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Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Titel: Weltraumpartisanen 19: Astropolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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wozu ein Berechnungsfehler wohl ebenso führen konnte wie äußere Einwirkung, diese zum Beispiel in Form eines Meteoritenschlages.
    Ein Lautsprecher knackte, und auf dem FK-Schirm erschien das ebenholzschwarze Gesicht von Lieutenant Mobuto.
    »Sir, ich habe da ein Gespräch von VEGA-Metropolis.«
    »Danke, Lieutenant. Stellen Sie durch.«
    Nach kurzem Nachdenken hatte ich beschlossen, die gewohnte Anrede beizubehalten. Noch trug Lieutenant Mobuto die Uniform der VEGA – bis zu jenem Tag, an dem Astropolis seine Position in einer Umlaufbahn um die Sonne bezog. Dann erst wechselte er offiziell ins Zivilleben über: als ordentlich bestallter Professor. Knapp dreißigjährig machte er eine blendende Karriere. Ich verstand, daß er die Chance beim Schopf ergriff.
    Harris knarrende Stimme erklang.
    »Ich habe mir ausgerechnet, daß Sie gerade einen Augenblick Leerlauf haben müßten, Commander.«
    »Das ist richtig, Sir.«
    »Ich hoffe, es läuft alles wie geplant.«
    »Wie geschmiert, Sir.«
    »Sie werden eine Menge Zuschauer haben. Die ganze Welt sitzt vor den Bildschirmen.«
    Ich warf einen Blick auf das samtene Schwarz des bestirnten Himmels. Die Najade mit den Kameraleuten steckte irgendwo im toten Winkel.
    »Ich hoffe, die Leute kommen auf ihre Kosten.«
    Harris’ knarrende Stimme ließ auf einmal so etwas wie innere Bewegtheit ahnen.
    »Die Augen der Welt sind auf Sie gerichtet, Commander. Wenn ich ein paar Jährchen weniger auf dem Buckel hätte – ich würde mir diesen Job nicht nehmen lassen. Das wollte ich Ihnen noch sagen. Und nun – Mast- und Schotbruch, Commander!«
    »Danke, Sir.«
    Ich ließ die Taste los, stand auf und öffnete das Fenster, und milde, würzige Luft floß von außen herein – mit dem Geruch von gepflügter Erde.
    Die Augen der Welt, die auf mich gerichtet waren, reduzierten sich aus meiner Perspektive auf die rund zehntausend zu mir erhobenen Gesichter. Auf der Plaza Humanitas , am Fuße des Turms, hatte sich die ganze Einwohnerschaft von Astropolis versammelt.
    Es war ein feierlicher Augenblick.
    Ich griff zum Glas.
    Präsident Wilson hatte seine Ansprache bereits beendet, und nun räumte er das Podium für Pater Georgius, der den Turm und die Menge segnete.
    Der Choral, den die Menge anstimmte, war sogar noch in meiner schwindelnden Höhe zu hören.
    Eine Handvoll Männer und Frauen hielt sich abseits – um eine Gestalt geschart, die mit heftigen Handbewegungen auf sie einredete. Als die Gestalt sich einmal umwandte, durchzuckte mich das Erkennen. Der Redner war niemand anderes als Gilbert Graham.
    Elf Uhr.
    Zum Teufel mit Graham! Hauptsache, er ging mir auch in Zukunft aus dem Weg.
    Ich zog das Fenster zu und nahm meinen Platz ein. Das Bild der Anzeigen konnte nicht besser sein.
    Das rote Kontrollicht flammte auf, und der mechanische Countdown setzte ein.
    Pünktlich bei Null ging ein kaum wahrnehmbares Zittern durch den künstlichen Planeten, als sich die Triebwerke selbsttätig auf den vorprogrammierten Schub schalteten, der Astropolis beschleunigte und aus der Umlaufbahn um die Erde löste.
    Die Reise zu den Sternen hatte begonnen.
    Von der Plaza Humanitas herauf wehte das Hurra der vieltausendköpfigen Menge, für die in dieser Minute ein neues Leben anbrach.
    Eine Erinnerung wehte mich an.
    Die Erinnerung an die Mayflower.
    Auch damals – 1620 – war es ein Aufbruch gewesen in eine neue Zeit: Ein Aufbruch voller Hoffnung, aber auch voller Bangen.
    Ich behielt die Anzeigen im Auge. Alles normal.
    Das Hurra wiederholte sich und brachte die Cockpitscheiben zum Klirren.

4.
    Ein Monat war vergangen – ein Monat ohne nennenswerte Zwischenfälle und Ereignisse, aber auch ein Monat, der Lieutenant Wronski und mich in Atem hielt mit der Monotonie der unvermeidlichen Bordroutine.
    Lieutenant Mobuto bildete die Ausnahme. Der übliche Funkverkehr – mit VEGA-Metropolis, mitunter auch mit der Venus und den immer seltener auftauchenden Raumstationen – wurde zu festen Zeiten abgewickelt. Danach war Lieutenant Mobuto ein freier Mann, der sich mit der ihn kennzeichnenden Gewissenhaftigkeit um die Belange der Hochschule kümmerte, die noch unter organisatorischen Pannen litt, von denen die wohl bedeutsamste jene war, daß der Inhaber des Lehrstuhls für Kybernetik, ein gewisser Professor Marconi, offenbar den Start verpaßt hatte. Eine provisorische Lösung des Problems war vonnöten – und Lieutenant Mobuto sprang ein und beschäftigte sich fortan über sein engeres Fachgebiet hinaus

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