Weltraumpartisanen 13: Countdown für die Erde
für ihn war alles schon einmal dagewesen.
Eine halbe Stunde später legte das Dingi ab; ich atmete auf. Im Luk zur Kombüse erschien ein rothaariger Schopf.
„Essen, Sir?"
Alles an Bord war durch die Anwesenheit der Wolska durcheinandergewirbelt, vor allem die geheiligten Wach-, Ruhe- und Essenszeiten. Ich dachte an das Bordbuch, das seit dem Vortage auf die längst fälligen Eintragungen wartete, und schüttelte den Kopf.
„Jetzt nicht. Später."
„Aber essen ist wichtig, Sir."
„Später."
„Sie könnten tot umfallen, Sir."
Enrico Caruso übertrieb. Aber mit seiner Überredungskunst hatte er bereits bewirkt, worauf es ihm ankam: Ich begann zu spüren, wie entsetzlich hungrig ich war. Seit vierundzwanzig Stunden hatte ich außer Kaffee nichts zu mir genommen. Ich seufzte:
„Und wie lautet das Angebot, Sergeant?"
„Knusprige Paganinis, Sir."
Eben noch im Begriff, mich niederzulassen, schnellte ich nun wieder in die Höhe.
„Was zum Teufel ist denn das?"
Die Augen des Maestros funkelten halb entrüstet, halb mitleidig.
„Frikadellen, Sir - nach eigenem Rezept. Man benötigt dazu..."
Ich fiel ihm ins Wort: „Her damit!"
Das Männchen grinste; es hatte gewonnen, nun kostete es den Triumph aus.
„Aye, aye, Sir."
Ich setzte mich und schloß die Augen; zum Hunger gesellte sich die Müdigkeit. Die Fußwanderung steckte mir noch in den Knochen.
Im Lautsprecher schepperte erneut Lieutenant Merciers Stimme:
„FK an Commander. Der Rückruf von Colonel Karpinski, Sir. Ich stelle durch zur Brücke."
Ich war bereits auf den Beinen und stürzte los. Hinter mir her lamentierte der enttäuschte Maestro:
„Aber, Sir... Ihre Paganinis!"
Mein Hunger war schon wieder vergessen.
Colonel Karpinski sprach über Kurzwelle: ohne Bild. Offenbar war er soeben erst gelandet und benutzte den nächstbesten Apparat.
„Commander".
„Wir sind da auf etwas gestoßen, Colonel. Die Stella Polaris war tatsächlich hier."
„Ach!"
„Wir übermitteln Ihnen die Aufnahmen des Sengflecks noch im Laufe des Tages."
„Und was erwarten Sie in diesem Zusammenhang von mir, Commander?"
„Ferdinand Chauliac, Colonel! Ich brauche alles über ihn, was es an Unterlagen gibt: Lebenslauf, Zeugnisse, Fotos."
„Das ganze Zeug lagert längst im Archiv, Commander. Es wird eine Weile dauern, es da hervorzukommen."
„Wann kann ich es haben?"
„In einer knappen Stunde - falls ich es zur eiligen Regierungssache stempeln würde."
„Das würde eine Menge Staub aufwirbeln?"
„Das kann ich Ihnen sagen!"
„Und wenn man das in aller Stille erledigt?"
„Zwei Tage, drei... kommt darauf an, wie gefällig der Archivar ist."
„Aber ich bekomme es?"
„Sobald ich es in meiner Hand halte, Commander. Den Fall endlich abzuschließen - liegt in meinem eigenen Interesse."
„Danke, Colonel. Ende und Schluß."
Unmittelbar nach diesem Gespräch schrillten die Alarmglocken des raumüberwachenden Radars. Captain Romen, der Lieutenant Simopulos' Dienst mitversah, meldete einen Meteoritenschwarm mit Kurs auf den Helin.
Sicherheitshalber ließ ich die Medusa aufsteigen und hielt sie so lange auf Warteposition, bis die Gefahr vorübergezogen war.
Als ich nach der Landung die Messe wieder betrat, um einen Schluck Kaffee zu trinken, empfing mich Sergeant Caruso mit vorwurfsvoller Miene.
„Ihre Paganinis, Sir."
Ich hatte längst vergessen, wovon er sprach. Die doppelte Aufgabe -für die Sicherheit von Schiff und Expedition zu sorgen und gleichzeitig die Aufklärung der Stella-Polaris-Tragödie voranzutreiben - zehrte an meinen Kräften und blockierte alle anderen Interessen. Essen, Schlafen, Persönliches - all das mußte zurückstehen, all das war unwichtig. „Meine was?"
Sergeant Caruso schüttelte den Kopf. „Paganinis, Sir! Die Frikadellen. Sie sind inzwischen kalt geworden. Ich wärme Sie Ihnen auf."
„Ach ja... tun Sie das."
Ich setzte mich; die Augen fielen mir zu. Ich dachte an die Najade mit den Pionieren, die ich bald würde einweisen müssen, damit es auf diesem verdammten Ding nicht noch einmal einen Bruch gab.
Der Lautsprecher knackte. Lieutenant Mercier sagte:
„FK an Commander. Ich mustere gerade die Filme aus, die wir gestern geschossen haben. Da gibt's was, das Sie sich ansehen sollten, Sir. Soll ich's Ihnen in die Messe durchgeben, oder kommen Sie her?"
Ich stemmte mich hoch.
„Ich komme, Lieutenant."
In der Kombüse ertönte ein entsetzter Aufschrei: „Sir ... aber Ihre Paganinis!"
In der Funkerkabine
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