gesamtwirtschaftlichen Kollaps, vor einer Kernschmelze des Finanzsystems, vor einem »neuen 1931« hat sich nun von der Neuen in die Alte Welt verlagert. Wieder ein Jahr später, im Frühjahr 2010, werden erstmals seit Einführung der Gemeinschaftswährung ernsthaft Szenarien eines Auseinanderbrechens der Währungsunion oder des Ausschlusses einzelner Mitgliedsländer durchgespielt. Der Euro gilt nun als Problemfall, als unkalkulierbares Risiko für die Stabilität des internationalen Finanzsystems. Und die Szenarien, die Ökonomen für die Zukunft der Währungsunion malen, sind düster. In einer Publikation ist davon die Rede, dass Europa den »Weg Japans« in eine jahrelange Deflation einschlagen könnte. Wie konnte es innerhalb von zwei Jahren zu einem solchen Umschwung kommen, wie aus dem Segen der Gemeinschaftswährung der Fluch des Euro werden?
    Sicherlich sind Devisenspekulationen, die zu extremen Ausschlägen der Wechselkurse führen können, ein Teil der Antwort. Im April 2010, kurz vor dem Höhepunkt der Griechenland-Krise, haben Marktakteure die spekulative Verkaufsposition von fast acht Milliarden Dollar auf den Euro aufgebaut. Doch zwei Jahre vorher war es auf ähnliche Weise der Greenback gewesen, den die Spekulanten wie ein waidwundes Reh gehetzt hatten. Diese Bluthunde der Globalisierung stürzen sich nur auf jenes Wild, das bereits angeschossen ist. Angriffe auf starke und gesunde Währungen sind von vornherein chancenlos. Doch der Euro ist nicht gesund (ebenso wenig wie der Dollar). Er leidet an einer Erbkrankheit, die aus seiner Genese herrührt, er ist verwundbar. Um zu verstehen, warum das Europageld prinzipiell krisenanfällig ist und zuweilen sogar gegenüber einem angeschlagenen Dollar als Schwächling erscheint, tut ein Blick in die wechselhafte Historie der europäischen Währungssysteme und Machtsysteme not.
    So kurz die Geschichte des Euro, so lang und wechselhaft ist seine Vorgeschichte. Gegenwart und Zukunft des Euro sind von seiner Vergangenheit durchdrungen, vor allem vom deutsch-französischen Ringen um die Vorherrschaft auf dem Kontinent – ein Ringen, das sich gewissermaßen in den genetischen Code des Euro eingeschrieben hat. Der Euro ist, wie oft genug betont wird, ein Teil des großen europäischen Projekts. Als solches ist er aber auch eine politische Währung, eine Devise, der alle Stärken und Schwächen der Europäischen Union anhaften. Die Geschichte des Euro ist eine Geschichte zweier Währungen: der Deutschen Mark und des Französischen Franc.
Die starke Währung Europas
    Dass die Deutschen 2002 so sehr darunter leiden würden, ihre Mark zugunsten der neuen europäischen Einheitswährung aufzugeben, wäre den Europäern vor 100 oder auch 50 Jahren merkwürdig erschienen. Merkwürdig wäre ihnen auch vorgekommen, dass den Franzosen ihr Abschied vom Franc vergleichsweise wenig zu schaffen machte. Und am allermerkwürdigsten wäre ihnen die Vorstellung erschienen, dass die deutsche Valuta bei ihrem Aufgehen in einer

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