Weltraumpartisanen 13: Countdown für die Erde
ersten Umkreisung offenbar übersehen worden war; er deutete in die angegebene Richtung.
Ich schwenkte die Optik herum und preßte die Augen gegen das Okular.
Man mußte schon sehr genau hinsehen, um den feinen Unterschied in der Färbung des Gesteins zu erkennen. An der besagten Stelle war sie etwas kräftiger und dunkler als in der näheren und weiteren Umgebung: eine kreisförmige schwarzbraune Markierung.
„Was halten Sie davon, Sir?"
Es mochte eine Spur sein; vielleicht war es sogar jene, die ich suchte.
Mit Igor Rublew war eine Epoche der Raumfahrt zu Ende gegangen. Damals hatten die astralen Reisen Monate, manchmal sogar Jahre gedauert. Mein Navigator wußte das noch aus eigener Erfahrung: seine längste Reise mit einem dieser Windjammer hatte 784 Tage gewährt. Die Stella Polaris war ein Schiff mit konventionellem Antrieb gewesen; und solche kreisrunden Markierungen, die sogenannten Sengflecken, waren dafür charakteristisch.
„Und Sie selbst, Captain?"
Captain Romen antwortete ohne zu zögern: „Verschmorungen, Sir."
Ich schwieg und überlegte. Sollte dies, was ich mit eigenen Augen sah, wirklich ein Sengfleck sein, dann durfte man tausend zu eins wetten, daß er von der Stella Polaris herrührte. Aber wie paßte dieses Puzzlestück in das Gesamtbild?
Ich drückte die Taste.
„Brücke an Kartenhaus. Tragen Sie die Position dieses Fundes in die Karte ein. Wir werden bei Gelegenheit das Gestein chemisch analysieren."
„Schon geschehen, Sir. Im übrigen bin ich der gleichen Ansicht wie Sie."
Ich hatte mich zu diesem Fund bisher nicht geäußert. Lieutenant Stroganows Feststellung glich einer Überrumpelung. Ich fragte kühl:
„Welcher Ansicht, Lieutenant?" Iwan Stroganow machte, wie immer keine Umschweife. Sein mächtiger Baß grollte durch den Lautsprecher:
„Ein Sengfleck, Sir. Ich habe mir erlaubt, eine gesonderte Aufnahme davon zu machen. Sobald ich den genauen Radius bestimmt habe, kann ich Ihnen sagen, welcher Schiffstyp das gewesen ist."
„Danke, Lieutenant."
Den Schiffstyp glaubte ich bereits zu kennen: ein gedrungener, bulliger Astroklipper aus der legendären Herkules-Reihe - die dann abgelöst wurde von den weit schnelleren Schiffen des Alpha-Typs, mit denen gewissermaßen eine neue Zeitrechnung begann.
Die Medusa huschte über den Sengfleck hinweg, aber ich hatte sein Bild bereits zu den anderen Bildern gesellt, die neuerdings in meinem Gedächtnis gespeichert waren und mir keine Ruhe gaben.
Die Stella Polaris war auf diesem verdammten Ding, das noch immer ihr unauslöschliches Zeichen trug, gelandet und auch wieder gestartet: unter Zurücklassung eines vorsätzlich zerstörten Dingis und von vier Mann der fünfköpfigen Besatzung: Expeditionschef, Pilot, Navigator und Bordingenieur.
Warum?
Hatte der Geologe die Stella Polaris entführt? Wieso war er dann nirgendwo aufgetaucht?
Lauter Fragen, auf die es keine Antwort gab.
Die Nadel im Heuhaufen hatte ich gefunden; nun wußte ich nichts mit ihr anzufangen.
In der Tat: ich vergeudete kostbare, unwiederbringliche Zeit. Sobald die Pioniere eintrafen, mußten die Vorarbeiten bereits abgeschlossen sein. Rublew: das war Vergangenheit. Meine Pflicht gehörte der Gegenwart. Die Aufgabe, die mich hierher geführt hatte, war klipp und klar.
Ich gab Befehl zum Landen.
Auch diesmal wieder begann der G-Messer, als sich die Medusa dem verdammten Ding näherte, wie verrückt auszuschlagen, doch da Lieutenant Stroganow mittlerweile anhand der von Ludmilla Wolska ermittelten spezifischen Werte eine Landetabelle erstellt hatte, verlief die Landung ohne Zwischenfälle. Weich und behutsam setzte die Medusa auf dem Asteroiden auf. Der böse Zauber, der Lieutenant Xuma damals beinahe das Leben geraubt hätte, war jetzt gebannt.
Unmittelbar nach der Landung versammelten wir uns in der Messe. Vor uns lagen harte, arbeitsreiche Tage unter schwierigsten physikalischen Bedingungen; desto mehr kam es darauf an, Leib und Seele zusammenzuhalten. Enrico Caruso servierte eine warme Mahlzeit. Neben dem Durchgang zur Kombüse prangte die Liste mit dem in verschnörkelter Schrift aufgeführten Tagesmenü:
1. Vivaldinum (Schinken mit Melone)
2. Angereicherte Traviata (Hühnerbrühe mit Einlage)
3. Rumpsteak a la Wagner
4. Mozartatiello (Karamelpudding)
Wir nahmen Platz. Captain Romen klopfte gegen sein Glas. Caruso erschien. Captain Romen lächelte liebenswürdig.
„Ach, Maestro -"
Caruso wand sich.
„Sergeant, Sir!" berichtigte er.
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