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Weltraumpartisanen 15: Die lautlose Bombe

Weltraumpartisanen 15: Die lautlose Bombe

Titel: Weltraumpartisanen 15: Die lautlose Bombe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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einschließlich meiner  unmaßgeblichen Person dem Goodman-Bazillus und damit ihrem Schicksal. Eine zweite Aufforderung wird es nicht geben.
     
    Der Brief war mit Dr. Jonathan West unterschrieben, und an der Echtheit dieser Unterschrift gab es keinen Zweifel.
    Ich faltete den Brief und gab ihn Harris zurück. 
    »Schön«, sagte ich. »Nat lebt. Nat hat den Verstand verloren und hält sich für einen neuen Propheten. Nat erpreßt Sie. Ich hab's zur Kenntnis genommen. Wann machen Sie den Laden dicht?«
    Harris ließ sich nicht herausfordern. Er wußte, was er wollte. In diesem Fall war er sogar der Nachsicht fähig.
    »Damit wir uns recht verstehen, Brandis«, sagte er, »ich bin nicht hier, um über Ihren Halbbruder den Stab zu brechen. Er ist vom religiösen Wahnsinn befallen – und ich räume offen ein, daß ihn das gefährlich macht. Er ist kein Erpresser im üblichen Sinn, keiner von der billigen Sorte. Er verfügt über ein ausgeprägtes Sendungsbewußtsein und handelt mit einem hohen moralischen Anspruch. Dennoch ist er ein gefährlicher Verrückter. An dieser Entwicklung trifft ihn keine Schuld. Er ist nur ein zusätzliches, bedauernswertes Opfer des Goodman-Bazillus. Trotzdem muß er gefunden und zur Vernunft gebracht werden, bevor er seine Drohung wahr macht.«
    »Zur Vernunft oder zu Tode?«
    »Ich sagte: zur Vernunft. Man wird ihn unter ärztliche Obhut stellen. Aber zuvor muß er gefunden werden.«
    »Warum von Ihnen? Warum nicht von der Polizei? Die Polizei – dein Freund und Helfer! Übergeben Sie ihr den Fall, und Sie sind ihn los und haben wieder, worum es Ihnen offenbar geht: ein sauberes Gewissen.«
    Harris blickte mir in die Augen. Mochte er das nur tun. Ich machte ganz einfach die Augen zu. Die Ohren zu schließen war schon schwieriger. Harris verfügte über ein lautes, durchdringendes Organ. 
    »Warum von mir? Ganz einfach. Weil es sich um eine VEGA-interne Angelegenheit handelt, und so will ich sie auch behandelt wissen – ohne Polizei und Publicity. Falls etwas von dieser Sache durchsickert – und es würde durchsickern! –, schlägt Dr. West zu. Über die Folgen brauchen wir uns wohl nicht zu unterhalten.«
    Ich machte die Augen wieder auf. 
    »Und was erwarten Sie von mir?«
    »Einen Hinweis.«
    »Worauf?«
    »Auf Dr. Wests augenblicklichen Aufenthaltsort.«
    »Er ist mir unbekannt.«
    »Das glaube ich Ihnen sogar, Brandis. Aber Dr. West ist nun einmal Ihr Halbbruder. Sie kennen ihn, seine Gepflogenheiten, seine Freunde. Sie könnten, wenn Sie nur wollten, uns behilflich sein.«
    »Sicher, wenn ich wollte. Aber ich will nicht.«
    »Sie wollen«, sagte Harris und stand auf. »Überschlafen Sie's. Ich erwarte Sie dann morgen früh in meinem Büro. Ich werde Ihnen einen Wagen schicken.«
    Ich schrie ihm hinterher: »Da können Sie aber lange warten!«

3.
3.4.2079
    Ich betrat das Gebäude der VEGA mit steinerner Miene – in der Erwartung eines Spießrutenlaufens unter tausend neugierigen Blicken. Der lächerliche Anblick, den ich in meiner viel zu weit gewordenen Uniform bot, war mir bewußt. In den letzten Wochen hatte ich mehr als zehn Kilo abgenommen. Hohläugig, ausgemergelt und schwach, war ich nur noch das Gespenst meiner selbst. Und genauso war mein Befinden. Ich fühlte mich wie ausgespien. Aber niemand schenkte mir Beachtung. Die Uniform kennzeichnete meine Zugehörigkeit, und für das, was sich darunter verbarg, zeigte keiner Interesse.
    Harris empfing mich wie in alten Zeiten – als ich noch die Medusa kommandierte, sein bestes und schnellstes Schiff. Darüber, daß ich pünktlich zur Stelle war, verlor er kein Wort. Im Gegensatz zu mir mußte er nichts anderes erwartet haben. Er bot mir einen Platz im Sessel an und öffnete eine Vitrine. 
    »Was zu trinken, Commander?«
    Die Versuchung war groß. Ich brauchte nur ja zu sagen, ihm die Flasche aus der Hand zu nehmen – und seliges Vergessen würde sich über mich breiten. Die Welt würde erträglich werden – ohne eine Spur von Erinnerung an Ruth O'Hara, ohne den Ärger mit Nat. Zu meiner eigenen Überraschung lehnte ich ab. 
    »Danke, nein, Sir.«
    Harris klappte die Vitrine wieder zu und setzte sich. 
    »Wir haben eine Galgenfrist«, sagte er. »Sechs Wochen.«
    »Abzüglich dreier Tage«, berichtigte ich ihn. 
    »Abzüglich dreier Tage«, bestätigte er. Sein Blick ging über mich hinweg, zum Fenster hinaus, hinüber zum weißen Schaumkranz der Brandung jenseits der Pisten und Rampen, von dem Metropolis, diese

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