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Weltraumpartisanen 10: Aktenzeichen: Illegal

Weltraumpartisanen 10: Aktenzeichen: Illegal

Titel: Weltraumpartisanen 10: Aktenzeichen: Illegal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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Schläfen und wirbelte meine Gedanken auf. Kindheit, Jugend, der Bürgerkrieg, Ruth O’Hara, mein Vorstoß zum Uranus, die Ereignisse der letzten Tage; all das floß auf einmal zu einem einzigen Strom der Erinnerung zusammen. Der Sententor hatte seine Tätigkeit aufgenommen.
    Noch war ich in der Lage, ihm meinen Willen und meinen Widerstand entgegenzusetzen. Seit der unseligen Computer-Affäre des Jahres 76 war die Wahrheitsfindung mittels Drogen und elektronischem Gerät strengstens untersagt. Unter dieses Verbot - gemeinhin Menschenwürde-Paragraph genannt - fiel auch dieser Sententor. Was die Ärzte des Sicherheitsdienstes an mir vornahmen, war ein ernster Verstoß gegen das Gesetz.
    „Ich protestiere!“
    Einer der Ärzte wandte sich mir zu.
    „Wogegen, Commander? Doch nicht etwa dagegen, daß wir Ihnen ein paar Fragen stellen? Sie brauchen darauf ja nicht einmal zu antworten. Sie sollen lediglich denken! Captain Romen und Ko Ai -ist das nicht zum Beispiel eine hübsche Erinnerung?“
    Der Strom bedrängte meine Schläfen, und mein Wille schmolz mehr und mehr dahin. Ich dachte an meinen letzten großen Flug mit Captain Romen, und fast übergangslos fiel mir Ko Ai ein. John Harris’ Stimme knarrte: „… darf ich Sie bekanntmachen mit Miß Ko Ai, unserer charmanten Beraterin in Fragen der Astrophysik?“ Und ich sah mich selbst, wie ich mich über eine schmale, anmutige Hand beugte. Vor meinem geistigen Auge war ein Film abgefahren: bestehend aus Namen, Fakten und Daten. Die gespeicherte Erinnerung formierte sich zur Parade.
    Ein Monitor befand sich in meinem Blickfeld. Auf ihm zeigten sich verworrene optische Signale, und mein durchaus nicht vollends ausgelöschter Verstand ließ mich wissen, daß dies die elektronische Umsetzung meiner Gedanken war. Als die Signale an Schärfe gewannen, setzte sich ein endloses Papierband in Bewegung. Das, was ich dachte, geriet zum Protokoll.
    „Zu Ihrer Beruhigung, Commander“, sagte einer der Weißkittel, „uns interessiert nicht Ihr gesamtes Innenleben. Ihre Bettgeschichten können Sie getrost für sich behalten. Konzentrieren Sie Ihre Gedanken auf Captain Romen und Ko Ai - auf Captain Romen und Ko Ai!“
    Der Zynismus empörte mich. Ich verspürte den schier unwiderstehlichen Drang, diesem Menschen in das berufsmäßig-gleichgültige Gesicht zu schlagen - doch ich vermochte mich nicht zu rühren. Der Sententor hielt mich fest.
    „Nein!“
    „Doch, Commander. Sie haben gar keine andere Wahl. Ich sagte: Konzentrieren Sie sich auf Captain Romen und Ko Ai! Immerhin haben Sie den beiden zur Flucht verhelfen.“
    Sonderbarerweise blieb ich bei allem, was geschah, klar genug, um zu begreifen, in welcher Situation ich mich befand. Meine Gefühle waren durchaus normal: ich verabscheute meine Peiniger, und ich schämte mich meiner Ohnmacht und Schwäche. Alles in mir sträubte sich gegen diese Befragung. Durchaus nüchtern, nahezu sachlich registrierte ich, wie ich immer mehr und mehr von dem preisgab, was Captain Romen und Ko Ai zum Verhängnis gereichen mußte, aber zur gleichen Zeit war ich nicht Herr meiner selbst. Es gelang mir nicht, den einmal eingeleiteten Fluß meiner Gedanken und Erinnerungen zu unterbrechen.
    Der Zustand war durchaus gewollt. Experimente mit dem Sententor hatten gezeigt, daß ein bis zur Willenlosigkeit gebrochener Mensch seine Zuflucht suchte im Schlaf - und mit verworrenen Traumvisionen vermochte der Auswerter nichts anzufangen.
    Es waren demütigende, erbärmliche Stunden, die ich auf diesem Sententor zubrachte: Stunden der Selbstbezichtigung und Selbstverachtung. Die unerbittlichen Stromstöße gönnten mir kein Ausweichen und kein Abschweifen. Bei lebendigem Leib war ich Teil eines Apparates. Wenn es mir möglich gewesen wäre, diesen Albtraum zu beenden, indem ich mich tötete: ich glaube, ich hätte nicht gezögert, dies zu tun, allein schon, um mein Gewissen zum Schweigen zu bringen. Zum ersten Mal in meinem Leben tat ich, was ich seit jeher zutiefst verabscheute: ich übte Verrat.
    Mein innerer Widerstand half mir nicht. Stück für Stück fügten sich meine Erinnerungen zu einem Film der jüngsten Ereignisse zusammen: bis hin zu meinem nachdenklichen Blick, der der in die Wolken eintauchenden Libelle galt, und meinem kurzen Gespräch mit Walter Hildebrandt.
    Einer der Weißkittel tippte mich an.
    „Sie dachten soeben an diesen Vorfall auf dem Flugdeck, Commander, und dann an Las Lunas. Captain Romen und Ko Ai halten sich demnach

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